Darkyn: Für die Ewigkeit (German Edition)
die Klaue und die Wolken als Symbole meiner Familie – war in ganz Europa bekannt und wurde sehr geschätzt.«
Jetzt ergaben all die blau-weißen Dinge in und rund um Cypriens Herrenhaus mehr Sinn. Tatsächlich unterschied sich der alte Brauch vielleicht gar nicht so sehr von dem Bedürfnis der Leute heute, Wimpel ihrer Lieblingssportvereine aufzuhängen oder die Bilder ihrer Kinder und Verwandten an Kühlschränken zu befestigen.
Was er ihr erzählte, passte jedoch nicht zu der Szene, die in der Halle stattgefunden hatte.
»Wenn diese Farben so respektiert werden«, fragte Alex, »warum hat Locksley dann das Violett-Grau des Italieners heruntergerissen?«
»Die Farben erinnern uns auch an diejenigen, deren Familien fielen, oft wegen Heimtücke und Verrat.« Michael pflückte eine weiße Blume und strich damit über ihre Wange. »Das Violett und das Grau waren einmal Locksleys Farben.«
»Oh.« Sie runzelte die Stirn. »Nottingham hat sie gestohlen?«
»Robin verlor das Recht, sie zu tragen, als er noch ein Mensch war. Der König brandmarkte Rob als Gesetzlosen und nahm ihm alles, was er und seine Familie besaßen. Schließlich gab er den Titel des Lord Sherwood an Guy von Guisbourne, einen sehr entfernten Verwandten der Locksleys. Guy hatte der Krone bereits als Handlanger gedient und trieb im Namen des Königs hohe Steuern ein. Einige sagten, Guy erhielt Sherwood als Belohnung für seine Rücksichtslosigkeit.«
Alex lachte erstaunt. »Warte mal. Ich dachte, die Namen wären nur Zufall. Willst du mir damit sagen, dass der Heißsporn, der da heute Nacht mit dem Schwert rumgefuchtelt hat, Robin Hood ist? Der Robin Hood? Der Typ, den Kevin Costner in dem Film gespielt hat?«
»Während seines menschlichen Lebens war Robin der geächtete Adlige, auf dem die Mythen späterer Zeiten basieren.« Cyprien wirkte amüsiert. »Zu Mr Costner und seinem Film kann ich nichts sagen.«
»Heiliges Kanonenrohr.« Sie rief sich das schöne Gesicht des Suzeräns in Erinnerung. Er hatte überhaupt keine Ähnlichkeit mit Kevin Costner, obwohl er den gleichen entspannten, tödlichen Charme besaß. »Dann wurde dein Kumpel Robin also ein Ganove, und der König gab seinen ganzen Kram an seinen Cousin, und deshalb rastet er aus, wenn er Violett und Grau sieht.« Sie würde bald Fußnoten benötigen. »Ist der Italiener sein Cousin?«
»Nein, ist er nicht, und das ist ja auch nur der Anfang«, erwiderte Cyprien. »Nachdem man ihm seinen Titel und sein Land weggenommen hatte, verließ Robin England und schloss sich den Templern an. Guy blieb natürlich und herrschte über Sherwood und diente der Krone. Beide wurden von Gott verflucht und kehrten nach ihrem Tod zurück, um als Kyn durch die Nacht zu wandeln. Robin, weil er im Heiligen Land kämpfte, und Guy, weil er die Armen so schlecht behandelt hatte.«
»Sie wurden beide mit dem Erreger infiziert«, korrigierte sie ihn. »Gott hatte damit nichts zu tun. Und was passierte dann? Trafen sie sich als Kyn wieder und versuchten, es untereinander auszufechten?«
»Auf eine Art ja. Unser Highlord damals war Harold, und er zog die Diplomatie einem Kampf vor.« Cyprien legte ihr den Arm um die Schultern. »Die Brüder hatten natürlich bereits ihren Geheimorden gegründet und benutzten die Inquisition, um unsere menschlichen Familien und Diener zu verhören. Sie taten so, als wollten sie herausfinden, ob unsere Leute Heiden waren, doch in Wirklichkeit waren sie nur daran interessiert, sie dazu zu bringen, uns zu verraten.«
»Dann seid ihr auch für die Inquisition verantwortlich?« Alex schnaubte. »Herrje, ihr habt wirklich eine total verkorkste Geschichte. Als Nächstes erzählst du mir wahrscheinlich, dass ihr auch für den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs verantwortlich seid.«
»Diese Geschichte spare ich mir lieber für ein anderes Mal auf.« Cyprien grinste, dann wurde er wieder ernst. »Während Harolds Herrschaft überzeugte der Schrecken, den die Inquisition brachte, viele Kyn davon, dass es an der Zeit wäre, eine Armee zusammenzurufen und den Brüdern den Krieg zu erklären. Sie so zu bekämpfen, wie wir die Heiden in Jerusalem bekämpft hatten. Es gab sogar Pläne, den Vatikan zu stürmen, um sicherzugehen, dass der Orden komplett zerstört würde.«
»Schade, dass ihr das nicht gemacht habt. Das hätte mich vielleicht davor bewahrt, vom Bischof ins Gesicht geschlagen zu werden«, meinte Alex gedankenverloren. Als sie sah, wie er die Stirn runzelte, fügte sie hinzu:
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