Blutschuld
gut ausgebildeten Muskeln seiner Oberschenkel. Es kostete Naomi ihre ganze Selbstbeherrschung, um nicht sofort zurück ins warme Bett zu kriechen und Phin erneut zu reiten, bis sie beide nicht mehr wüssten, wie viel Uhr es wäre.
Ihr Lächeln bekam etwas Aufgesetztes, als sie die Zähne zusammenbiss.
Phin rollte sich auf den Rücken, mit einer Hand zog er träge das Laken mit, sodass sein Schoß bedeckt blieb. Dennoch war Phins Blick immer noch schlaftrunken. Das Laken war Zufall, nicht Absicht. »Morgen«, erwiderte er. Ganz langsam erreichte das Lächeln um seine Lippen auch seine Augen. Es erreichte auch Teile von Naomi, von denen sie geglaubt hatte, sie wären zu erschöpft, um sich von dieser Art Lächeln wachküssen zu lassen.
Sie hatte sich geirrt.
Und Phin war so kurz nach dem Aufwachen verflucht viel aufgeweckter, als ihr lieb war. Ein Blick auf sie, auf die angezogene Naomi, und sein Lächeln war wie aus dem Gesicht gewischt. »Wohin so früh?«
»Frühstück besorgen«, ging Naomi die Lüge glatt über die Lippen. Sie versenkte zwei Finger in der Gesäßtasche und klemmte Phins Schlüsselkarte dazwischen. »Ich dachte, du schläfst bestimmt, bis ich wieder zurück bin.« In einer beredt zweideutigen Geste hob sie eine der schmalen, perfekt geschwungenen Augenbrauen. »Du weißt schon … mit etwas Klebrigem und Süßem.«
Seine Augen blitzten auf. »Und dann frühstücken wir zusammen?«
Ach, Scheiße, sie mochte den Kerl wirklich! Sie lachte, während sie mit aller Kraft dagegen ankämpfte, die Beine in die Hand zu nehmen und zu rennen, bis sie umfiele.
Oder besser noch: ihn zu bespringen.
Oder einfach irgendetwas zu tun. Nur nicht dumm in der Gegend herumzustehen und ihn anzulügen.
Aber da verschwand das Lächeln wieder. Seine Augen blitzten nicht mehr, dafür war der Blick, der Naomi traf, weich und warm, samten. »Naomi …«
»Hast du meine Sachen aufgeräumt?«, fragte sie. Viel zu schnell schoss die Frage heraus. Aber es war immer besser, Heftpflaster mit einem Ruck herunterzureißen, als es vorsichtig anzugehen. Besser als darauf zu warten, dass Phin fragte.
Phin setzte sich auf; eine Hand lag auf der beeindruckenden Morgenerektion, die das Laken nur sehr unvollkommen zu verbergen vermochte.
Herr im Himmel, sie konnte den Blick nicht von seiner nackten Brust abwenden. Am liebsten niemals mehr.
»Deine was?« Beim Gähnen hielt er sich die freie Hand vor den Mund. Es dauerte einen Moment, bis er sich einen Reim darauf gemacht hatte, in welche Richtung die Frage zielte. Er schüttelte den Kopf, ein bisschen so, als hoffte er, so den letzten Rest Schlaf loszuwerden, aber gab sofort zu: »Alles lag im Zimmer verstreut. Ich habe deine Sachen nur aufgeräumt, weil ich darauf gewartet habe, dass du …« Er zögerte. »Verbunden wirst«, beendete er den Satz schließlich lahm.
»Und es war …« Verflixt, gab es eine Möglichkeit, diese Frage ganz unverfänglich klingen zu lassen? »Es war genug Platz im Schrank, wirklich?«
Um Phins Mundwinkel zuckte es. »Reichlich. Du bist wahrscheinlich der erste weibliche Gast in der Geschichte des Zeitlos , der mit so leichtem Gepäck angereist ist.«
Erleichterung machte sich direkt neben der aufsteigenden Panik Platz.
Wo … war … die … Scheiß … Leiche?
Phin schwang die Beine über den Bettrand, ohne Naomi aus den Augen zu lassen. Ernst sah er sie an. »Naomi, wir müssen reden.«
Oh-ha. Scheiße.
Naomi gelang es tatsächlich, nicht zu reagieren, weder etwas zu sagen, noch etwas zu tun. Doch da lächelte Phin sie auch schon an, und jeder Widerstand ihrerseits schmolz dahin. Wie zum Henker machte der Kerl das?
»Was du gerade denkst, nein, warte, darum geht es gar nicht!« Phin lachte leise vor sich hin. »Hab-Acht-Stellung ist also nicht nötig, okay?«
Naomi gab einen unverbindlichen Laut von sich und stemmte die Hände in die Hüften. Jetzt kommt’s, dachte sie, jetzt zieht er die Ritter-auf-weißem-Pferd-Nummer ab. Falscher Zeitpunkt, zu beschäftigt für eine feste Beziehung, der ganz beknackte Mist.
Naomi widerstand dem Drang, auf ihre Uhr zu blicken.
Selbst als sich in ihrem Herzen ein Riss auftat, hinter dem schwarz Leere gähnte.
Phin blieb auf dem Bett sitzen. Er stützte die Ellenbogen auf die Knie, faltete die Hände, legte die Zeigefinger nachdenklich ans Kinn und sah Naomi unverwandt an. »Du bist Missionarin.« Es war keine Frage.
Der Boden unter ihren Füßen wankte.
Irgendwie gelang es
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