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Das andere Kind

Titel: Das andere Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das andere Kind
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etwas ... mit der Geschichte damals
    zu tun hat?« Er hatte sofort gewusst, was sie meinte. „Nein. Wie kommst du darauf? Das ist ewig
    her.«
    „J a, aber ... es muss nicht zu Ende sein, oder?« „Wer sollte denn deswegen bei dir
    anrufen?«
    Sie erwiderte nichts, doch er kannte
    sie gut genug, um zu wissen, dass sie einen konkreten Verdacht hatte. Er ahnte, welcher Name
    ihr im Kopfherumging.
    „Das glaube ich
    nicht«, sagte er. „Weshalb jetzt? Nach all den Jahren ... Ja, weshalb jetzt?«
    »Ich glaube nicht, dass sie
    jemals aufgehört hat, mich zu hassen.«
    »Lebt sie denn überhaupt
    noch?«
    »Ich glaube, ja. Oben in
    Robin Hood's Bay ... «
    »Steigere dich da nicht
    hinein«, hatte er gewarnt. »Unsinn«, hatte sie erwidert, so barsch und kurz angebunden, wie sie
    sein konnte, aber die Hand, mit der sie ihre Zigarette hielt, hatte ein klein wenig
    gezittert.
    Dann
    war sie mit ihrem eigentlichen Anliegen herausgerückt. »Ich möchte, dass du die E-Mails
    löschst. Alle, die ich dir geschrieben habe. Also, die ich dir in ... dieser Sache geschrieben habe.«
    »Löschen? Wieso
    denn?«
    »Es erscheint mir
    sicherer.«
    »Niemand kann sie
    lesen.«
    »Immerhin benutzt
    Gwen denselben Computer.«
    »Aber ich denke,
    deshalb musste ich doch dieses Ding, dieses Passwort bekommen. Scheint auch nichts zu nützen,
    oder wie? Blödsinn, das alles, diese ganze Computertechnik ...
    Jedenfalls glaube ich
    nicht, dass Gwen versuchen würde, in meinen Angelegenheiten zu schnüffeln. Sie interessiert
    sich gar nicht so sehr für mich.«
    Zum ersten Mal
    während dieses Gesprächs hatte sie gelächelt. Eher anzüglich als erheitert.
    »Da schätzt du sie,
    glaube ich, falsch ein. Du kommst bei ihr gleich nach dem lieben Gott. Aber für
    zwischenmenschliche Beziehungen hattest du noch nie eine Antenne. Trotzdem« - sie war wieder
    ernst geworden - »bitte ich dich, die Mails zu löschen. Ich würde mich sicherer
    fühlen.«
    Der Computer war nun bereit, und Chad rief seinen Posteingang auf. Fünf Mails hatte ihm Fiona im Lauf des vergangenen halben
    Jahres geschickt - fünf Mails jedenfalls mit angehängter Datei. Dazwischen tummelten sich auch
    ihre normalen Grußbotschaften.
    Aufmunterndes,
    wenn das Wetter schlecht war und sie ahnte, dass er Schmerzen leiden musste. Bissiges, wenn sie
    ärgerlich war, dass er sich so lange nicht mehr bei ihr gemeldet hatte. Ironisches, wenn sie
    irgendeinen alten gemeinsamen Bekannten getroffen hatte und nun hemmungslos über ihn herzog.
    Manchmal kommentierte sie einen Film, den sie gesehen hatte. Manchmal jammerte sie über das
    Altwerden. Aber nie hatte sie ein Wort über früher verloren. Ihrer beider gemeinsame
    Vergangenheit.
    Bis zum März
    dieses Jahres. Da war plötzlich die erste Datei eingetroffen, zusammen mit der Instruktion, wie
    sie zu öffnen war.
    »Warum?«, hatte er gefragt in seiner Antwortmail, nichts sonst, nur dieses warum, in schrägen, fettgedruckten Buchstaben,
    gefolgt von mindestens zehn Fragezeichen. Ihre Antwort hatte gelautet: »Weil ich mit mir ins
    Reine kommen muss. Weil ich es jemandem erzählen muss. Da es niemand sonst wissen darf, kommst
    nur du in Frage!« Seine Antwort: »Ich weiß doch sowieso alles!«
    Und sie
    darauf: »Deshalb bist du ungefährlich.«
    Jetzt
    dachte er: Sie kommt nicht zurecht damit.
    Er
    erinnerte sich, sie am gestrigen Abend gefragt zu haben, worin denn der Auslöser bestanden
    hatte. Der Auslöser, das alles aufzuschreiben, das, was niemand wissen durfte, nur er, der es
    ohnehin wusste und der gar nicht gern daran erinnert wurde.
    Sie hatte
    überlegt, geraucht und dann gesagt: »Vielleicht war der Auslöser das Bewusstsein, dass mein
    Leben nicht mehr so lange dauern wird.«
    »Bist du
    krank?« »Nein. Aber alt. Es kann ja nun nicht mehr allzu lange dauern, da muss man sich nichts
    vormachen.«
    Er hatte
    einiges von dem gelesen, was sie ihm geschrieben hatte, aber nicht alles. Oft hatte er sich
    einfach überfordert gefühlt. War wütend geworden, weil sie alles wieder aufwärmen musste. An
    alte Wunden rührte. Lange Begrabenes ans Tageslicht brachte.
    Er
    klickte die erste Mail an. Sie datierte vom 28. März. Der Stil des Inhalts war typisch für
    Fiona.
    »Chad, hallo, geht es dir heute gut? Das Wetter ist trocken und warm, es muss dir gut gehen! Ich habe etwas aufgeschrieben, das du
    lesen solltest. Es ist ausschließlich für dich bestimmt. Du kennst die Geschichte, aber
    vielleicht nicht jedes Detail. Du bist

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