Das Erbe der Jedi-Ritter 10 - Jainas Flucht
Moment lang erkannte Leia die Frau nicht, die sich unsicher von einem Stuhl erhob, um sie zu begrüßen. Zu dem Zeitpunkt, an dem Teneniel Djo als junge Frau nach Hapes gekommen war, hatte man in ihr einen komischen Kauz gesehen: eine aufrechte Kriegerin unter intrigierenden Patriziern, eine Frau von bescheidenem Aussehen in einem Land, dessen Menschen für ihre Schönheit berühmt waren. Schon durch ihre stämmige Figur hob sie sich von den eleganten Hapanern ab, zusätzlich auch noch durch ihre Fähigkeit, die Macht wahrzunehmen und zu benutzen. Leia fühlte sofort, dass diese Gabe fast restlos verschwunden war. Teneniel Djos rotbraunes Haar war stumpf und dünn, ihre Haut hatte einen ungesunden fahlen Ton. Die Königin war deutlich zu mager. Ihren dunkel geränderten Augen mangelte es an Ausdruck. Die ständigen Intrigen am hapanischen Hof mussten die Dathomiri-Kriegerin langsam vergiftet haben. Leia vermutete, die Niederlage bei Fondor und der Verlust des ungeborenen Kindes hatten ihr den Rest gegeben.
Sie umarmten sich behutsam. Teneniel Djo schob Leia auf Armeslänge von sich und betrachtete sie resigniert. »Du wurdest ausgewählt?«
Leia zögerte und wusste nicht recht, was sie antworten oder fragen sollte. »Ich bin mit den Flüchtlingen nach Hapes gekommen«, sagte sie und hielt diese Richtung für so sicher wie jede andere. »Han und ich planen, in Kürze abzureisen.«
Keine dieser Informationen löste eine Reaktion in den Augen der Königin aus. »Tenel Ka hat den Ring.«
»Natürlich«, stimmte Leia zu.
Die kleine Frau wandte sich ab und starrte leer in den Garten. Leia versuchte einige Male, Teneniel Djo in ein Gespräch zu verwickeln, doch nichts durchdrang den seltsamen Nebel, der die andere Frau einhüllte. Schließlich gab sie auf und verließ leise den Raum. Sie schloss die Tür hinter sich und nickte den beiden Wachen davor zu. Die erwiderten ihren Gruß, doch bemerkte Leia die gereizte Miene des einen. Sie folgte seinem Blick, der über ihre Schulter hinwegging. Ein junger Mann schlenderte auf sie zu, gekleidet in die hellroten Farben des Königshauses, und sein Gesicht zeigte extreme Selbstzufriedenheit. Er verneigte sich extravagant.
»Welche Ehre, Prinzessin Leia. Ta’a Chume möchte mit Ihnen sprechen.«
So, wie er sprach, konnte Leia nicht unterscheiden, ob die Ehre ihm oder ihr galt. »Und Sie sind?«
»Trisdin Gheer, Begleiter von Ta’a Chume.« Die beiden Wachen erröteten heftig. Leia spürte sowohl Zorn als auch Verlegenheit bei ihnen und verstand nun, dass sie gerade beleidigt worden war. Offensichtlich war es eine Kränkung, den Liebhaber zu schicken. Damit blieben Leia zwei Möglichkeiten: Sie konnte die Beleidigung ignorieren und so tun, als kenne sie die hapanischen Gepflogenheiten nicht, oder sie konnte darauf eingehen und sich ungnädig zeigen. Ta’a Chume war heute in selten guter Form, schien es. »Botschafter Gheer«, sagte sie freundlich, doch mit einer gewissen Schärfe. »Sie müssen verzeihen − Ihr Name ist mir nicht geläufig. Ich habe ihn weder in den diplomatischen Verzeichnissen gesehen noch eine Rede von Ihnen vor dem Senat gehört. Vielleicht sind Sie neu in Ta’a Chumes Diensten?«
Das Grinsen verging ihm. »Ich bin erst kürzlich Mitglied ihres Haushalts geworden.«
»Nun, gewiss werde ich Sie dann in der näheren Zukunft häufiger sehen. Ta’a Chumes diplomatische Bedienstete scheinen stets rasch zu wechseln.« Sie lächelte. »Gehen wir?« Die stille Heiterkeit der Wachen folgte ihr durch den Gang. Trisdin ging schnellen Schrittes voraus und machte keinen weiteren Versuch, eine Unterhaltung zu beginnen. Er lieferte sie in einem kleinen Empfangszimmer ab und stolzierte dann davon.
Ta’a Chume erhob sich, um Leia zu begrüßen, und machte keinerlei Bemerkungen über Trisdin. »Es war gut von Ihnen, Teneniel Djo zu besuchen. Eine traurige Geschichte, nicht wahr?«
»Die Zeiten sind hart«, meinte Leia. »Aber es gibt stets diejenigen, die größere Bürden mit Würde tragen, wie zum Beispiel Sie.« Die ältere Frau neigte den Kopf. »Ich möchte Ihnen mein aufrichtiges Beileid zum Verlust Ihrer Söhne aussprechen.«
»Anakin ist gestorben«, entgegnete Leia, während kurz die Erinnerung an die feierliche Bestattung in ihr hochkam, die in der letzten Nacht stattgefunden hatte, und an die reinigende Wirkung, die das Gefühl bei ihr hinterlassen hatte, dass ihr Sohn zur Macht zurückgekehrt war. »Jacen wird lediglich vermisst.«
»Natürlich«,
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