Coogans Fluch (German Edition)
körperliches Empfinden verdrängt, doch jetzt, wo die direkte Bedrohung abgewendet war, meldeten sie sich zurück. Die Kälte krallte sich in seinen Leib. Hände und Füße spürte er kaum noch, die Muskeln seines Gesichtes so taub, als wären sie bereits abgestorben. In einem Schuppen nahe dem Stadtrand fand er eine halbvermoderte Decke und von Mäusen angenagte Fäustlinge. Zitternd schlang er sich die Decke über die Schultern, schlüpfte mit Händen, die sich anfühlten wie totes Fleisch, in die Handschuhe und als Nächstes stahl er sich aus der Stadt. Sein Plan bestand im Augenblick lediglich darin, zu versuchen, sich zum Holzfällerlager durchzuschlagen. Was anderes schien ihm gar nicht übrig zu bleiben. Sich in der Stadt zu verstecken erschien ihm als zu großes Risiko, ebenso, sich weitere Kleidung, Waffen und Vorräte zu beschaffen. Er glaubte nicht, dass es zu einem ordentlichen Prozess kommen würde, fiele er den Menschen in die Hände. Und nach den Worten des Bosses zu urteilen, lagen nur wenige Meilen, nördlich dem Lauf des Chena folgend, vor ihm. Obwohl er jetzt schon erbärmlich fror, erschien ihm so ein Marsch durchaus machbar.
Wie unsinnig dieses Unterfangen jedoch war, merkte er nur allzu bald. Ohne ausreichenden Schutz vor der Kälte, schwanden seine Kräfte Schritt für Schritt. Jeder Atemzug stach ihm wie glühende Nadeln in die Lunge, seine Glieder folgten kaum seinem Willen. Noch in Sichtweite der verstreuten Goldgräbercamps am Rande der Stadt, kostete es ihm übermenschliche Anstrengung weiter zu gehen. Bald kämpfte er nur noch gegen den verheißungsvollen Wunsch an, sich hinzusetzen und auszuruhen. Trotz der wachsenden Aussichtslosigkeit, das Holzfällerlager aus eigener Kraft zu erreichen, kämpfte sich Maloy durch den hüfttiefen Schnee, das Gewehr in seinen tauben Fingern als Stock benutzend. Irgendwann schob sich die Sonne über den Horizont, aber ihr fahler Schein vermochte nicht seine Glieder zu erwärmen, vielmehr sah das ihn umgebende Land im Glanz der Sonne noch kälter aus, als Maloy sich fühlte. Sein Atem rasselte, in regelmäßigen Abständen schüttelten ihn Hustenanfälle. Aber er gab nicht auf, wehrte sich bis zuletzt gegen das Unvermeidliche. Irgendwann fehlte ihm die Kraft, den hinteren Fuß nach vorne zu ziehen, er strauchelte und plumpste mit dem Gesicht voran in den harschen Schnee.
Er kroch auf allen Vieren weiter, erkämpfte die Anhöhe eines sanften Hügels. Sich endlich mit dem nahen Tod abfindend, erblickten seine staunenden Augen die dünne Rauchsäule eines Feuers. Sollte er tatsächlich so nahe an das Holzfällerlager herangekommen sein? Er zweifelte daran, doch einerlei wessen Feuer dort unten brannte, es bedeutete Leben. Ein befreiendes Lachen drang über die aufgerissenen Lippen des Spielers, als er, den Blick starr auf die Rauchsäule geheftet, darauf zu kroch. Der Duft gebratenen Fleisches drang ihm in die Nase. Seine Verzweiflung wich einem ungeahnten Hochgefühl. Er, Winston Maloy, befand sich wieder auf der Gewinnerstraße, das fühlte er ganz deutlich.
So in seine Phantastereien versunken, kroch Maloy Meter für Meter weiter. Dass ihm die krustige Schneedecke, über die er bäuchlings kroch, die Kleidung aufgerissen hatte, und er schon eine geraume Weile eine blutige Spur in den Schnee zeichnete, bemerkte er nicht, noch nahm er die drei ausgezehrten Wölfe wahr, die ihm mit hochgezogenen Lefzen und angelegten Ohren über den Hügel folgten. In ihren gelben Augen funkelte die Gier nach Fleisch, trotzdem hielten sie respektvollen Abstand zu ihrem Opfer. Der Mensch würde ihnen nicht mehr entkommen, der Geruch des Todes ging von ihm aus.
Zeitweise legte sich ein schwarzer Schleier vor seine Augen, Maloy kämpfte gegen die drohende Ohnmacht an und endlich erreichte der Spieler die Feuerstelle. Ein alter Indianer saß mit dem Rücken zu ihm und hielt mit runzligen Fingern ein gehäutetes Kaninchen auf einem zugespitzten Ast über die lustig knisternden Flammen. Er schien Maloy nicht zu bemerken, unverwandt lächelnd drehte er sein Kaninchen über den Flammen.
„Hilf mir“, brachte Maloy hervor und endlich drehte sich der Indianer um. Wie vom Donner gerührt, erstarrte Maloy, als sein Blick den des Indianers kreuzte. Das waren nicht die Augen eines Menschen, er starrte in die gelben Augen eines Wolfes.
„Hilfe? Tote benötigen keine Hilfe.“ Ein mitleidloses Lächeln umspielte seine runzligen Mundwinkel. „Dem Kaninchen half
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