Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Erbe des Vaters

Das Erbe des Vaters

Titel: Das Erbe des Vaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
Vom Netzwerk:
mein schönes Haus schon gezeigt?«
    »Ja, wir –«
    »Er liebt das Haus genausosehr wie ich.«
    »Es ist sehr schön«, sagte Romy höflich.
    »Ja. Kommen Sie, ich zeige Ihnen alles.« Bunny schob ihre Hand unter Romys Arm, als sie aus dem Wintergarten in einen der anschließenden Räume gingen. »Alles hier in Whitewaters hat Bedeutung für mich. Mein verstorbener Mann hat das, glaube ich, nie ganz verstanden. Für ihn war eine Vase eine Vase und ein Stuhl ein Stuhl. Aber für mich muß es die richtige Vase, der richtige Stuhl sein. Ich vertrage die Dissonanzen nicht, die entstehen, wenn die Dinge nicht zusammenpassen. Sie bereiten mir beinahe körperliche Schmerzen. Geht es Ihnen auch so, Romy? Muß für Sie auch immer alles genau stimmen?«
    »Äh – ich –«
    »Patrick ist da wie ich. Für ihn muß alles seine Ordnung haben, alles am richtigen Platz sein. Diese Vase da zum Beispiel –« Bunny zeigte auf eine grüne Glasvase auf einem Beistelltisch –, »die haben wir zusammen in einer Galerie in London entdeckt.
    Wir suchten gar nichts Bestimmtes, aber wir sahen sie zur gleichen Zeit und wußten, daß wir sie haben mußten.« Bunny lachte leicht. »Ich glaube, wir sagten wie aus einem Munde ›Whitewaters!‹. Ist das nicht erstaunlich?«
    Zwei große schwarzweiße Spaniel waren ins Zimmer gekommen; der eine beschnupperte Bunnys herabhängende Hand. »Nein, jetzt nicht, Clara«, sagte Bunny scharf, und der Hund winselte. »Sie haben meinem verstorbenen Mann gehört«, erklärte sie. »Jonathan hat jeden Morgen einen langen Spaziergang mit ihnen gemacht.« Wieder lachte sie. »Ich habe ihm manchmal den Vorwurf gemacht, daß er mehr Zeit mit den Hunden verbringt als mit mir. Ich meine, kein Mensch kann doch von mir verlangen, daß ich meilenweit den Strand hinauf- und hinunterstiefle.« Ihr Ton war gereizt.
    »Es ist sicher schwierig –«
    »Jonathan und ich waren siebenunddreißig Jahre verheiratet. Es ist ein ziemlicher Schock, wenn man nach so langer Zeit plötzlich allein dasteht. Ich weiß, daß es heutzutage viele Frauen gibt, die allein glänzend zurechtkommen, aber zu diesen Frauen gehöre ich nicht. Ich bin nur wirklich glücklich, wenn ich andere glücklich machen kann. Können Sie das verstehen, Romy? Und ich bin immer mit Männern besser ausgekommen als mit Frauen. Mißverstehen Sie mich nicht, ich mag Frauen durchaus –« sie drückte Romys Arm – »aber Männer scheinen sich in meiner Gesellschaft wohl zu fühlen. Und mir waren Männer, wie gesagt, immer lieber. Ich finde, sie sind direkter, ehrlicher. Wir Frauen können doch ziemlich hinterhältig und manipulativ sein, finden Sie nicht auch? Wissen Sie, wenn ich die Eigenschaft wählen müßte, die mir am wichtigsten ist, würde ich, glaube ich, Ehrlichkeit nehmen.«
    Im nächsten Raum begannen die Hunde, die ihnen gefolgt waren, im Korb mit dem Brennholz zu stöbern. Bunny sagte: »Sie dürfen nicht glauben, daß ich etwas gegen selbständige Frauen habe, Romy. Patrick hat mir von Ihrem Hotel erzählt. Sie sind sicher sehr tüchtig.«
    »Ach nein, ich –«
    »Ist es ein Familienunternehmen?«
    Romy erklärte: »Es gehörte einer Frau namens Plummer, die es mir nach ihrem Tod hinterlassen hat.«
    »Das muß für eine junge Frau wie Sie doch eine ziemliche Last sein.«
    »Ich empfinde es nicht so.«
    »Nein? Sie sind gewiß sehr fleißig.« Der Spaniel begann wieder an Bunnys Hand zu schnuppern. Sie stieß ihn mit einem kleinen Stups weg. »Lauf, Clara! – Patrick«, sagte sie an Romy gewandt, »geht völlig in seiner Arbeit auf. Die Medizin stellt hohe Ansprüche.« Die graugrünen Augen flackerten. »Unter uns gesagt, ich bin überzeugt, daß die berufliche Belastung zum frühen Tod meines Mannes beigetragen hat. Aber das würde ich Patrick natürlich nie sagen. Er kann selbst jetzt noch kaum über den Tod seines Vaters sprechen.«
    »War Ihr Mann auch Arzt, Bunny?«
    »Jonathan war im Bankgeschäft. Aber die beiden Tätigkeiten haben vieles gemeinsam. Sie verlangen beide ein hohes Maß an Verwantwortungsgefühl.« Bunny verzog den Mund zu einem Lächeln, das ihre Zähne entblößte, aber ihre Augen nicht erreichte. »Ich sage immer, daß mein Beruf meine Familie ist. Und mit einem Kind hört die Arbeit niemals ganz auf, nicht wahr? Kinder brauchen einen immer.«
    Es wurde still. Bunny hielt immer noch Romys Arm umfaßt. Der Druck ihrer Finger schien sich zu verstärken. Dann sagte sie wie nebenbei: »Sie haben ja, wie ich höre,

Weitere Kostenlose Bücher