Dark Moon
eine Krankheit. Damals ging ich auf die Jefferson-Scranton-High. Ich war im letzten Jahr und sollte dann in Des Moines auf die Universität wechseln, um Medizin zu studieren. Dad war Farmer, aber glücklicherweise keiner dieser Sturköpfe, für die es nur den Maisanbau oder die Rinderzucht gab. Er wollte, dass ich ein besseres Leben hatte.« Jack lachte traurig. »Emilia war fünf Jahre älter als ich und unterrichtete Kunst an meiner Schule. Ich habe mich sofort in sie verliebt. Und sie empfand dasselbe für mich. In einem Kaff, in dem das kulturelle Highlight die Little-League-Spiele im Baseball sind, war sie so exotisch wie eine Meerjungfrau in der Wüste.«
»Das Porträt über dem Kami n – ist es von dir?«
»Ich habe es gemalt, nachdem wir das erste Mal zusammen waren«, sagte Jack. »Ich werde diesen Sommer von 1960 nie vergessen. Natürlich wurde sie sofort entlassen, als herauskam, dass sie was mit einem Schüler hatte. Der Skandal erschütterte den ganzen Ort. Ich brach die Schule ab und ging mit Emilia nach Des Moines. Meinem Vater hat diese Entscheidung das Herz gebrochen, aber ich hatte keine andere Wahl. Ich konnte nicht mehr ohne Emilia leben. Ich wäre ihr überallhin gefolgt. Was ich dann später auch tat.«
Jack versank in Schweigen. Er sah so verletzlich aus, dass es mir einen Stich ins Herz gab. Ich musste mich sehr zurückhalten, um ihn nicht in die Arme zu nehmen. In diesem Moment hatte es keinerlei Bedeutung für mich, ob er Vampir oder Mensch war.
»Wir lebten in Capitol View South und waren arm, aber glücklich. Ich arbeitete in einem kleinen Supermarkt, der mindestens zweimal im Monat überfallen wurde, Emilia gab gelangweilten Hausfrauen oben in Saylorville Zeichenunterricht. Capitol View ist ein ziemlich heißes Pflaster. Wenn hier Menschen verschwinden, kümmert es keinen. Das ist wohl der Grund, warum einige Vampire dort noch immer auf die Jagd gehen.«
Jacks Stimme wurde leiser. »Es war Freitagnacht, kurz vor Ladenschluss, als eine Frau in einem eleganten Kostüm hereinkam. Sie hatte rotes, gelocktes Haar und wassergrüne Augen. Ich fragte mich, was eine Frau wie sie um diese Zeit alleine in so einem heruntergekommenen Viertel zu suchen hatte. Sie lief die Regalreihen ab, fand dort wohl nicht, was sie suchte, und trat dann zu mir. An ihre Worte kann ich mich nicht erinnern, denn ich kam erst wieder in einem dunklen Keller zu mir.«
»Sie hat dich manipuliert!«, rief ich.
Jacks Augen funkelten vor Zorn. »Ja, das hat sie getan: bis über den Tod hinaus. Sie ließ sich Zeit. Es machte ihr Spaß, mich zu quälen. Zwei Nächte lang vergnügte sie sich mit mir. Dann, als ich hätte sterben müssen, ließ sie mich von ihrem Blut trinken. So wurde ich wie sie.«
»Oh, mein Gott«, murmelte ich.
»Gott hat damit nichts zu tun. Weißt du, was es bedeutet, ein Geschöpf der Nacht zu sein?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Man verliert seine Freiheit. Die Verpflichtung zum Gehorsam gegenüber dem Vampir, der einen erschaffen hat, ist absolut. Ich wusste nicht, wer diese Frau war. Ich wusste nur, dass sie sich Keren nannte und schon vor langer Zeit den Verstand verloren haben musste, denn sie zwang mich zu Dingen, für die ich mich bis heute schäme. Ich habe für sie getötet.«
»Und Emilia?«, flüsterte ich.
»Ihr galt meine ganze Sorge. Sie musste ich schützen. Keren durfte nichts von Emilia erfahren.«
»Weil sie sie sonst getötet hätte.«
Jack schüttelte den Kopf. »Nein, sie hätte mir befohlen, es für sie zu tun! Ich war Keren hilflos ausgeliefert, aber ich blieb nicht tatenlos. Vampire sind nicht ganz unsterblich. Sie altern zwar nicht und werden auch nicht krank, aber es gibt einige Dinge, die tödlich für sie sind.«
»Tageslicht«, begann ich aufzuzählen.
»Wenn sie lange genug der Sonne ausgesetzt sind, verbrennen sie«, sagte Jack. »Du hast es selbst erlebt.«
»Ein Pflock ins Herz«, fuhr ich fort.
»Er muss nicht aus Holz sein. Silber ist noch wirksamer. Kein Vampir kann sich gegen die Wirkung dieses Metalls wehren.«
»Was ist mit einem Kruzifix?«, fragte ich.
»Dasselbe wie mit Weihwasser: wirkungslos. Knoblauch riecht ein wenig unangenehm, aber den habe ich schon nicht gemocht, als ich noch lebte.«
»Verhungern?«, fragte ich. »Was geschieht mit einem Vampir, der kein Blut bekommt?«
»Wir sind wie die Rose von Jericho: Dürrezeiten machen ihr nichts aus. Wenn es wieder regnet, blüht sie auf. Ich habe von einem Vampir gehört, der zehn Jahre
Weitere Kostenlose Bücher