Cowboy - Riskanter Einsatz
Vier-Sterne-Hotel für sie gehabt. Am liebsten hätte er sich mit ihr auf ein weiches Hotelbett fallen lassen und …
Rasch schob er den Gedanken weit, weit beiseite. Solche Tagträumereien konnte er sich jetzt nicht leisten.
Schon nach wenigen Minuten zeigten ihm ihre langsamen, gleichmäßigen Atemzüge, dass sie eingeschlafen war. Er schaute auf sie hinab, und sein Herz zog sich zusammen.
Im Schlaf wirkte sie kaum älter als siebzehn, mit ihren langen dunkeln Wimpern und ihren weichen Wangen. Es fiel ihm leicht, sich vorzustellen, wie sie ohne die schwarze Schuhcreme im Haar aussehen mochte. Der jungenhafte Kurzhaarschnitt, den sie sich verpasst hatte, um ihre Weiblichkeit zu verbergen, betonte nur ihren schlanken Hals und das hübsche Gesicht.
Cowboy wusste mit einer grimmigen Bestimmtheit: Er würde dieses Mädchen nach Hause bringen, dorthin, wohin sie gehörte. Und wenn er dabei draufgehen würde.
Melody schlief auf der Seite, zu einer Kugel zusammengerollt. Einen Arm hatte sie jedoch nach ihm ausgestreckt, und ihre Finger schlössen sich fest um den Saum seines Umhangs.
„Sollte er nicht längst zurück sein?“
Melody hörte die Angst in ihrer eigenen Stimme, sah dieselbe Angst in den dunklen, geduldig schauenden Augen des Mannes, den Jones Harvard nannte.
„Es tut mir leid“, murmelte sie.
„Junior erledigt seinen Job, Melody“, erklärte Harvard ihr ruhig. „Er ist wirklich gut. Sie sollten darauf vertrauen, dass er zurückkommen wird, wenn er fertig ist.“
Der „Job“, den Ensign Jones derzeit erledigte, bestand darin, unbemerkt in einen von Terroristen besetzten Luftwaffenstützpunkt einzudringen. Er hatte ihr ein paar Details erzählt – als seien sie dazu geeignet, sie zu beruhigen: Es handele sich um einen kleinen Stützpunkt mit nur wenigen Maschinen auf dem Flugfeld. Er werde über den Stacheldrahtzaun klettern, um zu überprüfen, ob in den baufälligen Hangars nicht doch noch ein schneller, hochmoderner Jet stand, der sie einholen und vom Himmel pusten könnte, wenn sie erst einmal in der Luft waren.
Danach werde er sich auf das Flugfeld schleichen und die größte, schnellste und stärkste Maschine für ihre Flucht heraussuchen. Und dann werde er zurückkommen und sie hier treffen, in diesem ausgebrannten Gebäude am Rand der Wüste.
Anschließend wollten sie alle drei zusammen erneut den Zaun überwinden und in einem gestohlenen Flugzeug in den kommenden Sonnenaufgang starten.
Wenn er zurückkam. Falls er zurückkam.
„Sie nennen ihn Junior“, fragte sie, nur um über irgendetwas anderes zu reden außer darüber, wo Jones so lange blieb. „Aber der andere Mann, Joe Cat, er nannte Ensign Jones einfach Junge. Und jeder sonst ruft ihn Cowboy. Nennt ihn eigentlich niemand Harlan?“
Harvard lächelte. Seine ebenmäßigen weißen Zähne strahlten im Mondlicht, das durch eine Ritze der mit Brettern vernagelten Fenster fiel. „Doch, seine Mutter. Aber sie ist auch die Einzige. Er hasst es, Harlan genannt zu werden. Ich nenne ihn nur so, wenn ich ihn zur Weißglut treiben will. Sein Vater heißt genauso. Admiral Harlan Jones.“
„Ich weiß. Das hat er mir erzählt.“
Harvard zog die Brauen hoch. „Wirklich? Er hat Ihnen von seinem Vater erzählt? Das überrascht mich. Andererseits … wahrscheinlich sollte es mich nicht wirklich wundern. Junior war schon immer für Überraschungen gut.“ Er zögerte. „Ich habe vor etlichen Jahren ziemlich eng mit Jones Senior zusammengearbeitet. Ich kenne den Admiral recht gut. Wahrscheinlich nenne ich seinen Sohn Harlan Junior genau deshalb Junior.“
„Und die anderen nennen ihn Cowboy, weil er aus Texas stammt?“
„Es wird erzählt, er sei mit einem dicken Rodeoring und einem Cowboyhut bei BUD/S aufgekreuzt“, lachte Harvard leise.
„BUD/S“, wiederholte Melody. „Das ist der Ort, an dem SEALs trainiert werden?“
„Kein Ort, sondern ein Ausbildungsprogramm“, korrigierte er sie. „BUD/S bedeutet Basic Underwater Demolition/SEAL. Das ist die Kampfschwimmerausbildung für angehende SEALs. Als Junior sein Training in Kalifornien antrat, sah er von Kopf bis Fuß aus wie ein Rodeoreiter – nur die Sporen fehlten. Die Ausbilder warfen einen Blick auf ihn und nannten ihn fortan Cowboy. Der Spitzname ist hängen geblieben.“
Melody wünschte, er würde endlich zurückkommen.
Sie schloss die Augen, rief sich ins Gedächtnis, wie sanft Jones sie bei Sonnenuntergang geweckt hatte. Er hatte ihr einen Schluck Wasser aus
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