Confusion
sicher, dass Monsieur le Duc d’Arcachon irgendwie in die Sache verwickelt ist.
[Später in etwas lesbarerer Schrift geschrieben]
Wir sind beim Hôtel d’Arcachon, der Pariser Wohnung der de Lavardacs, angelangt, und wie Ihr sehen könnt, sitze ich nun an einem richtigen Schreibtisch.
Um die Sache mit dem armenischen Brief abzuschließen: Ich weiß, dass Ihr, Doktor, Interesse an seltsamen Schreibsystemen habt und einer großen Bibliothek vorsteht. Wenn Ihr irgendetwas über die armenische Sprache habt, lade ich Euch ein, mit Monsieur Rossignol zu korrespondieren. Denn er ist zwar fasziniert von diesem Brief, kann aber sehr wenig damit anfangen. Er ließ einen seiner Angestellten eine genaue Abschrift davon anfertigen, versiegelte ihn dann wieder und versucht seither, etwaige noch lebende Adressaten ausfindig zu machen, in der Hoffnung, ihnen den Brief zustellen zu können. Wenn sie noch am Leben sind und den Brief zu beantworten beschließen, wird Monsieur Rossignol diesen Antwortbrief in Augenschein nehmen und ihm weitere Hinweise zur Beschaffenheit des Geheimcodes (so überhaupt vorhanden), den sie verwenden, zu entnehmen suchen.
§ Apropos Briefe: Ich muss diesen hier heute noch aufgeben, deshalb erlaubt mir, noch eine weitere Angelegenheit anzusprechen. Sie betrifft Sophies Bankier Lothar von Hacklheber.
Ich habe Lothar unlängst in Lyon gesehen. Das war nicht unbedingt mein Wunsch, ließ sich aber kaum vermeiden. Wir waren beide zum Diner im Hause eines prominenten Angehörigen des Dépôt eingeladen. Aus verschiedenen Gründen konnte ich die Einladung nicht ablehnen; ich vermute, Lothar hat in der ganzen Affäre die Fäden gezogen.
Um den Bericht etwas abzukürzen, werde ich Euch jetzt sagen, was ich erst später ahnte. Denn da mein Kutscher und meine Lakaien sich einige Stunden lang mit denen Lothars in den Stallungen aufhalten würden, hatte ich meinen Anweisung erteilt, so viel wie möglich von seinen in Erfahrung zu bringen. Es war deutlich geworden, dass Lothar versuchte, Informationen über mich zu beschaffen, und ich fand es nur recht und billig, den Spieß umzudrehen. Natürlich würden seine Stallburschen und Kutscher nichts darüber wissen, was Lothar dachte oder tat, aber sie würden zumindest wissen, wo er hingefahren war und wann.
Aus dieser Quelle erfuhr ich, dass sich Lothar im Juli mit einem großen Gefolge, zu dem auch eine Prätorianergarde von Söldnern gehörte, von Leipzig aus auf den Weg nach Cadiz gemacht und dort bestimmte Geschäfte erledigt hatte; dann hatte er sich die Küste entlang nach Sanlúcar de Barrameda verfügt, wo er offensichtlich mit dem Zustandekommen einer bedeutenden
Transaktion in der ersten Augustwoche gerechnet hatte. Doch irgendetwas war schiefgegangen. Er hatte einen Wutanfall bekommen, für einen ungeheuren Aufruhr gesorgt und Botenläufer und Spione in alle Richtungen geschickt. Nach ein paar Tagen hatte er den ganzen Tross nach Arcachon beordert, was eine lange und beschwerliche Reise über Land ist; aber sie hatten es geschafft. Unterdessen legte Lothar die nämliche Strecke in einer gemieteten Bark zurück, sodass er schon auf den Tross wartete, als dieser Ende August in Arcachon eintraf. Er verkündete umgehend, dass man umdrehen und nach Marseille fahren werde. So geschah es auch, auf Kosten mehrerer Pferde und eines Mannes; aber man kam ein paar Tage zu spät dort an – zu spät wofür, wussten diese Informanten nicht – und begab sich deshalb entlang der Rhône nach Lyon, einer Stadt, in der sich Lothar bedeutend wohler fühlt. Ich befand mich natürlich bereits in Lyon, wo mich Monsieur le Duc d’Arcachon eine Woche zuvor abgesetzt hatte; woraus sich unschwer erraten ließ, dass es sich bei dem Menschen, den Lothar in Marseille abfangen zu können gehofft, aber dann doch nicht getroffen hatte, um Monsieur le Duc handelte. Nun war es vielleicht seine Absicht, in Lyon zu verweilen und auf die Rückkehr von d’Arcachon zu warten. Ich war drauf und dran, »wie eine Spinne im Netz« oder irgendeinen derartigen Ausdruck anzufügen, doch dann erschien es mir absurd, wenn man bedenkt, dass Lothar lediglich Baron und Bürger eines Landes ist, mit dem wir uns im Krieg befinden, während es sich bei dem Duc d’Arcachon um einen Pair und einen der wichtigsten Männer Frankreichs handelt. Ich gebot meiner Feder Einhalt, da es lächerlich wäre, diesen obskuren, ausländischen Baron mit einer Spinne und den Duc d’Arcachon mit einer Fliege zu
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