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Das Boese in uns

Das Boese in uns

Titel: Das Boese in uns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cody Mcfadyen
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alles andere als überzeugend.«
    Die Worte sprudeln aus mir hervor, ohne dass ich Zeit finde, sie abzumildern. Ich bedaure meine Vehemenz. Zucke die Schultern. »Tut mir leid, Vater.«
    »Aber nein! Wenn Sie wütend sind auf Gott, so bedeutet das, dass Sie immer noch an seine Existenz glauben. Das reicht mir völlig, für den Augenblick.«
    Mir fehlen die Worte. Ich weiß nicht, was ich darauf erwidern soll. Deswegen murmle ich nur »Danke, Vater« wie eine Sechzehnjährige, bevor ich mich zum Gehen wende. Alan und Atkins folgen mir.
    Diese verdammten Priesteraugen. Manchmal machen diese frommen Männer mich wirklich wütend.
     

Kapitel 13
    Es ist halb neun durch. Alan, Atkins und ich sitzen in einer Nische im hinteren Teil eines Denny's. Es ist eine ruhige Nacht, und unsere Kellnerin ist müde. Sie bringt ein halbherziges Lächeln zustande, als sie unsere Kaffeebecher nachfüllt, doch sie versucht nicht, uns in ein Gespräch zu verwickeln. Ich nehme an, sie ist daran gewöhnt, Cops zu bedienen.
    Vinyl und Resopal, so weit das Auge reicht. Gibt es irgendetwas, das amerikanischer wäre?
    Atkins hat uns eine Kopie der Fallunterlagen gegeben, zum Bersten voll mit Fotos vom Tatort. Nachdem unsere Kellnerin wieder in sicherem Abstand ist, klappe ich die Akte auf und nehme die Fotos in Augenschein.
    »Übel«, bemerke ich.
    »Aber sauber«, erwidert Atkins.
    Es ist ein Kommentar, der mehr Einblick verrät. Und er hat recht. Ich betrachte ein Foto von Rosemary. Sie war eine schöne Frau. Auf dem Bild ist sie nackt. Sie liegt auf ihrem Bett, auf dem Rücken, mit geschlossenen Beinen, die Arme auf der Brust. Ihr Kopf liegt im Nacken, und ihre Augen sind weit geöffnet. Aus ihrem linken Nasenloch läuft ein dünner Blutfaden über ihre Wange bis zum Kinn. Es ist ein grauenvolles Bild, doch nicht so schlimm, wie es hätte sein können. Kein Hinweis auf sexuellen Missbrauch. Abgesehen von dem Blut aus der Nase sowie der Stichwunde und dem umgebenden Hämatom auf ihrer rechten Körperseite wirkt Rosemarys Leichnam nahezu unberührt.
    »Keine Raserei«, sagt Alan. »Der Täter hat nicht die Kontrolle verloren.«
    »Ja«, stimme ich ihm zu.
    Sexuelle Psychopathie ist kein Akt von gewöhnlichem Zorn, sondern von heftiger, alle Vernunft verdrängender Wut. Penetration allein reicht nicht - es ist die Zerstörung des Opfers, auf die es ankommt. Ich sehe nichts von alledem auf den Fotos. Sex scheint nicht das Motiv zu sein.
    Ich klappe die Akte zu und nehme einen Schluck Kaffee.
    »Die Spurensicherung hat absolut nichts gefunden«, sagt Atkins. »Nada.«
    »Das überrascht mich nicht«, antworte ich. »Der Täter ist sehr beherrscht und äußerst erfahren. Er hatte eine Aufgabe zu erledigen, und das hat er getan, ohne übermäßige Aufregung und unnötige Sauerei. Er kam unbemerkt und ist unbemerkt wieder verschwunden. Unter diesen Umständen findet man selten Spuren.«
    »Wie schnappen Sie dann diese Kerle?«, fragt Atkins.
    Manchmal schnappen wir sie gar nicht, zirpen die Grillen.
    »Indem wir herausfinden, was sie tun und warum sie es tun. Und indem wir hoffen, dass sie irgendwann einen Fehler machten, je mehr Zeit vergeht, und uns einen Hinweis zurücklassen.«
    »Das ist nicht gerade tröstlich.« Ich antworte mit einem ausdruckslosen Lächeln. Er erwidert das Lächeln genauso leer und hebt seinen Kaffeebecher.
     
    Alan und ich sind wieder auf dem Highway, unterwegs nach Hause. Alan fährt. Wir haben Atkins mit Versprechungen vertröstet; mehr konnten wir ihm nicht bieten.
    »Soll ich bei mir zu Hause vorbeifahren, damit du Bonnie holen kannst?«, fragt Alan.
    Ich schaue auf die Uhr. Es ist fast halb elf.
    »Nein. Fahr mich zu mir. Ich hole Bonnie morgen ab.«
    Ich überlege, ob ich Callie und James anrufen soll, aber dann wird mir klar, dass es bei ihnen bereits nach ein Uhr nachts ist. Falls die beiden schlafen - was ich hoffe -, möchte ich sie nicht wecken.
    »Waren ein paar ziemlich verrückte Tage«, sagt Alan.
    »Kann man wohl sagen.«
    Er sieht mich von der Seite an. »Schon irgendein Bauchgefühl?«
    Ich schüttle den Kopf. »Nein, eigentlich nicht. Ich brauche eine Mütze voll Schlaf, damit die Eindrücke sich setzen können. Bei diesem Fall gibt es vieles, das mir Sorgen macht.«
    »Zum Beispiel?«
    »Ich bin ziemlich sicher, dass unser Mann schon seit einer ganzen Weile tötet und dass er auf diesem Gebiet ein Könner geworden ist. Er geht methodisch und überlegt vor. Er weiß genau, was er tut, und wird so

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