Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel
mir her. Fast zu spät fiel mir Troys Rat wieder ein, wie ich mich an einem durchgehenden Pferd festhalten sollte. Ich ließ mich nach vorne fallen und klammerte mich an die dicke, braune Mähne der Stute. Über Hohlwege und Rinnen raste mein zügelloses Pferd und sprang über tote Bäume, die der Sturm gefällt hatte. Ich preßte meine Augen fest zusammen und fing an, immer wieder ihren Namen zu rufen, ein Versuch, sie zu beruhigen.
Das nächste, was ich wußte, war, daß die Stute strauchelte. Direkt von ihrem Rücken landete ich in einer seichten Rinne, halb mit schleimigem, grünem Regenwasser gefüllt. Sie kletterte wieder auf die Füße, wieherte, schüttelte sich und warf mir einem abschätzenden Blick zu. Dann galoppierte meine Stute nach Hause und ließ mich verblüfft, durchgeschüttelt und verletzt zurück. Mein zweiter Stiefel war mir ebenfalls verloren gegangen. Ich fühlte mich wie ein kompletter Narr, wie ich so auf dem Rücken mitten im Brackwasser lag und durch das Blätterdach hinauf direkt in die helle Sonne starrte, die mir ins Gesicht schien.
Gottes Strafe, dachte ich sauer, für allzu kühne Pläne! Ich hätte es besser wissen müssen, als vor dem erstbesten Mann, der mein Blut beschleunigte und heiß werden ließ, auf die Knie zu fallen, noch dazu nach Cal und der Abfuhr von Logan! Kein Casteel hatte je einen Preis gewonnen! Wie konnte ich annehmen, ich sei etwas Besseres!
Noch andere dumme Gedanken schossen mir durch den Kopf, bis ich genug Verstand besaß, mich aufzusetzen und das Dreckwasser aus meinen Haaren zu schütteln. Dann säuberte ich mein Gesicht mit dem Hemdsärmel vom Schlamm. Wilde Honigbienen fühlten sich angezogen, vielleicht von meinem Parfüm oder vom leuchtenden Gelb meiner einstmals hübschen Bluse.
»Heaven, wo bist du?« hörte ich Troy aus einiger Entfernung rufen. Du kommst zu spät, Troy Tatterton! Jetzt will ich dich nicht mehr! Trotzdem begann ich zu zittern, so sehr strengte es mich an, nicht zu antworten. Ich wollte nicht, daß er mich fand, nicht jetzt. Irgendwie würde ich schon zu diesem riesigen, einsamen Haus zurückfinden, und nie mehr wieder würde ich Tony nicht Gehorsam leisten, um mich zu Troys Hütte hinüberzustehlen. Also blieb ich im Wasser sitzen, verhielt mich ruhig und schlug nach den Insekten, die mich idiotischerweise attraktiv fanden. Eine endlose Zeit verging, bis er aufhörte, zu rufen und durch die Wälder zu streifen. Wind kam auf und fing an, in den Blättern zu rascheln. Dunkle, massige Wolken ballten sich zusammen, wie sie’s anscheinend immer taten, wenn ich kurz davor war, etwas wirklich Wertvolles zu finden. Mein verdammtes Glück!
Ach verflixt noch mal, ich tat mir selbst so leid, daß ich nicht einmal bevor es leicht zu regnen anfing, mein Schluchzen unterdrücken konnte. Da ertönte plötzlich ein leises Geräusch hinter mir, gefolgt von einer amüsierten Stimme. »Ich wollte schon immer mal eine Jungfrau in Not retten.«
Mein Kopf wirbelte herum, und ich sah Troy ungefähr drei Meter von mir weg sitzen. Wie lange er mir schon zugeschaut hatte, konnte ich nicht ahnen. An einigen Stellen war seine Reitkleidung aufgerissen, und ein langer Dorn hatte einen Ärmel von der Schulternaht bis zum Ellenbogen aufgeschlitzt. »Weshalb bleibst du denn hier sitzen? Bist du verletzt?«
»Hau ab!« rief ich schrill und drehte den Kopf weg, damit er mein schlammverschmiertes Gesicht nicht sehen konnte. »Nein, ich bin nicht verletzt! Ich muß nicht gerettet werden! Ich brauche dich nicht, ich brauche niemanden!«
Ohne Antwort trat er mitten in die nasse Rinne und versuchte, meine Beine nach Knochenbrüchen abzutasten. Ich versuchte, ihn zu verjagen, aber nach drei Versuchen schaffte er es trotzdem, mich aufzuheben. »Jetzt sei mal ernsthaft, Heaven. Sag mir, ob du irgendwo verletzt bist.«
»Nein! Laß mich bloß runter!«
»Du hast Glück, daß du noch lebst. Wenn es harter Boden statt Wasser und aufgeweichter Schlamm gewesen wäre, könntest du sehr gut schwer verletzt sein.«
»Ich kann aber gehen. Bitte stell mich auf meine Füße.«
»Nun gut, wenn du’s unbedingt willst«, er befolgte meinen Befehl und stellte mich vorsichtig hin. Ich schrie laut auf, denn ein höllischer Schmerz war durch meinen linken Knöchel geschossen. Sofort nahm er mich wieder in seine Arme. »Wir müssen uns beeilen, für Spielereien ist jetzt keine Zeit. Ich mußte absteigen, um deiner Spur zu folgen. So wie der geschwollene Knöchel aussieht, hast du
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