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Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
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auseinandersetzen, Cousin, aber alles, was Ihr tut, ist natürlich von einem viel, viel größeren Maßstab.«
    »Es gibt noch ein Herz, das in London schlägt.«
    Über dieses Rätsel musste Jack einen Moment lang nachdenken. Die denkbar freundlichste Interpretation war die, dass der König von Eliza sprach und dass sie Jack auf der London Bridge erwartete. Doch angesichts der allgemeinen Tendenz der jüngsten Ereignisse war dies eher unwahrscheinlich; die Sache Jack/Eliza fiel definitiv unter die Kategorie »Gezänk«, das es nicht wert war, zur Sprache gebracht zu werden. Der Gedanke an die London Bridge erinnerte ihn an die Wasserpumpen an ihrem nördlichen Ende, die wie die Herzen von Riesen vor sich hin hämmerten; das wiederum erinnerte ihn an den Tower, und schließlich hatte er es.
    »Die Münze.«
    »Mexiko bringt das Götterblut in Umlauf, das durch die katholischen Reiche zirkuliert und sie belebt. Manchmal geht die Schatzflotte
unter, und wir fühlen uns schwach; dann erreicht eine andere Cadiz, und wir werden gekräftigt. London bringt den üblen Saft in Umlauf, der durch die zahllosen, gierigen Extremitäten des Antichristen zirkuliert.«
    »Und das wäre dann vermutlich ein Ungeheuer vom Typ Brut des Chaos, von dem Ihr da sprecht, die Art von Feind, die Apolls Aufmerksamkeit wert ist.«
    »Der Schlag dieses Herzens ist manchmal über den Kanal hinweg zu hören. Mir ist Stille lieber.«
    Zwanzig Jahre zuvor hätte Jack dies als rätselhafte, exzentrische Bemerkung aufgefasst. Inzwischen begriff er es als mehr oder weniger direkten Befehl, sich unverzüglich nach London zu begeben, persönlich die Königliche Münze zu plündern und den Tower von London dem Erdboden gleichzumachen. Was mehr Fragen aufwarf, als es beantwortete; deren weitreichendste aber war: Warum sollte Jack für den König von Frankreich Botengänge, zumal gefährliche, machen? Mittlerweile war offensichtlich, dass Leroy ihn vor dem Duc d’Arcachon gerettet, der ihn wiederum vor de Gex bewahrt hatte; aber dieser König war viel zu intelligent, um allein aufgrund dessen Loyalität und Dienstbarkeit von jemandem wie Jack zu erwarten.
    »Wenn ich Euch recht verstanden habe, Leroy, so kann ich gar nicht sagen, wie geschmeichelt ich darüber bin, dass Ihr mich in dieser Sache für den richtigen Mann haltet.«
    »Verglichen mit Euren früheren Heldentaten ist es eine Bagatelle.«
    »Bei meinen früheren Heldentaten hatte ich viel Hilfe. Und ich hatte einen Plan.«
    »Ein Plan ist gut.«
    »Der Plan stammte nicht von mir. Mein Planer befindet sich im Augenblick irgendwo nördlich des Rio Grande und ist schwer zu erreichen...«
    »Gewiss, aber der Plan von Pater Édouard de Gex erwies sich am Ende doch als der bessere, nicht wahr?«
    »Wollt Ihr damit sagen, ich soll mit ihm zusammenarbeiten!?«
    »Ihr werdet die Mittel an die Hand bekommen, die Ihr braucht, um die Sache zu bewerkstelligen«, sagte Leroy, »und außerdem wird man Euch von Lasten befreien und aus Verwicklungen lösen, die Euch behindern könnten.« Er nahm eine Prise Schnupftabak aus einer goldenen Dose und ließ sie mit lautem Geräusch zuschnappen. Das war wohl ein vorher vereinbartes Signal, denn plötzlich ging die Tür am
anderen Ende des Saals auf, und drei Personen traten ein: Vrej Esphahnian, Étienne d’Arcachon und Eliza.
    Sie kamen rasch näher, verbeugten sich bzw. knicksten vor dem König und ignorierten Jack; denn in Gegenwart des Königs durfte man niemand anderen zur Kenntnis nehmen. Das war Jack durchaus recht. Er hätte nicht gewusst, was er in Gegenwart auch nur einer dieser Personen hätte sagen oder tun sollen, wären sie zu ihm allein gekommen. Mit allen dreien zugleich zusammen zu sein machte ihn schwindelig, benommen, noch mehr als sonst für den Alb der Perversheit empfänglich. Vrej und Étienne hielten ein halbes Auge auf Jack, was nur klug war; Eliza drehte den Kopf so, dass ihr die Sicht auf ihn durch einen Wangenknochen versperrt wurde. Er bildete sich ein, sie sei ein wenig rot um die Ohren.
    »Monsieur Esphahnian«, sagte der König von Frankreich, »wir haben gehört, Ihr seid falsch informiert worden und habt Monsieur Shaftoe infolgedessen Rache geschworen. Wie wir gerade erklärt haben, mischen wir uns in der Regel nicht in derlei Gezänk ein; in diesem Falle aber machen wir eine Ausnahme, denn Monsieur Shaftoe steht im Begriff, uns einen Gefallen zu tun. Vielleicht braucht er dazu viele Jahre. Wir wären äußerst ungehalten, wenn Eure

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