Circus
schattenhafte Gestalt, die neben ihm stand: »Bringen Sie diesen Burschen aufs nächste Revier. Er hat den Lauf der Gerechtigkeit behindert.«
»Langsam, langsam.« Johnnys Ton hatte sich vollkommen geändert. »Es ist doch nicht nötig …« Er beugte sich vor und schaute zu dem Admiral auf. »Sind Sie nicht der Herr, der hier war, als wir heute morgen diesen kleinen Ärger hatten?«
»Wenn Sie mit diesem kleinen Ärger den Mord meinen, dann haben Sie recht. Bringen Sie mich zu Mr. Wrinfield.«
»Bedaure, Sir, ich darf meinen Posten hier nicht verlassen.«
»Sie sind Johnny, nicht wahr? Wollen Sie morgen auch wieder auf Ihrem Posten sein, Johnny?«
Johnny brachte den Admiral zu Mr. Wrinfield.
Das Gespräch der beiden Männer war nur kurz. Der Admiral sagte: »Es ist alles geregelt. Sie werden keine Probleme mit den Visa haben.«
»Fünfundzwanzig verschiedene Nationalitäten in einem Tag?«
»Ich habe einen Stab von vierhundert Leuten, von denen einige bei genauem Hinsehen vielversprechende Anzeichen von Intelligenz erkennen lassen. Dr. Harper kommt morgen früh um zehn. Bitte seien Sie da. Er wird sofort anfangen. Unsere persönlichen Nachforschungen in den beiden Mordfällen haben bis jetzt nichts ergeben. Und ich glaube auch nicht, daß sie noch etwas ergeben werden. Aber zukünftige Ereignisse könnten vielleicht etwas Licht in die Sache bringen.«
»Was für Ereignisse?«
»Ich weiß nicht. Aber sicherlich ziemlich drastische. Ich habe übrigens Ihren Nachtwächter ein bißchen eingeschüchtert, um uns seiner Mitarbeit zu versichern. Er ist widerspenstig und nicht gerade ein Geistesriese, aber ich halte ihn für verläßlich.«
»Ich lege beide Hände für ihn ins Feuer.«
»Jeder mißt seinen Händen einen anderen Wert bei. Ich lasse während der Nacht sechs Männer durch die Schlafabteile des Zuges patrouillieren. Sie gehören nicht zu unserer Organisation. Sie brauchen sich also deswegen keine Sorgen zu machen. Sie werden jede Nacht bis zu Ihrer Abreise da sein, die übrigens in fünf Tagen stattfinden wird.«
»Warum eine Patrouille? Ich glaube nicht, daß ich mich damit einverstanden erkläre.«
»Offengestanden ist es vollkommen gleichgültig, ob Sie damit einverstanden sind oder nicht.« Der Admiral lächelte – allerdings sichtbar angestrengt –, um seinen Worten die Schärfe zu nehmen. »Seit dem Moment, in dem Sie diesen Auftrag annahmen, unterstehen Sie der Befehlsgewalt der Regierung, und daran wird sich bis zur Beendigung der geplanten Operation auch nichts mehr ändern. Die Patrouille ist aus Sicherheitsgründen unerläßlich. Und ich möchte, daß Johnny die Oberaufsicht führt.«
»Um wessen Sicherheit geht es denn?«
»Um Brunos, Marias, Harpers – und Ihre.«
»Meine? Bin ich etwa in Gefahr?«
»Ehrlich gesagt, glaube ich es nicht, denn es wäre durchaus nicht im Sinne unserer Freunde, wenn Ihnen etwas zustieße und die Tournee abgeblasen würde. Aber ich will nicht das geringste Risiko eingehen.«
»Und Sie glauben wirklich, daß diese Patrouille einen Sinn hat?«
»Ja. In einer so engen Gemeinschaft wie dieser wird ihre Anwesenheit innerhalb einer Stunde allgemein bekannt sein. Verbreiten Sie das Gerücht, daß die Polizei Drohungen gegen einige nicht genannte Mitglieder Ihrer Mannschaft erhalten hat. Wenn unter Ihren Leuten ein paar schräge Vögel sind, werden sie sich hüten, aufzufallen.«
»Wie Sie schon sagten, Sie gehen nicht das geringste Risiko ein.«
Der Admiral lächelte. »Ich glaube, Pilgrim und Fawcett würden das durchaus gutheißen. Haben Bruno und Maria sich inzwischen kennengelernt?« Wrinfield nickte. »Und?«
»Bruno lächelte. Und Maria war laut Henry nicht gerade hingerissen.«
»Unbeeindruckt, ja?«
»Das dürfte es treffen, ja.«
»Ist sie in der Vorstellung?«
»Ja. Mit Henry.«
»Ich möchte gern wissen, ob sie danach immer noch unbeeindruckt ist.«
»Immer noch unbeeindruckt?« Auf Henry traf das sichtlich nicht zu, wobei seine Bewunderung allerdings offensichtlich Maria galt.
Sie antwortete nicht sofort. Sie starrte wie zehntausend andere wie hypnotisiert nach oben, wo die ›Blinden Adler‹ ihre unfaßbaren und scheinbar selbstmörderischen Kunststücke machten. Am Ende der Nummer stieß sie einen langen, lautlosen Seufzer aus.
»Ich glaube es nicht!« Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »Ich kann einfach nicht glauben, was ich gerade gesehen habe!«
»Ich kann es auch kaum glauben – und ich habe es immerhin
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