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Das Erbe des Vaters

Das Erbe des Vaters

Titel: Das Erbe des Vaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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Geld, und ich hatte etwas, das sie haben wollten, wofür sie zu zahlen bereit waren. Und sie haben gut gezahlt.«
    Mrs. Plummer öffnete die Augen und sah Romy an. »Geben Sie mir eine Zigarette, Kind«, sagte sie ruhiger. »Ich brauche eine Zigarette. Sind Sie schockiert, Romy? Verachten Sie mich jetzt?«
    Romy erinnerte sich, wie sie Hals über Kopf nach London geflohen war und Jem gesucht und nicht gefunden hatte. Sie hatte nur ein paar Shillinge in der Tasche gehabt und keine Zuflucht. Sie erinnerte sich ihrer Panik, des entsetzlichen Gefühls völliger Mittellosigkeit. Wie weit wäre sie gegangen, wenn nicht Mrs. Plummer ihr geholfen hätte? Was hätte sie vielleicht getan, um diese Nacht und die nächste und die danach zu überleben?
    Sie schüttelte den Kopf. Sie ließ die Perlen aus ihrer Hand in einen Aschenbecher rieseln. »Woher weiß Johnnie es denn?«
    »Oh, ich habe es ihm selbst gesagt«, antwortete Mrs. Plummer. »Schön dumm. So ist das, wenn man einen anderen liebt, man vertraut ihm seine Geheimnisse an. Ich habe mich Johnnie anvertraut, weil ich ihn geliebt habe. Und weil ich glaubte, daß auch er mich liebt.« Sie legte die abgerissene Halskette zu den losen Perlen. »Die hat er mir geschenkt. Tja, da hat er noch um mich geworben. Er sagte, ich wäre seine Perle. Aber er hat mich nie geliebt.«
    Sie hatte Tränen in den Augen. »Ich glaube, er hat überhaupt nie geliebt. Doch, seine Mutter vielleicht. Aber sonst keinen Menschen. Manche Menschen können nicht lieben. Am Anfang hat er mich begehrt, weil ich schön war. Alle Männer haben mir nachgestellt. Und Johnnie will immer das haben, was alle anderen haben wollen. Dann wollte er mich wegen meines Geldes haben. Und jetzt – jetzt haßt er mich. Ich habe ihn in der Hand, und dafür haßt er mich.«
    Sie zog an ihrer Zigarette. »Ich war so dumm«, murmelte sie. »Ich wußte schon lange, daß er mich nicht liebte. Nach der Geschichte mit Norah war ich sicher. Er hat sich mit ihr amüsiert, während ich im Krankenhaus lag.« Sie schaute weg und fügte leise hinzu: »Ich habe nie einen Mann so geliebt, wie ich Johnnie geliebt habe. Er war meine größte Liebe, und er wird meine letzte Liebe sein. Ich wußte, daß es keinen anderen mehr geben würde, nicht unter den Umständen. Deshalb bin ich zu ihm zurückgekehrt, weil ich wußte, daß ich nur noch wenig Zeit habe. Ich dachte, ich könnte mir weiterhin etwas vormachen. Ich könnte mich mit den Auseinandersetzungen und den Lügen arrangieren. Ich dachte, das wäre auf jeden Fall besser, als allein zu sein. Aber das ist es nicht.«
    Ihr Gesicht verzog sich, als wollte sie zu weinen anfangen. »Als er heute nachmittag kam, habe ich sie an ihm gerochen . Ihr Parfum. Den Sex. Er war aus ihrem Bett zu mir gekommen.«
    Sie drückte die Zigarette in einem Aschenbecher aus. Dann sagte sie: »Er kommt mir hier nicht mehr herein. Ich will ihn nicht mehr sehen. Nie mehr. Sagen Sie Jack Starling und Max Bescheid.« Ihr Gesicht wirkte eingefallen.
    Romy stand auf. »Ich hole Besen und Schaufel und kehre die Scherben auf.«
    Mrs. Plummer packte sie hastig beim Arm. »Nein. Gehen Sie nicht. Lassen Sie mich jetzt nicht allein, Romy. Ich will nicht allein sein. Noch nicht.«
    Am Samstag nachmittag besuchte Romy Jem in Pentonville und fuhr danach in die Stadt, um ein Verlobungsgeschenk für Psyche und ihren Verlobten Dave zu besorgen. Dave war ein Freund von Magnus; er und Psyche waren sich nähergekommen, nachdem Magnus nach Paris abgereist war. Sie fühlte sich schlapp und benommen, wie hinter einer Glaswand, während sie die Oxford Street hinunterging, und brauchte fast den ganzen Rest des Nachmittags, um sich endlich bei Selfridges für eine Garnitur gepunkteter Dessertteller zu entschließen. Beim Verpacken des Geschenks stellte sie sich an wie eine ungeschickte Anfängerin, und am Ende war das Papier zerknittert, und die Schleife saß schief.
    Zu der kleinen Feier am Abend trug sie einen schwarzen Glockenrock und einen anliegenden kaffeebraunen Pulli mit breitem schwarzen Gürtel. Sie schminkte sich mit großer Sorgfalt. Kleidung und Make-up waren Schutz vor der Welt. Sie dachte an Mrs. Plummer, die stets perfekt gekleidet in Hardy-Amies- oder Elizabeth-Arden-Kreationen auftrat, während sie an Krebs starb, an unglücklicher Liebe starb.
    In Psyches kleiner Wohnung drängten sich die Gäste, wer keinen Platz mehr fand, ging in den Garten hinaus. Zigarettenqualm hing in der Luft, und Romy mußte schreien,

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