Das Geheimnis der schönen Catherine
Ich vertraue einfach meinem gesunden Menschenverstand.«
»Unsinn!« rief Amelia aus. »Du meinst wohl, dass die übrige Welt keinerlei Verstand besitzt, wie?« Hugo senkte den Kopf. »Anscheinend nicht. Halb London glaubt bereitwillig irgendwelche Gerüchte über Diamantenminen in einer Strafkolonie – ohne jeden Beweis dafür, dass es sie gibt.«
»Hmm!« Amelia ließ sich in einen Polstersessel sinken.
»Ich habe versucht, etwas über das Mädchen in Erfahrung zu bringen. Aber meine Gewährsleute haben weder etwas von einer Diamantenmine in New South Wales gehört, noch können sie mir verraten, wann diese Miss Singleton in England an Land gegangen ist.«
»Na und? Ich bin sicher, dass eine ganze Menge Leute nach England einreisen, ohne dass man davon erfährt.« Hugo verschränkte die Finger ineinander. »Und das sind dann genau die Leute, die etwas zu verbergen haben.« Amelia schluckte. »Aber wenn Miss Singleton etwas zu verbergen hat«, meinte Thomas überrascht, »warum lässt sie sich dann als Debütantin in die Gesellschaft einführen?«
»Ja, warum tut sie das? Das versuche ich ja herauszufinden.«
»Wozu denn, wenn Miss Singleton Thomas den Laufpass gegeben hat? Warum machst du dir die Mühe – willst du, dass Thomas sich weiter um sie bemüht?« Amelia setzte sich auf. »Das willst du doch? Du möchtest, dass Thomas um ihre Hand anhält, oder? Sie hat Vermögen. Sie muss vermögend sein. Du hast irgendetwas herausgefunden, nicht wahr, Hugo?«
»Um ehrlich zu sein …«, Hugo zuckte mit den Schultern, »… es ist mir völlig egal, wen Thomas umwirbt.«
Thomas sah ihn scharf an. »Was soll das heißen?« Hugo sah seinen Neffen gedankenverloren an. »Ein Mann muss sich seine Frau selbst aussuchen. Er muss selbst entscheiden, wen er heiratet.« Triumphierend wandte sich Thomas an seine Mutter: »Siehst du, Mama!« Aber seine Mutter sah Hugo unverwandt an. »Du möchtest dir die Diamantenmine sichern. Das ist ja wohl offensichtlich.« Hugo rollte entnervt die Augen. »Mach dich nicht lächerlich, Amelia! Habe ich dir nicht gerade gesagt, dass es keine Diamantenmine gibt …«
»Ich bin mir ganz sicher, dass du Miss Singleton selbst heiraten willst«, fuhr Amelia mit wachsendem Zorn fort. »Das ist wieder mal typisch für dich. Es muss dir im Blut liegen. Du kannst es einfach nicht ertragen, dass jemand außer dir reich wird. Sogar deinen Neffen willst du ausstechen.« Hugo starrte sie verärgert an. »Rede keinen Unsinn. Wenn das Mädchen tatsächlich eine Diamantenmine besitzt, fresse ich meinen Hut. Es hat nichts damit zu tun, dass ich Thomas ausstechen will.«
»Aber …«
»Ich denke gar nicht daran zu heiraten.«
»Aber warum bist du dann so interessiert an der jungen Frau? Es sieht dir so gar nicht ähnlich, dass du dich für eine Dame der feinen Gesellschaft interessierst!« Kühl erwiderte Hugo: »Ich bin lediglich daran interessiert, den Schleier des Rätsels zu lüften, der über diesem Mädchen liegt.
Ich lasse mich nicht gerne hinters Licht führen, das ist alles.«
»Pah!« schnaubte Amelia höchst undamenhaft. »Ich glaube dir kein Wort!«
Kapitel 6
»Miss Catherine?«
»Hmm? Ja, Maggie?« Catherine war mit dem Besticken eines Ridiküls beschäftigt. Es sollte zu ihrer dunkelgrünen Pelisse passen, die nach einem exotischen Muster mit schwarzem Faden und Silbergarn bestickt war. Dazu wollte sie einen Hut aus schwarzem Satin tragen, der mit grüner Seide, schwarzen Perlen und Silbergarn verziert war. »Jemand stellt Fragen über uns.« Catherine sah auf und ließ ihr Nähzeug sinken. »Jemand? Wer?«
Zwischen Maggies Augenbrauen zeichneten sich zwei steile Falten ab. »Das weiß ich nicht.
Jedenfalls haben mehrere Männer die Dienstboten unten nach uns ausgefragt.«
»Was für Männer? Was wollten sie wissen?«
»Wann wir in London angekommen sind, mit welchem Schiff und wo wir vorher gelebt haben«, führte Maggie aus. Besorgt meinte Catherine: »Das höre ich gar nicht gerne. Für wen wären solche Auskünfte denn von Interesse?« Die Kammerzofe schüttelte nur aufgebracht den Kopf. »Ich weiß es auch nicht, Miss. Einer der Kerle hatte übrigens die Frechheit, mich auf dem Weg zum Markt anzusprechen – mich! Ich bin eine anständige Frau, und das habe ich ihm auch klipp und klar gesagt. Ich unterhalte mich nicht mit fremden Männern, und ich erzähle auch keine Geschichten über meine Herrschaft. Und einem neugierigen langen Lulatsch schon gar nicht!« Catherine
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