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Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition)

Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Fußgänger, deren Ziel vermutlich der Markt des Bischofssitzes war, dessen starker Mauerring schon von Weitem zu sehen war. Während er gezwungen ruhig gegen den Strom ritt, ließ er die Gedanken wieder zu Wulf von Katzenstein wandern. Nachdenklich betrachtete er das funkelnde goldene Band an seinem Finger, von dessen Wappenaufsatz der buckelnde Kater zurückglotzte. Vielleicht, dachte er, vielleicht würde er eines Tages nach Katzenstein zurückkehren, wenn er etwas erreicht hatte, auf das er ganz allein stolz sein konnte. Er seufzte und versuchte, den Ausdruck in den schmerzverdunkelten Augen des Ritters zu vergessen. Urplötzlich schien die schwer an seinem Gürtel hängende Geldkatze einen Druck zu verursachen, der wie durch Zauberhand auf seine Seele übergriff. Ein brennendes Gefühl schnürte ihm die Kehle zu. Ganz gleich, wie er seinen Abschied schöngeredet hatte, die Großzügigkeit und das Verständnis des Katzensteiners sorgten seit seinem Aufbruch in regelmäßigen Abständen dafür, dass die Reue mit zunehmender Stärke an ihm nagte. Ärgerlich über sich selbst fegte er die schuldbewussten Gedanken beiseite und lenkte seine Aufmerksamkeit zurück auf die Straße, die sich kein Dutzend Schritte vor ihm gabelte. Der Strom der nach Dillingen Reisenden riss an dieser Stelle unvermittelt ab, da Wulf sich in die entgegengesetzte Richtung wandte.
    Mit steinerner Miene steuerte er auf das Ufer der zäh fließenden Donau zu und trieb seinen Wallach nach Westen. Beschattet von uralten Pappeln und Weiden bot die Uferstraße etwas mehr Schutz vor der vom Himmel brüllenden Sonne, die bereits dafür sorgte, dass Wulfs Mund sich trocken und staubig anfühlte. Mit einer Hand löste er seine Trinkflasche vom Sattel, setzte sie an die Lippen und stürzte gierig einige Schlucke des dünnen Apfelweins hinab, den der Händler ihm aufgedrängt hatte. Froh darüber, ausgiebig gefrühstückt zu haben, konzentrierte er sich daraufhin auf den stellenweise tückischen Weg; doch obschon er versuchte, seine Gedanken im Zaum zu halten, schweiften diese schon bald wieder ab. Warum bohrte immer noch dieser Zweifel in seinen Eingeweiden?, fragte er sich bitter. Es war schließlich nicht sein Fehler, dass sein Vater nicht genug unternommen hatte, um ihn zu finden!
    Seine Augen verengten sich, als eine warme Böe ihm eine Staubwolke entgegentrieb. Zwar hatte der Katzensteiner ihm von den Boten berichtet, die er angeblich vor vielen Jahren nach seinem Sohn ausgesandt hatte; doch wenn es ihm wirklich wichtig gewesen wäre, dann hätte er ihn doch auch gefunden?! Etwas in Wulf ahnte, dass er nach einer Ausrede suchte – nach einer Rechtfertigung vor sich selbst – aber da mit jedem Huftritt der Abstand zwischen ihm und seinem Vater zunahm, schüttelte er schließlich ungehalten die Selbstvorwürfe ab und preschte weiter in Richtung Ulm. Das Schicksal war von Anfang an dagegen gewesen, redete er sich selbst ein. Und was von höherer Stelle beschlossen war, sollte man nicht infrage stellen!
    Wenngleich sein Rücken gegen die unnatürliche Haltung protestierte, beugte er sich tiefer über den Hals des Falben und drückte die Wange an die störrische Mähne. Es gab wichtigere Dinge, für die er all seine Kraft benötigen würde. Es half nichts, eine Entscheidung anzuzweifeln, die getroffen war. Aufgeschoben war schließlich nicht aufgehoben. Damit machte er endgültig einen Strich unter die unangenehmen Überlegungen und legte all seine Kraft in den scharfen Ritt. Er musste sich beeilen. Wenn seine Vermutung stimmte und Ortwin ebenfalls nach Brigitta suchte, dann hatte ein Wettlauf mit der Zeit begonnen.
    Fünf Stunden und zwei kurze Rastaufenthalte später führte er sein schaumbedecktes Reittier am Zügel auf das Herdbruckertor zu, vor dem zu dieser Zeit kaum jemand wartete. Die Sonne stand beinahe senkrecht am Himmel, als er den Torzoll entrichtete und sich auf den Weg zur Münsterbaustelle machte. Die Uhr des Rathauses schlug gerade, als Wulf sich am Fuß des prunkvoll bemalten Bauwerkes wieder auf den Rücken seines Pferdes schwang, das mit einem müden Schnauben protestierte.
    »Bald kannst du dich ausruhen«, raunte er in eines der spielenden Ohren und zupfte seinen Rock zurecht. Nachdem er sich versichert hatte, dass auch das Schwert an seiner Seite am richtigen Platz war, holte er einmal tief Luft und lenkte das Tier unter dem Balkon des Bürgermeisters hindurch um die Ecke des Gebäudes.
    Der vertraute Anblick, der sich ihm bot,

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