Das Herz des Bösen: Roman (German Edition)
auf ihre kecke kleine Nase verpasst hätte. Laut Namensschild hieß sie Kathy. »Aber wir sind bis nach dem Labor-Day-Wochenende ausgebucht.«
»Na, das ist ja großartig. Und was sollen wir jetzt machen?«, fragte Val niemanden Bestimmten.
»Wenn Sie möchten, kann ich für Sie bei ein paar anderen Hotels in der Gegend nachfragen«, bot Kathy sofort an und griff nach dem Telefon.
»Bitte.« Val drehte sich zu den anderen um, und die Lobby kippte nach rechts. »Es gibt offenbar ein kleines Problem.«
»Das ist mir mal in Italien passiert«, sagte James. »Ich hatte ein Jahr im Voraus Zimmer in einem fantastischen kleinen Hotel vor den Toren von Florenz gebucht. Aber als wir ankamen, erklärte man uns, dass keine Unterlagen meiner Reservierung vorlägen und wir uns ein anderes Hotel suchen müssten. Ich war stinksauer. Seitdem bin ich nicht mehr in Italien gewesen.«
»Das hast du dir jetzt ausgedacht«, sagte Melissa.
»Nun, ja«, gab James zu. »Ich dachte bloß, es wäre der passende Moment für eine aufmunternde Anekdote.«
Val seufzte, plötzlich von bleierner Müdigkeit übermannt. Sie hatte sich auf ein langes heißes Bad und vielleicht sogar eine Massage gefreut. Sie hatte jedenfalls bestimmt keine Lust, auf der Suche nach einem freien Bett von Hotel zu Hotel zu fahren. Abgesehen davon, war sie tatsächlich nicht mehr fahrtüchtig. Hatte Brianne recht? Hatte sie das mit Absicht gemacht?
Mit welcher Absicht?
»Tut mir leid«, verkündete Kathy ein paar Minuten später. »Ich hatte leider kein Glück. Wie es aussieht, sind alle Hotels in der Gegend komplett ausgebucht.«
Brianne stöhnte.
»Vielleicht gibt es in Fort Ticonderoga noch was …«
»Schon der Name klingt ominös«, sagte James.
Val schüttelte den Kopf. Fort Ticonderoga war mindestens eine Autostunde entfernt.
»Ich habe es überall versucht …«
»Könnten Sie es noch einmal versuchen?«, flehte Jennifer.
»Tut mir leid, Schätzchen«, entschuldigte Val sich bei ihrer Tochter, nachdem auch weiteres Betteln kein freies Zimmer in erreichbarer Nähe zutage gefördert hatte, »aber es sieht so aus …«
»Sag es nicht«, warnte Brianne sie.
»… als müssten wir uns das Zimmer vielleicht teilen«, sprach Val es trotzdem aus.
»Ich fasse es nicht«, murmelte Jennifer.
»Es hätte auch noch schlimmer kommen können. Es ist doch eine Suite, oder nicht?«, meinte James. »Es gibt zwei Doppelbetten und ein Sofa im Wohnzimmer.«
»Wir schlafen nicht alle zusammen«, sagte Brianne laut. »Kommt nicht in Frage. Auf keinen Fall.«
»Vielleicht wäre es an der Zeit für eine weitere aufmunternde Anekdote«, sagte Melissa zu James.
»Es muss doch noch eine andere Lösung geben«, sagte Jennifer.
»Wir können auch im Auto schlafen«, bot Val an.
»Sie schlafen nicht im Wagen«, erklärte Jennifer ihr rundweg.
»Und ich teile mein Zimmer nicht«, beharrte Brianne. »Auf keinen Fall. Kommt überhaupt nicht in Frage.«
»Glaub mir, Liebes«, sagte Val, »ich hatte mir auch etwas anderes vorgestellt.«
»Ach ja? Und was hast du dir vorgestellt?«
»Okay. Wir sollten das Ganze nicht durch Streitereien noch schlimmer machen«, sagte Jennifer und drückte Brianne an sich. »Es ist nur für eine Nacht. Es ist nicht das Ende der Welt.«
»Glaubst du«, gab Brianne spöttisch zurück.
»Nun, das kann ja heiter werden«, sagte Melissa und musterte die beiden Doppelbetten. »Was machen wir – Streichhölzer ziehen?«
»Eigentlich ist es ziemlich schräg«, meinte James.
»Du nimmst wohl am besten die Couch, James«, hörte Val Jennifer sagen, während sie sich auf das Polster konzentrierte, damit das Sofa aufhörte zu schwanken. »Melissa und Val können das eine Bett nehmen. Und wir teilen uns das andere, Brianne.«
»Ich hätte lieber das Bett am Fenster«, meldete Val sich zu Wort, während ihr Magen sich drehte. Welchen Unterschied machte es, welches Bett sie bekam? Eigentlich wollte sie sich nur dringend hinlegen, weil sie sich nicht sicher war, wie lange sie noch aufrecht stehen konnte. Fühlte sich ihre Mutter ständig so? Vergaß sie deswegen alles?
Ging es genau darum?
Und hatte sie sich in Wahrheit nur betrunken, um ihre Mutter besser zu verstehen?
»In der Not frisst der Teufel Fliegen«, sagte Brianne spitz, packte ihre Toilettenartikel aus und ging ins Bad.
»Mach nicht so lang. Es warten noch vier andere Leute«, rief Melissa ihr nach.
»Und keine SMS «, fügte Val hinzu.
Als Antwort wurde die Badezimmertür
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