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Chronik der Vampire 01 - Interview mit einem Vampir

Chronik der Vampire 01 - Interview mit einem Vampir

Titel: Chronik der Vampire 01 - Interview mit einem Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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dazu die Leidenschaft für einen Vampir, der vielleicht noch böser war als Lestat, für den ich ebenso böse wurde wie Lestat, in dem ich jedoch gleichzeitig die einzige Verheißung des Guten im Bösen sah, die ich mir vorstellen konnte.
    Schließlich drehte sich mir alles im Kopf; es ging über mein Fassungsvermögen. Die Kaminuhr tickte; und Madeleine bettelte, die Vorstellung im Théâtre des Vampires sehen zu dürfen, und schwor, Claudia gegen jeden Vampir zu verteidigen, der es wagen würde, ihr zu nahe zu treten. Claudia sprach von Strategie und sagte: ›Jetzt nicht, noch nicht‹; und ich beobachtete mit einer gewissen Erleichterung Madeleines Liebe zu Claudia, ihr blindes, leidenschaftliches Begehren. Ach, ich habe so wenig Mitgefühl mit Madeleine in meinem Herzen, ich denke kaum noch an sie. Ich dachte, sie hätte nur die erste Station des Leidens erlebt; sie hätte keine Vorstellung vom Tode. Sie war so leicht erhitzt, zügellos und gewalttätig. In meinem Dünkel, meiner maßlosen Selbstgefälligkeit hielt ich den Kummer um meinen toten Bruder für die einzige echte Gemütsbewegung. Ich vergaß, wie ich mich Hals über Kopf in Lestats funkelnde Augen verliebt hatte, meine Seele für ein vielfarbig schillerndes Ding verkauft und gedacht hatte, ein phosphoreszierendes Gesicht könne die Kraft übertragen, auf dem Wasser zu wandeln.
    Was hätte Christus tun müssen, damit ich ihm gefolgt wäre wie Matthäus und Petrus? Er hätte vor allem gut gekleidet sein und einen gepflegten blonden Lockenkopf haben müssen.
    Ich haßte mich. Und wenn ich, wie jetzt oft, bei der Unterhaltung der beiden fast einschlief - Claudia vom Töten und von Schnelligkeit und von Vampirlist flüsternd. Madeleine über ihre flinke Nadel gebeugt -, dann schien es mir das einzige Gefühl zu sein, dessen ich noch fähig war: Selbsthaß. Ich liebe sie. Ich hasse sie. Es ist mir gleichgültig, ob sie da sind oder nicht. Claudia streicht mir übers Haar, als wolle sie mir mit der alten Vertraulichkeit zu verstehen geben, daß ihr Herz zur Ruhe gekommen ist. Mir ist es gleich. Und dann wieder die Erscheinung Armands, jene Kraft, jene herzzerreißende Klarheit. Wie hinter einer Glasscheibe. Und ich ergreife Claudias spielerische Hand und verstehe zum ersten Mal in meinem Leben, was sie empfindet, wenn sie mir verzeiht, daß ich bin, was ich bin, und sie mich zugleich haßt und liebt: Sie fühlt fast gar nichts.«.

 
     
    D as war eine Woche, bevor wir Madeleine begleiteten, als sie das Puppenreich hinter der Schaufensterscheibe in Brand setzte. Ich weiß noch, wie wir dem Feuer den Rücken kehrten und in ein Labyrinth von engen, dunklen Gassen tauchten, wo der fallende Regen das einzige Geräusch war. Doch bald sah ich den roten Schein an den Wolken, hörte die Feuerwehr klingeln und Männer rufen. Claudia an meiner Seite sprach seelenruhig von der Natur des Feuers. Der dichte Rauch, der aus dem flackernden Schein emporstieg, lahmte mich. Ich empfand Furcht. Nicht die schreckhafte Furcht der Sterblichen, sondern eine kalte Angst, die in mir stak wie ein Widerhaken. Es war die Erinnerung an den Brand unseres Stadthauses in der Rue Royale, als Lestat wie schlafend auf dem Boden gelegen hatte.
    ›Feuer reinigt…‹, sagte Claudia. Und ich antwortete: ›Nein, Feuer, vernichtet nur…‹
    Madeleine war uns vorangeeilt und winkte uns mit ihren weißen Händen, die in der Luft wie helle Nachtschmetterlinge flatterten. Claudia folgte ihr und ließ mich zurück; ein seidenes Band hatte sich aus ihrem Haar gelöst, und ich bückte mich, es aufzuheben. Doch eine andere Hand hatte danach gegriffen. Es war Armand, der mir nun das Band reichte.
    Ich erschrak, ihn hier zu treffen, in einem Torweg stehend, den Kavalier Tod, unfaßbar wirklich in seinem schwarzen Umhang und dem Seidentuch, und zugleich schattenhaft und ätherisch. Ein schwacher Widerschein des Feuers war in seinen Augen und verlieh ihrer Schwärze,, ein wärmeres Braun.
    Und ich erwachte plötzlich, als hätte ich geträumt, wurde mir seiner Anwesenheit bewußt, des Druckes seiner Hand, die meine umfaßte, der leichten Kopfneigung, mit der er mich aufforderte, ihm zu folgen, und war wieder ganz von ihm eingenommen, so wie ich in seiner Klause von ihm gefangen gewesen war. Nun gingen wir zusammen der Seine entgegen und glitten so schnell und geschickt durch die Menge, daß wir kaum gesehen wurden, so wenig wie wir die Menschen wahrnahmen^ Daß ich mit Armand Schritt halten konnte,

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