COLLECTION BACCARA Band 0285
das zu sagen, Sir.“
„Und wenn ich es gern wissen möchte? Ich bin der Fürst.“
„Ist das ein Befehl, Sir?“
„Ist denn einer nötig?“
„Ja, Sir.“
„Okay, dann ist es einer. Also, sagen Sie mir, inwiefern ich anders bin, als Sie dachten.“
Erin holte tief Luft und wäre am liebsten im Boden versunken. „Sie sind intelligenter, als ich erwartet habe, Sir“, gestand sie mit leiser Stimme. Erklärend fügte sie hinzu: „Football-Stipendium, Sie wissen schon.“
„Die akademischen Anforderungen an der Northwestern University sind für alle Absolventen sehr hoch, auch für das Footballteam.“
„Oh.“
„Was sonst noch?“
„Sie haben ein Ehrgefühl, das mich überrascht, Sir. Ihr Interesse an den Altarianern kommt unerwartet. Sie sind freundlicher und weniger von sich eingenommen, als ich dachte“, fuhr sie fort. „Sie sehen mich an, wenn Sie mit mir sprechen. Sie hören mir wirklich zu.“
„Das überrascht Sie?“
Sie erwiderte seinen Blick und nickte schweigend.
„Warum sollte ich Ihnen nicht zuhören?“
Sie zuckte mit den Schultern und dachte daran, wie oft sie das Gefühl gehabt hatte, ihr Vater würde an ihr vorbeiblicken, statt sie wirklich anzusehen. „Ich weiß nicht, Sir. Vermutlich bin ich einfach nicht daran gewöhnt.“
Daniel runzelte nachdenklich die Stirn. Dann sah er Erin wieder an. „Was noch?“
Nervös faltete sie die Hände im Schoß. „Sie sind größer, Sir.“ Und sehen besser aus, fügte sie in Gedanken hinzu.
„Wie groß ist der Durchschnittsaltarianer?“
„Ich weiß es nicht, Sir. Kleiner als Sie.“
Er lachte. „Gibt es auch Dinge an mir, die Sie nicht überrascht haben?“
„Sie sind sehr amerikanisch, sehr locker und absolut desinteressiert an höfischer Etikette.“ Erin entspannte sich. Sie war fertig. Noch mehr ehrliche und peinliche Enthüllungen gab es nicht.
„Damit haben Sie recht“, sagte er. „So, und jetzt werde ich Ihnen sagen, inwiefern Sie anders sind, als ich erwartet habe. Das ist nur fair.“
Erin hatte sofort einen Knoten im Magen.
„Obwohl ich wusste, dass Sie die Tochter des Außenministers sind, habe ich Sie mir älter vorgestellt.“
„Älter, Sir?“
„Um die fünfzig, mit orthopädischen Schuhen und furchtbar brav und anständig.“
Seine Worte ärgerten sie. Brav und anständig drückte genau das aus, was sie zu Hause sein musste.
„Stattdessen sind Sie eine Blondine mit tollen blauen Augen und fantastischen Beinen, die furchtbar brav und anständig ist.“ Er schwächte seine Einschätzung mit einem unwiderstehlichen Lächeln ab. „Aber vielleicht gehört es zu Ihrem Job, so zu sein. Ich stelle mir immer wieder vor, wie Sie wohl als Privatmensch sind.“ Er legte seine Hand auf ihre. „Vielleicht finde ich das ja irgendwann heraus.“
Nicht, wenn ich es verhindern kann, dachte Erin.
Anderthalb Stunden später lief Erin nachdenklich in ihrem Hotelzimmer auf und ab. Gleich nach ihrer Rückkehr hatte sie die Website der Northwestern University aufgerufen.
Ihr Telefon klingelte, und sie wusste sofort, wer es war. Ihr Vater.
„Hast du diesen Amerikaner getroffen?“, fragte er ohne Einleitung.
„Ja, heute Abend.“
„Machst du Fortschritte?“
Eigentlich nicht, dachte sie und strich sich die Haare aus dem Gesicht. „Ich habe das Gefühl, ich habe nicht die richtigen Informationen über unseren neuen Fürsten bekommen.“ Die Verärgerung war ihrer Stimme deutlich anzuhören.
„Welche Information?“
„Man hat mich glauben lassen, dass er nicht besonders intelligent ist.“
„Ist er auch nicht. Er ist ein Football-Spieler.“
„Vater, dieser Mann hat an einer Eliteuniversität seinen Abschluss mit Auszeichnung gemacht.“
„Das qualifiziert ihn nicht für seine Aufgabe als Herrscher von Altaria.“
„Nein, das Einzige, was ihn qualifiziert, ist die Tatsache, dass er der älteste männliche Rosemere ist. Es hätte also auch ein achtzehnjähriges Milchgesicht sein können. Stattdessen ist der Thronfolger ein intelligenter, erfahrener vierunddreißigjähriger Mann.“
„Ein Achtzehnjähriger wäre leichter zu manipulieren“, murmelte ihr Vater. „Glaubst du, dass du ihn davon abhalten kannst, die Thronfolge anzutreten?“
Erin befand sich in einer zwiespältigen Situation. Sie hatte Verständnis für die Vorbehalte ihres Vaters Daniel gegenüber. Schließlich war er Amerikaner, der die Geschichte Altarias weder kannte noch schätzte. Ihr Vater fürchtete, Daniel könnte sich wie
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