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Bollinger und die Barbaren

Titel: Bollinger und die Barbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
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Leuten selbst an. Im Foyer.«
    »Foyer?«, fragte ich. »Sie wollen also wirklich ein Theater bauen?«
    »Ganz recht, mein Freund. Wir werden auf dem Wackesberg ein Theater errichten. Ein Musicaltheater für das ganz große Publikum.
     Schauren wird Zuschauermassen aus ganz Europa anlocken. Es wird zur Hauptstadt der Kultur werden ...«
    »Das freut mich ungemein«, entfuhr es mir. »Wenn etwas hier zu kurz kommt, dann ist es die Kultur. Und, wenn ich Sie das fragen
     darf, welche Musicals werden Sie hierherholen?« Schwierz und Ellinor schauten sich amüsiert an.
    »Wir verlassen uns ungern auf andere«, antwortete Ellinor. »Wir sind der Überzeugung, dass alles aus einer Hand kommen muss.
     Die Logistik und die Kunst. Wir haben Andrew Lloyd Webber einen Kompositionsauftrag erteilt.«
    |69| Mir blieb die Luft weg. »Sie wollen ... Sie wollen extra für Schauren ein neues Musical produzieren?«
    Cyril Schwierz klopfte mir auf die Schulter. »Schön, mit jemandem zu tun zu haben, der noch zu echtem Enthusiasmus fähig ist.
     Ja, wir werden hier ein funkelnagelneues Musical präsentieren. Think big !«
    »Und das Libretto?«, fragte ich.
    »Schreibe ich selbst«, antwortete Schwierz. »Vielleicht zusammen mit Süskind. Mal sehen.«
    Ellinor nickte bedeutungsvoll. »Cyril ist ein begnadeter Autor. Er hat auch am ›Glöckner von Notre Dame‹ mitgeschrieben und
     an der Berliner ...«
    Das Handy von Schwierz läutete. Er ging ein paar Schritte, um das Gespräch entgegenzunehmen. Wir standen derweil verlegen
     da und lächelten uns an. Als Schwierz fertig war, sagte er zu Ellinor Piepenbrock: »Wir müssen los. Die Lemper wartet in Paris
     auf uns. Wir müssen Ute noch den Vertrag vorlegen, bevor sie nach London weiterfliegt.«
    Er eilte zu seinem Wagen. Ein Chauffeur sprang heraus und riss den Schlag auf.
    Doch Ellinor ließ sich Zeit. Irgendetwas zog ihre Aufmerksamkeit auf sich.
    »Cyril!«
    Schwierz stockte und wandte sich um. »Was ist denn noch?«
    »Schau dir das doch mal an! Unsere Anna Leschinski. Wie aus dem Gesicht geschnitten, oder?!«
    Ellinor Piepenbrock hatte die junge Polin entdeckt, die neben Straßer am Polizeiauto lehnte. Cyril Schwierz schlug die Autotür
     wieder zu und trat mit seiner Mitarbeiterin näher.
    Die beiden musterten das Geschöpf im grünen Kleid eingehend. Sie schienen völlig gefangen zu sein von dem Anblick und hatten
     den Wackesberg, die Delegation aus Schauren und den wartenden Chauffeur vergessen.
    Ich beobachtete das Paar genau – und bemerkte etwas Erstaunliches: In den Augen der beiden spiegelte sich die Schönheit |70| der Polin wider. Schwierz und Ellinor waren Künstler. Sie hatten unter dem zerschlissenen Kleidchen und dem heruntergekommenen
     Äußeren das entdeckt, was man in Schauren übersehen hatte: Dass es sich bei der Fremden um ein außergewöhnliches Geschöpf
     handelte.
    Doch ebenso schlagartig wie Schwierz und Ellinor der Polin verfallen waren, lösten sie sich auch wieder von ihr. Ellinor ging
     auf die verschreckte Frau zu, strich ihr mit einer federleichten Bewegung übers Haar und drückte ihr wortlos ein Kärtchen
     in die Hand. Dann folgte sie Schwierz zum Wagen, die beiden warfen den verdutzten Schaurenern noch schnell Kusshändchen zu
     – und waren weg.
    Die Polin starrte auf das Kärtchen in ihrer Hand. Ich warf einen Blick über ihre Schulter. Es war eine Visitenkarte: Ellinor Piepenbrock . Schwierz Entertainment. Künstlerische Leiterin .
    »Toll!«, sagte ich. »Ein Musical für Schauren.«
    »Das wird viel Ärger geben«, sagte Louis bitter.
    »Alter Griesgram!«, fuhr der Bürgermeister ihn an. »Morgen kommen die Leute von der Baufirma, die stellen einen richtigen
     Zaun auf und die Container für die Bauleitung. Ihr sorgt mir dafür, dass niemand dem Wackesberg zu nahe kommt, der dazu nicht
     befugt ist! Unsere Zukunft hängt davon ab.«
    Mit diesen Worten stieg der Bürgermeister mit Lotte in seinen Wagen und fuhr davon.
    Die Polin zupfte an meinem Ärmel. Nun war ihr in dem dünnen Kleid doch kalt. Sie zitterte.
    »Am besten ist, wir bringen Sie erst mal zu uns aufs Revier«, erklärte ich aufgeräumt. »Dann sehen wir weiter.«
    »Das gibt mächtigen Ärger«, brummte Straßer erneut.
    Als das fremde Wesen in dem zerschlissenen Kleid mich anschaute, gleichzeitig hilflos und verführerisch – da glaubte ich Louis.
     
    |71| I ch brachte die Polin in mein Dienstzimmer und machte ihr einen Kaffee. Unserem Gast war immer noch kalt, sie

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