Blutzeichen: Deadly Sins 2 - Roman (German Edition)
über den Reliquien fest. Falls der Polizist sich nicht beruhigte und zuhörte, konnte Rafe ihn nicht losbinden, was wiederum bedeutete, dass Grant sich notfalls nicht verteidigen könnte, also in noch größerer Gefahr schwebte als ohnehin schon.
Er war nicht sicher, ob er das Richtige tat, und wünschte inständig, Anthony würde endlich anrufen. Die Zeit wurde viel zu knapp. Falls Anthony nicht wusste, was zu tun war, mussten sie improvisieren. Und das könnte sie alle das Leben kosten. Rafe versuchte, nicht über Moiras Lage nachzudenken, sonst drehte er noch durch. Wendys Lachen hatte hysterisch, vollkommen irrsinnig geklungen; seither rechnete Rafe jeden Moment mit dem Dämon.
Ob er dies hier ohne Moira schaffte, war ihm schleierhaft, und er betete, dass es ihr gut ging.
»Tut mir leid«, sagte Rafe, als er Grants Fesseln überprüfte.
»Sie haben einen Cop entführt. Da reißt Sie ein ›Tut mir leid‹ nicht raus!« Grant starrte wütend zu Jeff Johnston, der seitlich von ihm stand und sichtlich unglücklich mit der Entwicklung der Dinge war, aber auch keine Alternative wusste. Er hatte Grant mit dem Taser lahmgelegt. »Ich kassiere deine Marke, Johnston!«
»Auch mir tut es leid, Grant. Ich weiß nicht, was los ist, nur dass du überhaupt nicht du selbst bist.« Dann fragte er Rafe: »Ist er besessen oder so was?«
»Nein, er ist infiziert. Der Dämon Wollust hat ihn für sich markiert, und jetzt kommt er, um die Sache zu Ende zu bringen, ihm die Seele zu stehlen und sein Leben zu beenden.«
Grant ruckte an seinen Fesseln. »Ihr seid doch beide total bekloppt! Ich bring’ Sie um!«
»So gern ich Ihnen die Fesseln abnehmen würde«, erwiderte Rafe, »Sie würden sich in Gefahr bringen, wenn Sie die Geisterfalle verlassen.«
Jackson Moreno brachte den Kelch aus der Sakristei. »Ich finde nicht, dass wir ihn hier aufstellen sollten«, äußerte Rafe. »Nicht bevor Anthony angerufen und dazu geraten hat.«
»Ich behalte ihn bei mir.«
»Aber …« Rafe war unsicher. Moira wollte den Kelch unbedingt sicher wissen, bis der Dämon gefangen war. »Ich rufe Anthony an«, beschloss er. »Wir können nicht mehr warten.«
»Was ist das?«, fragte Grant. Er hatte offensichtlich große Schmerzen, die jedoch nicht von den Fesseln rührten. Seine Haare waren dunkel vor Schweiß, sein Gesicht gerötet, seine Augen blutunterlaufen. Er kämpfte gegen seine übernatürliche Lust, und Rafe vermutete, dass er den Kampf verlor, sowie der Dämon auftauchte. Deshalb durfte er Grant Nelson nicht befreien, denn dieser war nicht bei Sinnen.
»Ich sage die Wahrheit, Detective. Wendy Donovan ist eine Hexe«, erklärte Rafe ihm, während er schon Anthonys Nummer wählte. »Sie hat einen Sukkubus gerufen, einen Dämon, der Männern beim Sex die Seele stiehlt. Auf diese Weise erkauft Wendy sich Gefälligkeiten von den Dämonen, nur hat sie dieses Mal eine der sieben Todsünden heraufbeschworen, und die wird man nicht so leicht los.«
»Sie sind ja komplett durchgeknallt!«
Lassen Sie mich mit ihm reden!
Auf keinen Fall würde Rafe Julie übernehmen lassen. Moira wäre sowieso schon rasend wütend, dass er dem Hexengeist Zutritt zu seiner Psyche gewährt hatte. Rafe durfte auf keinen Fall die Kontrolle über den weiteren Ablauf verlieren.
Anthony meldete sich beim dritten Klingeln. »Rafe.«
»Ich brauche dringend Antworten, Anthony! Wir haben den Cop, der Dämon ist unterwegs, und die Donovans haben Moira irgendwohin verschleppt.«
»Was? Wer hat Moira?«
»Wendy und Nicole Donovan wollen sie an Fiona ausliefern.«
»Das darfst du nicht zulassen!«
Rafe stutzte. Seit zwei Wochen mäkelte Anthony an Moira herum, zweifelte alles an, was sie sagte, und stritt sich mit ihr. Das war auch zwischen Rafe und Anthony zu einem Riesenproblem geworden, und jetzt auf einmal sorgte er sich um ihr Wohlergehen? Nein, er sorgte sich nicht bloß, sondern klang geradezu panisch. »Ich habe nicht vor, sie ihnen zu überlassen, aber hier geht gleich die Sonne unter und uns die Zeit aus.«
»Wo ist der Kelch?«
»Wir haben ihn hier.«
»Ihr müsst den Dämon in dem Kelch fangen und ihn einschmelzen. Und es muss schnell geschehen.«
»Aber wie stellen wir das an?«
»Da bin ich mir nicht sicher.«
»Das ist uns keine Hilfe, Anthony!«
»Was erwartest du? Ich bin siebentausend Meilen entfernt, und ich lese seit zwanzig Stunden in handgeschriebenen Notizen, die in vier verschiedenen Sprachen verfasst wurden. In einem Buch, das mir
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