Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Grauen im Museum

Das Grauen im Museum

Titel: Das Grauen im Museum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
Vom Netzwerk:
sah er die einzige Möglichkeit darin, die seit langem nicht mehr benutzte Tür zu schließen, die, an die Innenwand gelehnt, noch in ihren uralten Angeln hing. Erde, Schlingpflanzen und Moos hatten die Schwelle überwuchert, so daß er erst mit seinem Schwert den Weg für das große goldene Portal freilegen mußte; beflügelt von der Angst vor dem immer näherkommenden donnernden Lärm, erledigte er diese Arbeit jedoch im Handumdrehen. Das Hufgetrappel war noch lauter und bedrohlicher geworden, als er an der schweren Tür zu ziehen begann; für einige Augenblicke erreichte seine panische Angst einen Höhepunkt, weil die uralte Tür sich seinen Bemühungen zu widersetzen schien. Doch dann gab sie quietschend nach, und er begann aus Leibeskräften zu ziehen und zu schieben. Als das Getrappel der zahllosen, unsichtbaren Tierfüße schon zu einem ohrenbetäubenden Donnern angeschwollen war, fiel die schwere goldene Tür endlich ins Schloß, und Zamacona stand in dem dunklen Innenraum, der nur vom schwachen Schein einer einzelnen Fackel erhellt wurde, die er zwischen die Säulen eines dreibeinigen Wasserbeckens geklemmt hatte. Die Tür hatte einen Riegel, und der verängstigte Mann dankte seinem Schutzheiligen, daß er sich noch vorschieben ließ. Nur anhand der Geräusche konnte sich Zamacona ein Bild davon machen, was sich draußen abspielte. Als das Getrappel noch näherkam, löste es sich in einzelne Tritte auf, als hätte der immergrüne Hain die Herde gezwungen, langsamer zu werden und sich zu zerstreuen. Aber es näherten sich immer noch Tritte, und es war offenkundig, daß die Tiere zwischen den Bäumen hindurch näherrückten und den Tempel mit seinen grauenerregenden Reliefs umzingelten. Als besonders beunruhigend und widerwärtig empfand Zamacona die vorsätzliche Bedachtsamkeit der Tritte; aber auch die Schlurf geräusche, die sogar durch die dicken Steinmauern und die schwere Goldtür hindurch zu hören waren, waren ihm gar nicht geheuer. Einmal erzitterte die Tür wie unter einem schweren Stoß bedenklich in ihren altersschwachen Angeln, hielt aber zum Glück doch stand. Nach einer Pause, die ihm wie eine Ewigkeit vorkam, hörte er dann schließlich sich entfernende Tritte und wußte, daß die ungebetenen Gäste sich zurückzogen. Da die Herde offenbar nicht sehr zahlreich war, hätte er sich wahrscheinlich schon eine halbe Stunde später wieder hinauswagen können, aber Zamacona wollte kein Risiko eingehen. Er schlug auf den goldenen Platten des Tempelbodens sein Lager auf, ohne den Riegel an der Tür zurückgezogen zu haben, der ihn vor unliebsamen Überraschungen schützte, und fiel schließlich in einen tieferen und gesünderen Schlaf, als er ihn draußen in dem gleißenden blauen Licht hätte finden können. Nicht einmal die massige Gestalt der diabolischen,
    krakenköpfigen großen Tulu-Figur aus dem unbekannten Metall störte ihn, die mit seegrünen Fischaugen glotzend in der Finsternis über ihm auf ihrem Sockel mit den monströsen Hieroglyphen hockte.
    Zum erstenmal seit dem Verlassen des Tunnels von Dunkelheit umgeben, schlief Zamacona tief und lange. Er holte sicherlich den Schlaf nach, den er während der letzten beiden Ruhepausen versäumt hatte, als der ewig gleißende Himmel ihn trotz seiner Müdigkeit wachgehalten hatte, denn während er in traumlosem Schlaf lag, legten andere Lebewesen große Entfernungen zurück. Es war gut, daß er so gründlich ausruhte, denn als er wieder aurwachte, sollten ihm viele seltsame Dinge begegnen.

    Was Zamacona schließlich aus dem Schlaf riß, war lautes Poltern an der Tür. Es drang in seine Träume und ließ alle Reste von Schläfrigkeit von ihm abfallen, sobald ihm klar wurde, was es war. Ein Zweifel war nicht möglich. Es war ein entschiedenes, menschliches, herrisches Klopfen, offenbar mit einem
    Metallgegenstand ausgeführt, kein zufälliges Geräusch, sondern eines, hinter dem ein Wille, ein Bewußtsein stand. Während der Erwachende sich mühsam erhob, gesellte sich der scharfe Klang einer Stimme zu dem Klopfen; irgend jemand rief etwas mit nicht unmelodischer Stimme, eine Formel, die Zamacona in seiner Handschrift mit »Oxi, oxi, ginathcan yca relex«wiedergab. Überzeugt, daß-es sich bei seinen Besuchern um Menschen und nicht um Dämonen handelte, und mit der Überlegung, daß sie ja keinen Grund hätten, ihn als Feind anzusehen, beschloß Zamacona, sich ihnen unverzüglich zu stellen. Kaum hatte er den alten Riegel mühsam
    zurückgezogen, als

Weitere Kostenlose Bücher