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Das Ende meiner Sucht

Das Ende meiner Sucht

Titel: Das Ende meiner Sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olivier Ameisen
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Neurotransmissionsmuster im Gehirn des Patienten so, dass es auf den PET-Aufnahmen zu sehen war, und zwar beruhigte sich die Aktivität im Mandelkern, der Amygdala. Studien bringen den Mandelkern mit Erinnerungen an angenehme Ereignisse in Verbindung und mit dem Verlangen nach oder der Antizipation von verschiedenen abhängig machenden Substanzen und zwanghaften Verhaltensweisen.
    Drittens löste das Baclofen die Muskelkrämpfe des Patienten – dafür war das Medikament ursprünglich verschrieben worden.
    Die Journalistin, die den Bericht verfasst hatte, Linda Carroll, schilderte all das sehr anschaulich, dramatisch und wissenschaftlich nachvollziehbar. Mich elektrisierte der Gedanke, dass ein Medikament zugleich die Muskelverkrampfungen und das Verlangen nach der abhängig machenden Substanz dämpfen konnte. Vielleicht konnte Baclofen meine chronischen muskulären und nervösen Spannungen beseitigen, verhindern, dass daraus ein Zustand chronischer Angst und Panik wurde, und auf diese Weise den Kreislauf unterbrechen, der von extremer Qual zum Verlangen nach Alkohol führte.
    Entspannungsübungen stehen bei vielen Behandlungsprogrammen für Alkoholismus ganz oben auf der Liste, nach dem Grundsatz: Wenn der Körper sich entspannt, wird der Geist folgen. Aufgrund meiner eigenen Erfahrung und meiner Beobachtungen bei anderen leuchtete mir das ein. Das Phänomen ist zwar in der medizinischen Literatur nicht beschrieben worden, aber allem Anschein nach leiden Alkoholiker und andere Abhängige unter einem hohen Grad physischer Erregung. Wer jemals ein AA- oder NA-Meeting besucht hat, kennt das: dauerndes Wippen mit dem Bein, Klopfen mit dem Fuß, Kneten der Finger und so weiter. Die Frage ist: Kommt die Erregung von der Sucht, geht sie ihr voraus, oder tritt beides gleichzeitig auf? Ich hörte immer von anderen bei den AA, dass sie sich niemals gut gefühlt hatten, entspannt, wohl in der eigenen Haut, bis sie zu trinken begannen. Mir ging es genauso, und mein Verdacht ist, dass chronisches körperliches Unbehagen Suchtverhalten auslöst und durch diesen misslungenen Versuch der Selbstmedikation wiederum verstärkt wird.
    In stationären und ambulanten Entzugsprogrammen machte ich pflichtbewusst alle Entspannungsübungen mit. Ich ging in Yogakurse und probierte Selbsthypnose, aber volle Entspannung erreichte ich nie. In Gruppen entspannten sich manchmal Teilnehmer so sehr, dass sie einschliefen, und viele berichteten, nach einer Serie von Entspannungsübungen oder einer Yogastunde seien sie für den Rest des Tages oder sogar länger entspannt geblieben. Bei mir kehrte die muskuläre und nervliche Anspannung nach 20 bis 30 Minuten zurück.
    Angstlösende Medikamente, die gewöhnlich verschrieben werden, wie Valium und andere Benzodiazepine, gehören zur großen Klasse der sogenannten Sedativa-Hypnotika, und wie die Bezeichnung anzeigt, wirken sie bei muskulären und nervlichen Spannungszuständen. Valium wird zum Beispiel auch bei schweren Verspannungen im Rücken gegeben. Aber Benzos machen abhängig und haben schwerwiegende Nebenwirkungen, unter anderem beeinträchtigen sie das Gedächtnis und die kognitiven Fähigkeiten. Ichhabe diese Medikamente nie gern geschluckt, ich fühlte mich damit benommen, nicht richtig klar im Kopf. Wenn es unter Baclofen nicht zu solchen Nebenwirkungen kam – und in dem Artikel in der New York Times wurde nichts dergleichen erwähnt –, dann war es womöglich das Richtige für mich.
    Interessanterweise hatten zum Teil die Selbstbeobachtungen des Patienten den Anstoß zu dem Versuch gegeben, Baclofen zur Dämpfung des Craving einzusetzen. Dem Patienten, Edward Coleman, wurden ursprünglich 60 Milligramm Baclofen pro Tag verschrieben zur Linderung der Muskelspastik im Rahmen seiner Lähmung. Er spürte, dass das nicht ausreichte, und steigerte seine Dosis auf 80 Milligramm. Das linderte die Spastiken, hatte aber zwei Nebenwirkungen, eine negative und eine positive – aus seiner Sicht. Die negative bestand darin, dass Baclofen »sein High blockierte, wenn er es in zu großer zeitlicher Nähe zu Kokain einnahm«. Der positive Effekt war, dass »das Medikament das Craving dämpfen konnte, wenn Kokain nicht verfügbar war«. Professor Childress, die bereits eine frühere Pilotstudie über die Wirkung von Baclofen bei Craving geleitet hatte und eine weitere längere Studie plante, würdigte Edward Colemans Beitrag ausdrücklich: »In gewisser Weise hat er mein Experiment für mich

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