Chroniken der Unterwelt Bd. 2 City of Ashes
hinter dem toten Bruder befand sich eine Tür, die im selben Augenblick langsam aufschwang. Irgendetwas schleppte sich schwer durch die Maueröffnung – etwas Riesiges, Dunkles, Formloses. Augen wie brennendes Eis, die in tiefen Furchen lagen, musterten Jace mit höhnischer Belustigung. Und dann machte das Ding einen Satz vorwärts. Eine enorme Woge tosenden Rauchs baute sich direkt vor Jace auf wie eine Welle, die über die Meeresoberfläche fegt. Das Letzte, was er sah, war die Flamme der Fackel, die grün und blau aufflackerte, ehe sie von der Dunkelheit verschlungen wurde.
Simon zu küssen war angenehm – ein entspannter, lockerer Zeitvertreib, wie ein warmer Sommernachmittag, den man mit einem Buch und einem Glas Limonade in einer Hängematte verbringt. Genau die Art von Zerstreuung, die man stundenlang genießen konnte, ohne sich zu langweilen oder sich irgendwelche Gedanken zu machen – außer vielleicht darüber, dass sich die Metallstange des Schlafsofas in den Rücken drückte.
»Autsch«, stieß Clary hervor und versuchte, von der Stange fortzurücken, was ihr aber nicht gelang.
»Hab ich dir wehgetan?« Simon stützte sich auf einen Ellbogen auf und betrachtete sie besorgt. Vielleicht lag es aber auch nur daran, dass seine Augen ohne die Brille doppelt so groß und dunkel wirkten.
»Nein, nicht du – das Bett. Das Ding ist fast wie ein Foltergerät.«
» Ich hab nichts bemerkt«, sagte er melancholisch, während Clary nach dem Kissen griff, das auf den Boden gefallen war, und es unter sich und Simon keilte.
»Kann ich mir vorstellen.« Sie lachte. »Wo waren wir stehen geblieben?«
»Also, mein Gesicht war ungefähr da, wo es auch jetzt ist, aber dein Gesicht war wesentlich näher. Das ist zumindest das, woran ich mich erinnern kann.«
»Wie romantisch.« Sie zog ihn auf sich, wo er auf den Ellbogen balancierte. Ihre Körper lagen genau übereinander und sie konnte sein Herz durch ihrer beider T-Shirt schlagen spüren. Seine Wimpern, die normalerweise hinter seiner Brille verborgen waren, streiften sanft über ihre Wange, als er sich vorbeugte, um sie zu küssen. Clary musste verlegen lachen. »Findest du das nicht irgendwie komisch?«, flüsterte sie.
»Nein. Ich denke, wenn man sich etwas oft genug vorgestellt hat, dann erscheint einem die Realität …«
»… unbefriedigend?«
»Nein. Nein!« Simon drückte sich hoch und betrachtete sie kurzsichtig, aber mit einem ernsthaften Ausdruck in den Augen. »So was solltest du niemals denken. Es ist genau das Gegenteil von unbefriedigend. Es ist …«
Clary kicherte unterdrückt. »Vielleicht wäre das jetzt auch nicht das richtige Wort.«
Simon kniff die Augen leicht zusammen; ein kleines Lächeln umspielte seinen Mund. »Okay, an dieser Stelle würde ich gern was ähnlich Klugscheißerisches antworten, aber ich kann an nichts anderes denken als daran, dass …«
Clary grinste ihn an.»… dass du Sex willst?«
»Hör auf damit.« Er hielt ihre Hände fest, drückte sie auf die Bettdecke und blickte ernst auf Clary hinab. »Dass ich dich liebe.«
»Dann willst du also keinen Sex?«
Simon ließ ihre Hände los. »Das hab ich nicht gesagt.«
Clary lachte und drückte mit beiden Händen gegen seine Brust. »Lass mich hier raus.«
Simon musterte sie beunruhigt. »Ich meinte damit nicht, dass ich nur Sex will …«
»Keine Sorge, darum geht’s gar nicht. Ich will mich nur schnell umziehen. Ich kann nicht ernsthaft mit dir rummachen, solange ich noch die Socken anhabe.« Wehmutsvoll sah Simon zu, wie sie ihren Pyjama von der Kommode nahm und Richtung Bad verschwand. Doch ehe sie die Tür hinter sich zuzog, warf sie ihm noch einen kurzen Blick zu. »Bin gleich wieder da.«
Seine Antwort ging im Geräusch der zufallenden Badezimmertür unter. Clary putzte sich die Zähne, drehte den Wasserhahn auf und ließ das Wasser lange ins Waschbecken strömen, während sie sich im Spiegel des Medizinschränkchens betrachtete. Ihre Haare waren zerzaust und ihre Wangen glühten rot. Zählte das jetzt schon als strahlen?, fragte sie sich. Schließlich hieß es doch immer, dass Verliebte förmlich strahlen würden. Oder galt das nur für schwangere Frauen? Sie konnte sich nicht mehr genau erinnern. Aber sie musste doch irgendwie anders aussehen, wenigstens ein bisschen; immerhin war dies ihre erste richtige, ausgiebige Knutscherei. Und es war nett, sagte sie sich, entspannt und angenehm und behaglich.
Natürlich hatte sie vorher schon einmal jemanden
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