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Bußestunde

Bußestunde

Titel: Bußestunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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hineinschickte, gerade weil sie nicht zu den acht gehört?«
    »Was denkst du genau?«, fragte Kerstin.
    »Hätte sie sich Tova nicht aufgehoben, wenn sie es wirklich ernst mit ihr gemeint hätte? Sie hätte es unterlassen können, sie zu uns hineinzuschicken. Tova war eigentlich nie mit in der Planung.«
    »Dies mit der Planung hört sich überhaupt reichlich komisch an«, sagte Gunnar. »Es sind ja die Frauen , die via Homepage Kontakt zu ihr aufnehmen, nicht umgekehrt. Also kann doch nichts Besonderes mit ausgerechnet diesen Individuen sein. Sie repräsentieren nur etwas, dem Tiina Spinroth schaden will. Anorektikerinnen, kleine Mädchen. Warum zieht sie die Grenze genau bei acht, wenn sie rein zufällig ausgewählt sind? Etwas stimmt hier nicht.«
    »Die acht Finger bedeuten vielleicht etwas anderes«, sagte Arto.
    »Wie zum Beispiel?«
    »Irgendetwas, eine Adresse, ein geheimes Zeichen an Eingeweihte, eine coole Geste, der reine Wahnsinn.«
    »Wir müssen auch dies hier abbrechen«, sagte Kerstin Holm. »Bis auf Weiteres. Die Techniker sollen ein möglichst gutes Phantombild von ihr anfertigen, und dann lassen wir eine landesweite Fahndung rausgehen. Wir müssen jetzt noch über die Homepage und die Domain und so weiter sprechen. Jon?«
    »Es gibt eine IP-Adresse, von der aus die Website ins Netz gestellt wurde«, sagte Jon. »Ich bin dabei, sie zu untersuchen. Das ist in den heutigen Netzwerk- und Breitbandzeiten ein verhältnismäßig komplizierter Prozess. Das Webformular auf der Homepage geht an eine anonyme Hotmail-Adresse, die von einem Rechner mit derselben IP-Nummer eingerichtet wurde.«
    »Wie weit bist du mit der Identifizierung?«
    »Ziemlich dicht dran. Ich will euch nicht mit Einzelheiten langweilen, sondern melde mich dann bei euch, wenn ich mehr weiß. Dies mit den IP-Nummern ist ein Dschungel – gelinde gesagt. Wir – oder eher ich, denn um ehrlich zu sein, beschäftigt Jorge sich hauptsächlich mit Autonummern und Geldautomaten – haben auch angefangen, bei den Opfern nach Computern zu suchen. Von wo aus gingen sie ins Netz und fanden www.thinspiration.se? In den meisten Fällen ist es glasklar – Lisa Jakobsson hat ihren Laptop in der Gästrikegatan benutzt, Louise Strömberg ihren alten stationären PC in Verveln in Östergötland, Åsa Karlsson ging von einem noch älteren Computer zu Hause ins Netz, oder wie man ihre Adresse in Hjorthagen bezeichnen soll. Bei Armanda Carneiro ist es hingegen etwas komplizierter. Sie hat das E-Mail-Formular von einem öffentlichen Computer in der Königlichen Bibliothek in Stockholm abgeschickt. Was bedeuten kann, dass sie nur vorübergehend, auf Besuch, hier war, ohne Computer und feste Adresse, oder dass sie über ordentliche Computerkenntnisse verfügte und keine Spuren hinterlassen wollte.«
    »Oder ganz einfach Instruktionen des Syndikats befolgt hat, immer öffentliche Computer zu benutzen«, sagte Jorge.
    »Meinetwegen«, sagte Jon. »Aber dann stand sie also in der Königlichen Bibliothek und surfte, bis sie auf www.thinspiration.se stieß? Das kommt mir komisch vor.«
    »Und die Handynummern«, sagte Kerstin Holm. »Arto?«
    »Die Handynummern sämtlicher Opfer sind identifiziert, und ich habe Listen mit den sonstigen Gesprächen, die von den Handys geführt wurden. Ich bin gerade dabei zu überprüfen, wessen Nummern das sind, also wer in der fraglichen Zeit, also der Zeit ihres Verschwindens, die Opfer angerufen hat oder von ihnen angerufen worden ist.«
    »Ausgezeichnet«, sagte Kerstin und hatte genug von allem. »Raus mit euch in die Wirklichkeit.«

19
    Samstag, 27. Mai
    Samstag. Seltsam, nie zwischen Werktag und Feiertag unterschieden zu haben. Für die meisten Menschen hat »Samstag« einen besonderen Klang. Für mich nicht. Für mich sind die Wochentage nur Namen, ein Strom von Bezeichnungen, die sich nicht im Geringsten voneinander unterscheiden.
    Es klingt, als beklagte ich mich. Das ist nicht der Fall. Mein Leben hat sich in etwa so gestaltet, wie ich es erhofft hatte. Was ich erlebt habe, haben nicht viele erlebt.
    Heute habe ich mich entschieden. Jetzt nehme ich ihn mir vor.
    Jetzt wird es ernst.
    Der Augenblick, als ich zum ersten Mal Hass verspürte, kam so unerwartet. Es hätte in Jugoslawien passieren sollen, in Ruanda, im Sudan, es hätte in Afghanistan sein sollen. Aber es geschah nicht einmal im Irak. Es war in Stockholm.
    Ich verbrachte die Nacht damit, die Rosinen aus den Kuchen meiner mehr oder weniger vergessenen

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