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Brunetti 17 - Das Mädchen seiner Träume

Brunetti 17 - Das Mädchen seiner Träume

Titel: Brunetti 17 - Das Mädchen seiner Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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schon, ja. Ruffo hat sich im Krankenhaus an irgendwas infiziert, und soviel ich gehört habe, bestand keine Hoffnung, das Auge noch zu retten. Im Gegenteil, die Infektion hat offenbar auch aufs andere Auge übergegriffen.«
    »Heißt das, er wird blind?«, hakte Brunetti nach. »Gut möglich. Blind und gewalttätig.«
    »Merkwürdige Verbindung.«
    »Hat doch bei Samson auch funktioniert«, gab Vianello unerwartet bibelfest zurück und fuhr dann fort: »Wie ich diesen Ruffo einschätze, würde der sich auch noch schlagen, wenn er blind, stumm und taub wäre.« »Du meinst also, er hat angefangen?«
    Vianello zuckte vielsagend die Achseln. »Wenn nicht er, dann der andere. Kommt am Ende aufs selbe raus.« »Also noch ein Schlägertyp?«
    »So hört man's, nur dass er sich normalerweise an Frau und Kindern abreagiert.«
    Brunetti überlegte kurz. »Klingt ja, als sei das alles allgemein bekannt.«
    »Auf der Giudecca schon, ja.« »Und da schreitet niemand ein?«
    Wieder dieses Schulterzucken. »Die Leute dort mischen sich nicht ein. Und was uns angeht, so halten sie uns sowieso für machtlos, womit sie vermutlich recht haben.« Vianello schlug die Beine übereinander und lehnte sich zurück. »Wenn ich jemals die Hand gegen Nadia erhöbe, würde sie mich binnen zwei Sekunden mit dem Küchenmesser an die Wand nageln.« Nach einer kleinen Denkpause setzte er hinzu: »Vielleicht sollten ja mehr Frauen so reagieren.«
    Brunetti, der für eine solche Diskussion gerade gar nicht aufgelegt war, fragte stattdessen: »Wem mag wohl das Messer gehört haben - was meinst du?« »Ich tippe auf Ruffo. Jedenfalls hat der, soviel ich gehört habe, immer ein Messer bei sich.« »Und der andere, dieser Bormio?« Brunetti erinnerte sich, den Namen im Protokoll gelesen zu haben.
    »Mit dem verhält sich's genauso, wie die Leute sagen.« »Nämlich?«
    »Er ist ein Unruhestifter und ein Haustyrann, wie ich schon sagte, aber er würde sich angeblich niemals mit jemandem anlegen, der stärker ist als er.« Vianello verschränkte die Arme über der Brust. »Darum setze ich auf Ruffo.«
    »Warum es wohl ausgerechnet immer dort zu solchen Raufereien kommt?«, sinnierte Brunetti, ohne die Giudecca eigens beim Namen zu nennen.
    Vianello hob die Hände, als fühle er sich überfragt, und ließ sie dann wieder in den Schoß sinken. »Keine Ahnung! Vielleicht, weil's größtenteils ein Arbeiterviertel ist? Leute, die tagein, tagaus hart anpacken müssen, haben vielleicht weniger Hemmungen, ihre Konflikte tätlich auszutragen. Oder es ist Macht der Gewohnheit, dass sie ihre Streitigkeiten so regeln: Man schlägt zu oder zückt ein Messer.«
    Da Brunetti dem kaum etwas hinzuzufügen hatte, wechselte er das Thema. »Bist du übrigens wegen der neuen Richtlinien raufgekommen?«
    Vianello nickte, ohne die Augen zu verdrehen. »Ja. Ich war neugierig, was du dahinter vermutest.«
    »Du meinst, außer dass ein bequemer Posten für Scarpa dabei rausspringen dürfte?« Brunetti war selbst erstaunt über den Zynismus, der in seiner Gegenfrage mitschwang. Aber es stimmte schon: Falls Patta die Absicht hatte, von dem derzeitigen Wirbel um die Mafia zu profitieren, dann würde er garantiert dafür sorgen, dass auch sein Adlatus und Landsmann, Tenente Scarpa, tüchtig absahnte.
    »Einen Sizilianer in eine Spezialeinheit gegen die Mafia zu berufen, das hat schon fast was Poetisches, findest du nicht?«, fragte Vianello scheinheilig.
    Im Bewusstsein seiner Stellung hielt Brunetti sich zurück. »Dass Scarpa wie ein Sizilianer denkt, können wir nicht mit Sicherheit behaupten«, antwortete er. Obwohl er sich ganz sicher war.
    »Nein«, bestätigte Vianello, nur um genüsslich seinen Kommentar nachzuschieben: »Bei dem können wir uns überhaupt nie sicher sein.« Dann erkundigte er sich in ernsterem Ton: »Was hältst du übrigens von diesem Tamtam in den Zeitungen?«
    »Paola hat sich schon über unseren ›Triumph‹ amüsiert«, entgegnete Brunetti.
    »Es ist wirklich zum Heulen, nicht? Dreiundvierzig Jahre hat's gedauert, diesen Kerl zu fassen. Dabei steht heute im Gazzettino, dass er sich in Frankreich hat operieren lassen und sogar die Klinikrechnung an seine Krankenversicherung in Palermo schickte.«
    »Und die hat sie erstattet, hab ich recht?«, fragte Brunetti. »Was glaubst du, hat er in diesen dreiundvierzig Jahren gemacht?«
    »Nun ja«, antwortete Brunetti gepresst, fast so, als würde ihm gleich die Stimme versagen, »als Kopf der sizilianischen Mafia

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