Confusion
sind.«
Das Festessen war von den Familien der Gefangenen hergebracht und auf einem langen Tisch aus groben Brettern unter einer behelfsmäßigen Überdachung aus Bougainvilleen am Rand des Gefängnishofes ausgebreitet worden. Es gab viele frisch geerntete Feldfrüchte, insbesondere Kürbisse, die mit karibischem Zucker, Zimt aus Manila und unendlich vielen Bohnen gebacken worden waren. Seit Jack im Laufe der Pazifiküberquerung die meisten seiner Zähne verloren hatte, hatte er eine Vorliebe für pürierte Speisen entwickelt. Oben in Guanajuato hatte er einen Indianer dafür bezahlt, dass er ihm ein neues Gebiss aus Gold und den geschnitzten Hauern von Keilern anfertigte, aber dieses Zubehör war irgendwann verlegt worden, nachdem er und Moseh der Inquisition in die Hände gefallen waren. Er vermutete, dass genau in diesem Moment irgendein Familiar oder Alguacil sein Schweinefleisch mit Jacks Zähnen kaute, wahrscheinlich sogar gleich nebenan in den Wohngebäuden des Consejo de la Suprema y General Inquisición .
»Betrachtet Eure Entschuldigung als akzeptiert und Eure Schmeichelei als übergangen«, sagte Señora de Fonseca. »Aber eine Dame, die in einem Gefängnis eine von Männern – noch dazu Häretikern und Ungläubigen – organisierte Feier besucht, geht nicht davon aus, dass die Feinheiten der Etikette gewahrt werden. Dafür sucht sich doch jeder Mann eine Frau, oder?«
Darauf folgte ein langes Schweigen, das für ebendiese Häretiker und Ungläubigen rasch peinlich wurde und sich am Ende so hinzog, dass es verhängnisvoll zu werden drohte. Schließlich versetzte Jack Salamón Ruiz unter dem Tisch einen Tritt. Salamón hatte auf seiner
Bank vor und zurück geschaukelt und irgendetwas gemurmelt. Als Jacks Stiefel sein Schienbein traf, schlug er die Augen auf und rief: »Oy!«
Das dehnte er unter hörbarem Schnaufen aller am Tisch aus zu: » Oigo misa! «
»Ihr geht zur Messe?!«, entfuhr es dem verblüfften Diego de Fonseca.
» Misa de matrimonio «, erwiderte Salamón und besann sich endlich darauf, seine verschränkten Hände zu lösen und nach der Hand seiner angeblichen Novia zu greifen, einer jungen Frau namens Isabel Machado, die zu seiner Rechten saß und offiziell der Ehrengast des Abends war. Er hatte sie nie zuvor gesehen, und einen Augenblick lang fürchtete Jack, er würde die Hand der falschen Frau ergreifen. »In meinem Kopf, da bin ich heute an meinem Hochzeitstag in die Messe gegangen.«
»Also wenn du das tust, nimm bitte die Hände aus deinem Schoß!«, erwiderte Jack. Dieser Kommentar wurde von der Frau des Direktors nicht gut aufgenommen, aber Moseh überspielte die Situation, indem er aufstand und seine Kakaotasse hob: »Auf Isabel und Sanchez 17 , deren Vermählung wir heute Abend feiern, möge der Inquisitor Sanchez gnädig, das Autodafé ein gewaltloses und ihre Ehe lang und glücklich sein.«
Dieser Trinkspruch zog andere nach sich, die in schokoladensüßen Wortkaskaden dahinplätscherten, bis die Glocken der Kathedrale läuteten. Dann wurde die Tafel aufgehoben, die Gefangenen und ihre Gäste standen auf und begannen, in einer langen, ungeordneten Prozession den Gefängnishof zu umrunden.
»Oben im Norden ist es Brauch, nach dem Essen so herumzulaufen«, hörte Jack Moseh zu Señora de Fonseca sagen.
»In Nuevo León? Aber dort haben sich doch Juden niedergelassen!«
»Nein, um Himmels willen, ich meinte doch die neuen Bergbaugebiete: Guanajuato, Zacatecas...«
Sie schauderte. »Brr, das ist ein Land von Vagabunden und Desperados...«
»Aber alles reinblütige Christen. Und nach üppigen Mahlzeiten marschieren sie immer sieben Mal rund um den Marktplatz.«
»Warum sieben Mal?«
»Fünf für die fünf Wunden Christi«, platzte Jack heraus, »und drei für die drei Personen der Dreifaltigkeit.«
»Aber fünf und drei macht acht!«, bemerkte Señor de Fonseca, dessen Interesse geweckt war.
Moseh trat jetzt buchstäblich zwischen Jack und die Fonsecas und fuhr fort: »Also gut, ich wollte euch nicht mit Details langweilen, aber in Wirklichkeit ist die Tradition die: Einst hatten sie acht Runden gedreht, und zwar immer rechts herum. Dann hatten sie die Richtung gewechselt und weitere vier Runden angeschlossen, eine für jedes Evangelium. Dann noch einmal drei rechts herum, für jedes der drei Kreuze auf dem Kalvarienberg eine. Doch dann war ein Jesuit gekommen, hatte ihnen vorgerechnet, dass fünf und drei weniger vier und drei sieben macht, und gefragt, warum sie
Weitere Kostenlose Bücher