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Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
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vornherein gar nicht auf den Rücken von Pferden gehörten). Bob gewann die Auseinandersetzung dennoch, indem er beinahe Fenleighs rechten Arm oberhalb des Ellbogens abtrennte, doch er bezahlte dafür, indem er abgeworfen wurde (was die glänzenden Reiter hier ungemein lustig fanden) und so elegant »wie ein Hafersack« auf dem steinernen Brückengeländer landete. Upnor und sein anderer Begleiter galoppierten mit gezogenen Pistolen auf ihn zu. Shaftoe bekam einen solchen Schrecken, dass er das Gleichgewicht verlor und in den Fluss fiel, wo er (und hier wurde die Geschichte verdächtig vage, denn sie waren beim Haus angelangt und begaben sich an ihre Plätze an dem langen Esstisch) entweder ertrank oder von einer Pistolenkugelsalve von Upnor getötet wurde, der auf der Brücke stand und Zielübungen mit ihm veranstaltete, während er in der Strömung des Flusses dahinzappelte. »Und was ist ein Fluss anderes als ein See, der es versäumt hat, innerhalb seiner ihm bestimmten Grenzen zu bleiben, und nun hilflos dem Abgrund entgegenstürzt.«

    Das Diner war das Diner. Totes, gekocht und mit Sauce übergossen, damit niemand erraten konnte, wie lange es schon tot war. Ein bisschen frühes Gemüse, aber der Winter war lang gewesen, und die Wachstumsperiode hatte spät begonnen, deshalb war noch nicht viel reif. Ein paar sehr schwere und sehr süße Delikatessen, die der Herzog aus Ägypten eingeführt hatte.
    Eliza saß der Duchesse d’Oyonnax gegenüber und versuchte, ihrem Blick auszuweichen. Sie war eine üppige Frau, aber nicht dick, obgleich mittleren Alters. Sie trug eine Menge Schmuck, was in diesen Zeiten gewagt war (eigentlich müsste sie ihn für den Krieg versetzen oder aber verstecken), aber sie machte dabei eine gute Figur, wobei ihre Üppigkeit ihr zustatten kam. Eliza ärgerte sich über diese Frau: über ihre physische Präsenz, über ihren Reichtum, über das, was sie getan hatte, am meisten aber über ihr Selbstbewusstsein. Sie selbst, das wusste Eliza, wurde von anderen Frauen nicht gemocht, weil diese ihr das Selbstbewusstsein neideten, deshalb verblüffte es Eliza, bei sich selbst eine ganz ähnliche Reaktion auf Madame la Duchesse d’Oyonnax zu beobachten.
    »Wie geht es Eurem kleinen Waisenknaben?«, fragte die Herzogin irgendwann Eliza. Das Thema aufs Tapet zu bringen war entweder naiv oder unhöflich und hatte zur Folge, dass einige Köpfe in ihre Richtung zuckten – wie Hauskatzen, die auf leichtes Gezappel spitzen.
    »Ach, ich betrachte ihn nicht mehr als mir, sondern als Gott gehörig«, erwiderte Eliza, »und so klein ist er übrigens auch nicht mehr: ein Jahr alt – jedenfalls glauben wir das, denn wir können nicht mit Gewissheit sagen, wann genau er zur Welt gekommen ist -, und er hat bereits laufen gelernt. Bereitet den Kindermädchen sehr viel Kopfzerbrechen.«
    Dies rief einiges Schmunzeln bei denen hervor, die selbst kleine Kinder hatten. Es war eine vonseiten Elizas geschickt formulierte Antwort, darauf berechnet, Abwehrbarrieren quer über sämtliche denkbaren Angriffsachsen der d’Oyonnax zu platzieren; doch die Herzogin antwortete lediglich mit einem nicht zu deutenden Blick, wirkte beinahe verblüfft und ließ das Thema fallen.
    Ein junger Offizier – Eliza erkannte ihn als einen gewissen Pierre de Jonzac, einen der Adjutanten des Herzogs – schob sich diskret mit einer Depesche in den Saal. Der Herzog nahm sie dankbar entgegen, denn er langweilte sich. Die Umsitzenden hatten ihn damit aufgezogen, dass er nichts von seinen Speisen aß; doch der Herzog hatte sie
mit der Mitteilung zum Schweigen gebracht, dass er »wegen meiner Verdauung« eine spezielle Diät halte und bereits allein gegessen habe. Er öffnete die Depesche, warf einen Blick darauf, hieb mit der flachen Hand auf den Tisch und bebte ein paar Momente lang vor unterdrücktem Gelächter; dabei schüttelte er jedoch die ganze Zeit den Kopf, als gäbe es überhaupt nichts zu lachen.
    »Was ist denn?«, fragte Madame la Duchesse d’Arcachon.
    »Der Bericht war falsch«, sagte er. »Die Franziskaner werden ihr Freudenfeuer wieder löschen müssen. Wilhelm von Oranien ist nicht tot.«
    »Aber wir erhielten verlässliche Nachricht, er sei von einer Kanonenkugel aus dem Sattel geworfen worden«, sagte der Earl von Upnor – der als recht bedeutender Mann in James’ Heer sämtliche aktuellen Meldungen bekam.
    »Das wurde er auch. Aber er ist nicht tot.«
    »Wie ist das möglich?« Und die Tafel geriet darüber in einen

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