CSI: Miami - Der Preis der Freiheit
wären sie gar nicht anwesend. In South Beach gab es immer viel zu sehen: Auf der Straße fuhren in gemächlichem Tempo schwarze und weiße Limousinen vorbei, auch italienische Sportwagen, die klein genug schienen, um zwischen den Rädern der wuchtigen SUVs hindurchzuflitzen. Die Art-déco-Fassaden der Gebäude wurden von roten, grünen, orangefarbenen und blauen Scheinwerfern angestrahlt, und draußen in der Bucht funkelten die Lichter von unzähligen Booten und Vergnügungsdampfern wie betrunkene Sterne.
An diesem Abend fand Collinson das Ganze jedoch irgendwie langweilig. Er zog ein Buch aus der Gesäßtasche seiner Hose, schlug es auf und begann zu lesen.
»Ist das über die Vitality Method?«, fragte jemand, und Collinson sah nur deshalb auf, weil die Stimme weiblich und jung klang.
»So steht es auf dem Cover«, entgegnete er. Die Frau, die ihn angesprochen hatte, war weder besonders hübsch noch jung und zeigte auch nicht besonders viel nackte Haut. Für ihn sah sie aus wie eine Touristin mittleren Alters, die auch einmal eine heiße Nacht in einem Club erleben wollte, ohne zu wissen, wie unwahrscheinlich es war, dass dieser Wunsch in Erfüllung ging. Aber irgendwie kam sie ihm bekannt vor …
»Das habe ich auch gerade gelesen!«, fuhr die Frau fort. »Sind Sie Vegetarier?«
Nein, aber vielleicht sollten Sie besser zukünftig auf Cheeseburger verzichten, hätte er ihr um ein Haar entgegengeschleudert – sie war zwar nicht dick, aber er hasste es, gestört zu werden. Doch da fiel ihm plötzlich ein, woher er die Frau kannte. Ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus.
Collinson hielt sich für einen glücklichen Menschen. In den wenigen Jahren, die er nun in Miami lebte, war er von einem Glücksfall zum nächsten gestolpert, hatte tonnenweise Kohle gescheffelt, die meiste Zeit mit Party-Machern verbracht und mit einigen wirklich außergewöhnlichen Frauen geschlafen, darunter sogar ein Unterwäsche-Model. Aber verglichen mit dem, was er in Kürze erleben würde, kam ihm all dies vor wie ein schnelles Bier in einer schlechten Kneipe.
Lass dir Zeit, dachte er. Immer mit der Ruhe! Koste diesen erhebenden Moment aus, denn so ein Glück hast du nicht alle Tage.
Er schenkte der Frau sein schönstes, entwaffnendstes Lächeln und sagte: »Hey, kenne ich Sie nicht von irgendwoher?«
Sie erwiderte sein Lächeln und entgegnete mit einem leichten Südstaatenakzent: »Ich denke nicht.«
»Sind Sie sicher? Ich heiße James – sagt Ihnen das irgendwas?«
»Sorry, leider nicht.«
»Hm, also … wo arbeiten Sie denn? Vielleicht kenne ich Sie daher.«
»Ich arbeite im öffentlichen Dienst.«
Collinson breitete die Arme aus. »Genau wie ich!«
Sie lachte. »Oh nein. Mein Job ist viel langweiliger.«
»Das bezweifle ich«, entgegnete er. »Ich wette, Sie haben jede Menge Spaß. Ich für meinen Teil habe ihn auf jeden Fall. Warten Sie schon lange?«
»Seit einer halben Ewigkeit.«
Sehr gut, dachte er. Je länger sie gewartet hat, desto länger wird sie auch ausharren. »Ja, ich weiß, was Sie meinen«, sagte er. »Ich bin in ein paar Minuten hier weg – sobald meine Ablösung kommt.«
»Sie Glücklicher! – Äh, sieht so aus, als wäre da gerade jemand rausgekommen«, sagte sie mit einem Hauch von Hoffnung in der Stimme.
»Wissen Sie, was das Tolle an unseren Jobs ist?«, fragte er freundlich. »Die Kontrolle, die wir über das Leben anderer Leute haben! Ich meine, wir sind zwar nicht direkt für das Schicksal anderer verantwortlich, aber wir haben für den Bruchteil einer Sekunde einen ziemlich großen Einfluss darauf. Es ist, als gäbe es für jeden Menschen einen Schalter, der zwei Einstellungen hat: guter Tag und schlechter Tag. Und wir sind diejenigen, die den Schalter betätigen. Wenn ich jemandem sage, er kann rein, ist es ein guter Tag für ihn, und wenn ich sage, er soll sich verdrücken, ist es ein schlechter. Verstehen Sie, was ich meine?«
Aus den Augen der Frau sprach Argwohn. Als sie antwortete, hatte sie diesen kalten, gereizten Ton, an den er sich sehr gut erinnerte. »Nein, nicht wirklich.«
»Aber sicher verstehen Sie! Sie können diesen Schalter auch jeden Tag betätigen, genau wie ich. Der Unterschied zwischen uns ist nur, dass Sie ihn viel öfter auf den schlechten Tag stellen als ich.«
Da war er wieder, dieser abweisende Blick, der, als sie sich das letzte Mal begegnet waren, in ihm den Wunsch geweckt hatte, sie zu erwürgen. Aber das hier wird viel besser, dachte er.
»Es
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