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Das 1. Buch Des Blutes - 1

Das 1. Buch Des Blutes - 1

Titel: Das 1. Buch Des Blutes - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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ließ ihm die Augäpfel in ihren Höhlen zu zwei Eisklumpen gefrieren.
    Er fing an, durch die Straßen zu rennen, zu hopsen, zu kapriolen, weiß unter den Lampen, dunkel dazwischen. Schwupp, jetzt siehst mich, schwupp, jetzt nicht. Schwupp, jetzt siehst mich, schwupp…
    Diesmal war Quaid nicht von dem Traum geweckt worden. Diesmal hatte er ein Geräusch gehört. Ein Geräusch, ganz eindeutig.
    Der Mond stand mittlerweile hoch genug, um seine Strahlen durchs Fenster, durch die Tür und auf den oberen Treppenabsatz zu werfen.
    Man brauchte das Licht nicht anzuschalten. Er konnte alles sehen, was er sehen mußte. Der Treppenabsatz war leer, wie immer.
    Dann knarrte die unterste Stufe, ein winziges Geräusch, als wäre ein Hauch darauf gelandet.
    Da erkannte Quaid sein Grauen wieder.
    Nochmals knarrte es, während er die Treppe heraufkam, zu ihm, der lächerliche Traum. Es mußte ein Traum sein. Schließlich kannte er keine Clowns, keine Axtkiller. Wie konnte also diese abstruse Erscheinung, ebenjene Erscheinung, die ihn Nacht für Nacht aufweckte, etwas anderes sein als ein Traum?
    Und doch, vielleicht waren manche Träume derart hirnrissig grotesk, daß sie gar nichts anderes als wahr sein konnten.
    Keine Clowns, sagte er sich, während er dastand und die Tür und die Treppe im Scheinwerferlicht des Mondes beobachtete. Quaid kannte nur zarte Gemüter. Sie waren zu schwach, um ihm irgendeinen Hinweis auf das Wesen, den Ursprung oder die Abhilfe von der Panik zu geben, die ihn jetzt in Bann hielt. Zusammenbrechen, zu Staub zerbröseln, mehr brachten sie nicht zustande, wenn sie mit dem geringsten Anzeichen des Grauens am Wurzelgrund des Lebens konfrontiert wurden.
    Er kannte keine Clowns, bisher nicht, in alle Zukunft nicht.
    Dann tauchte es auf, das Gesicht eines Narren. Bleich, fast weiß im Mondlicht, die jungen Züge durch Prellungen verunziert, unrasiert und leicht gedunsen, das Lächeln offen wie ein Kinderlächeln. Die Lippe war zerbissen vor lauter Aufregung. Blut war über den Unterkiefer verschmiert, und das Zahnfleisch war fast schwarz vor Blut.
    Und doch war’s ein Clown. Ein Clown ganz unbestritten, auch die schlecht sitzende Kleidung stimmte: so bunt zusammengestoppelt, so rührend-jämmerlich.
    Nur die Axt paßte nicht recht zu dem Lächeln.
    Das Mondlicht fing sich auf ihr, als der Irrsinnschaot kleine, hackende Bewegungen mit ihr ausführte. Dabei funkelten seine winzigen Augen im Vorgenuß des Mordsulks, der zu erwarten war.
    Unmittelbar vor dem oberen Treppenabsatz blieb er stehen, und sein Lächeln schwand nicht einen Augenblick, als er Quaids Terrorgrausen unverwandt anstierte.
    Quaid versagten die Beine, und er taumelte auf seine Knie.
    Der Clown stieg eine Stufe weiter, hopste beim Steigen und hielt dabei den glitzernden Blick - die Augen durchfeuchtet von einer Art gütigmilden Bösartigkeit - auf Quaid geheftet. Vor und zurück schaukelten seine weißen Hände die Axt, in einer neckischen Variante des Todesstreichs.
    Quaid erkannte ihn.
    Es war sein Schüler: sein Versuchskaninchen, umgeformt zur Gestalt seines ureigenen Grauens.
    Er. Von allen Menschen ausgerechnet er. Der taube Junge.
    Das Gehopse war jetzt stärker, und der Clown machte tief hinten in der Kehle ein Geräusch, das klang wie der Ruf irgendeines phantastischen Vogels. Die Axt beschrieb immer größere Schwungkurven in der Luft, eine todbringender als die andere.
    >Stephen«, sagte Quaid.
    Der Name war Steve absolut gleichgültig. Er sah einzig und allein den Mund sich öffnen. Den Mund sich schließen. Vielleicht kam ein Ton heraus, vielleicht auch nicht. Belanglos für ihn.
    Die Kehle des Clowns gab einen gellenden Schrei von sich, und, beidhändig geschwungen, hob die Axt sich über seinen Kopf. Im selben Augenblick wurde aus dem fidelen Getänzel ein Preschen: Der Axtmann übersprang die letzten beiden Stufen und stürmte ins Schlafzimmer, voll ins Scheinwerferlicht.
    Quaids Körper beschrieb eine halbe Drehung, um dem tödlichen Hieb auszuweichen, aber nicht schnell oder geschickt genug. Die Beilklinge zerschlitzte die Luft und fuhr Quaid von hinten durch den Arm, kappte ihm dabei den größten Teil des Trizeps ab, zerschmetterte ihm den Oberarmknochen und riß ihm das Fleisch des Unterarms zu einer klaffenden Wunde auf, die haarscharf seine Arterie verfehlte.
    Quaids Gekreisch hätte man zehn Häuser weit hören können, nur daß diese Häuser Schutt waren. Niemand war da, um etwas zu hören.
    Niemand, der kam, um den

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