Brenda Joyce
würden?«
Offenbar konnte Bragg kaum erwarten, dass sie sich verabschiedete.
Doch Francesca zögerte.
»Werden Sie
den Burtons davon erzählen?«, fragte sie.
Er blickte
sie lange an. »Ich möchte Ihnen etwas verraten«, sagte er. »Etwas, das ich in
achtundzwanzig Jahren gelernt habe.«
Francesca
nickte.
»Es ist leicht, Worte auszusprechen. Aber wenn sie erst einmal
gesagt sind, lassen sie sich nicht mehr andern, und man kann sie niemals
zurücknehmen.«
Sie
starrte ihm in die Augen. »Ich verstehe«, antwortete sie.
»Auf
Wiedersehen«, sagte Bragg. Kurz darauf war er bereits aus der Tür und schrie:
»Murphy! Hicky! Newman!«
Dass
Francesca ging, schien er gar nicht zu bemerken.
Das Haus der
Montroses befand sich in der Madison Avenue Nummer 698. Der Boden des großen
Salons war fast vollständig von einem riesigen Orientteppich in Grün-Blau- und
Goldtönen bedeckt. Zahlreiche Sitzmöglichkeiten waren im Raum verteilt, wobei
die vorherrschende Farbe der Möbel verschiedene Gold- und Grüntöne waren. Bei
der Einrichtung hatte man nur edelste Stoffe wie Damast, Seide, Samt und Brokat
verwendet. Die Wände des Salons waren unten ringsum mit Holz vertäfelt, die
obere Hälfte schmückte ein fantastisches Wandgemälde, auf dem verschiedene
Szenen aus der griechischen und der römischen Mythologie dargestellt waren.
Zwei riesige Kronleuchter hingen von der Decke herab, die aus rosa- und
goldfarbenen Quadraten bestand.
Francesca, die soeben mit ihren Eltern
eingetroffen war, verharrte auf der Türschwelle und warf einen Blick auf die
Gästeschar, die sich bereits im Salon versammelt hatte. Sie entdeckte sofort
die kleine, schlanke Gestalt von Parkhurst, dem sie schon bei verschiedenen
anderen gesellschaftlichen Anlässen begegnet war. Er war in eine Unterhaltung
mit Montrose und zwei anderen vornehmen Herren vertieft.
Francesca wusste, dass es viele Themen gab,
die Parkhurst leidenschaftlich bewegten, und sie fragte sich, welchem die
Herren sich wohl gerade widmeten. Verstohlen musterte sie Montrose, der in
seinem schwarzen Smoking einfach umwerfend aussah. Sie erinnerte sich an ihre
kurze Unterhaltung auf der Treppe und an die Ritterlichkeit, die er an den Tag
gelegt hatte. Bestimmt würde er niemandem – nicht einmal Connie – auch nur ein
einziges Wort über diese Unterhaltung verraten. Oder etwa doch?
In diesem Moment wandte sich Montrose um und
schaute Francesca direkt in die Augen. Es war, als hätte er ihren Blick
gespürt. Francesca blickte schnell zur Seite – aber nicht schnell genug, denn
er hatte sie dabei erwischt, wie sie ihn beobachtete. Warum in aller
Welt benahm sie sich, als hätte sie sich etwas zuschulden kommen lassen? Was
war nur in sie gefahren?
Montrose sagte etwas zu Parkhurst und kam
dann zu ihr herüber.
»Hallo, Francesca. Ich freue mich, dass du unserer Einladung
gefolgt bist«, begrüßte er sie, während sein Blick sie zu durchbohren schien.
»Mama hat darauf bestanden«, erwiderte Francesca leise und wich
seinen strahlend blauen Augen aus. Sie bedauerte umgehend die Wahl ihrer Worte,
während sie sich zugleich fragte, ob sie ihm die Wahrheit sagen sollte.
Ihr Schwager lächelte. »Ja, das kann ich mir vorstellen. Ich nehme
an, du würdest es vorziehen, den Abend in der Bibliothek zu verbringen.«
Francesca schaute ihn überrascht an. Einen
Moment lang befürchtete sie, er wisse, warum sie sich so oft in der Bibliothek
aufhielt. Aber sie hatte ihre Schwester schwören lassen, dass sie ihr Geheimnis
niemandem verraten würde.
»Ich bin nun einmal ein unverbesserlicher Blaustrumpf«, brachte
sie heraus.
»Manchmal frage ich mich, wie zwei Schwestern nur so verschieden
sein können«, erwiderte Montrose lächelnd. »Es versetzt mich immer wieder in
Erstaunen.«
Francesca
fühlte sich von Minute zu Minute unbehaglicher. »Connie ist einfach perfekt«,
sagte sie. Sie hielt ihre Schwester für die perfekte Ehefrau, die perfekte
Mutter und die perfekte Gastgeberin. Francesca zuckte mit den Schultern. »Ich
dagegen habe viele Fehler«, fügte sie hinzu.
Montrose lachte. »Ihr seid beide einzigartig,
doch sosehr ich meine Frau auch verehre, muss ich doch sagen, dass sie alles
andere als perfekt ist.«
»Worüber amüsiert ihr euch?«,
fragte Connie, die in diesem Augenblick lächelnd auf sie zutrat. »Es freut mich
sehr, dass du gekommen bist, Fran«, sagte sie.
»Wir haben
uns gerade darüber unterhalten, wie unvollkommen du bist«, sagte Montrose
liebevoll zu seiner
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