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Clovis Dardentor

Clovis Dardentor

Titel: Clovis Dardentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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zukommen-
    den Haltung, und wenn er sich beim Traben des Wieder-
    käuers auch zuweilen an dessen Höcker stieß, behauptete
    er doch flottweg, ein so sanftes und gleichmäßiges Reittier
    noch niemals gefunden zu haben.
    »Das übertrifft doch jede Mähre bei weitem!« versi-
    cherte er.
    Pferd – nicht Mähre! hätte Patrice gesagt, wenn er neben
    seinem Herrn gewesen wäre.
    »Wirklich, Herr Dardentor«, sagte Louise Elissane, »er-
    scheint das Tier nicht zu hart?«
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    »Nein, liebes Fräulein, höchstens könnte ich ihm zu hart
    erscheinen, wie so ein Marmorblock aus den Pyrenäen . . .
    was?«
    Die Reiter hatten sich eben dem Wagen genähert und
    wechselten mit dessen Insassen einige Worte. Marcel
    Lornans und Jean Taconnat konnten dabei mit Frau Elis-
    sane und ihrer Tochter plaudern – zum Ärger der Désiran-
    delles, die stets ihren Agathokles, der mit seinem Maultier
    zuweilen in Streit lag, im Auge behielten.
    »Nimm dich in acht, daß du nicht hinfällst!« empfahl
    ihm seine Mutter, wenn das Tier gelegentlich einen schnel-
    len Seitensprung machte.
    »Wenn er fällt, wird er schon wieder in die Höhe kom-
    men«, meinte Herr Dardentor, »Achtung, Agathokles, laß
    dich nicht abwerfen!«
    »Ich hätte es lieber gesehen, daß er mit in einem Wagen
    säße«, sagte Herr Désirandelle.
    »He da, wohin will er denn?« rief plötzlich der Perpigna-
    neser. »Will er denn nach Saïda zurück? . . . He, Agathokles
    . . . du bist ja auf dem falschem Weg!«
    Trotz der Bemühung seines Reiters wollte aber das bo-
    ckende und sich schüttelnde Maultier keine Vernunft an-
    nehmen und machte starrsinnig kehrt.
    Man mußte einige Minuten anhalten und Patrice wurde
    von seinem Herrn nachgeschickt, um das dumme Tier zu-
    rückzuführen.
    »Wem gilt das ›dumme Tier zurückführen‹«, fragte Jean
    Taconnat halblaut, »dem Reiter oder dem Maulesel?«
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    »Allen beiden!« murmelte Marcel Lornans.
    »Meine Herren . . . meine Herren . . . etwas Nachsicht!«
    antwortete Herr Dardentor, der das Lachen freilich nur
    mühsam unterdrücken konnte.
    Louise hatte jene Bemerkung aber auch gehört, und es
    ist nicht unmöglich, daß dabei ein Lächeln um ihre Lippen
    spielte.
    Endlich legte sich die Unruhe von Frau Désirandelle. Pa-
    trice hatte Agathokles eingeholt und führte das widerspens-
    tige Tier zurück.
    »Meine Schuld war es nicht«, erklärte der Schwachkopf,
    »ich konnte ziehen, was ich wollte . . .«
    »Aus der Tinte ziehst du dich doch niemals!« versetzte
    Herr Dardentor, dessen weitschallende Stimme ein Volk
    beflügelter Sänger aus einem nahen Mastixgebüsch auf-
    scheuchte.
    Gegen 10 Uhr hatte die Karawane die Grenze überschrit-
    ten, die den Béni-Méniarin vom Djafra-ben-Djafour schei-
    det. Die Passage eines Nebenarms des Hounet, der die Ou-
    eds der nördlichen Gegend speist, ging ohne Schwierigkeit
    vonstatten. Dasselbe wiederholte sich einige Kilometer wei-
    ter beim Fénouan, dessen Quellen aus dem dichten Unter-
    holz des Waldes von Chéraga hervortreten. Die Gespanne
    kamen dabei kaum bis zur Fessel ins Wasser.
    20 Minuten vor der Zeit des höchsten Sonnenstands
    wurde von Moktani das Zeichen zum Halten gegeben, und
    zwar an einer prächtigen Stelle, um am Saum eines Waldes,
    unter dem Schatten immergrüner, für die Sonnenstrahlen
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    undurchdringlicher Eichen, am Rand des Oued-Fénouan
    mit seinem frischen klaren Wasser ein Frühstück einzuneh-
    men.
    Die Reiter verließen ihre Pferde und Maultiere, die sich
    bekanntlich nicht erst zur Erde zu legen pflegen.
    Die beiden Meharis (Kamele) beugten die Knie und
    streckten die langen Köpfe auf dem Gras des Weges aus.
    Clovis Dardentor und der Führer gingen an Land – ein
    Ausdruck, der hier ganz passend ist, da die Kamele ja »die
    Schiffe der Wüste« genannt werden.
    Unter Überwachung der Eingeborenen weideten die üb-
    rigen Tiere in der nächsten Umgebung. Ihre Mahlzeit aus
    Alfa, Diss und Chieh stand neben einem Gehölz von Ter-
    pentinfichten, wahren Musterexemplaren der Tellwälder,
    schon fertig.
    Vom Lastwagen holte man nun den von Saïda mitge-
    brachten Proviant, der aus verschiedenen Konserven, kal-
    tem Fleisch, frischem Brot und aus appetitlichen Früchten
    in laubgefütterten Körben wie Bananen, Goyaven, Feigen,
    japanischen Mispeln, Birnen, Cherimollas und Datteln be-
    stand. Nach der Fahrt in freier Luft fehlte es auch niemand
    an gehörigem Hunger.
    »Diesmal«, bemerkte Jean Taconnat, »ist

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