Das Herz des Ritters
wiederholte sie die Worte noch einmal in der Lingua franca. »Ich will zur Moschee und Allah darum bitten, unser Land von dem ekelerregenden Gestank zu befreien, den ihr englischen Hundesöhne verbreitet.«
Der Ritter, der bisher geschwiegen hatte, hustete erstickt. Das Gesicht seines rüpelhaften Kameraden verfärbte sich dunkelrot. Mit wutverzerrter Miene trat er fluchend auf sie zu, doch ein Blick über ihre Schulter ließ ihn abrupt innehalten.
»Gibt es ein Problem?«
Sebastians volltönende, gebieterische Stimme verfehlte auch jetzt nicht ihre Wirkung. Zahirah und die Wachmänner wandten sich ihm zu. Die Ritter nahmen sogleich eine ehrerbietige Haltung ein; Zahirah hingegen stand wie erstarrt da und wagte es nicht, ihn anzublicken. Zum einen wegen des Vorfalls im Badehaus, zum anderen, weil nun offensichtlich war, dass sie sich seinem Befehl hatte widersetzen wollen.
Da keiner der Soldaten wagte, die Beleidigung der Frau, die unter dem Schutz ihres Hauptmanns stand, zu erwähnen, und beide schweigend den Kopf senkten, kam Sebastian näher. »Lasst sie passieren«, befahl er mit gelassener Stimme, worauf sie ihre Lanzen sofort aufrichteten.
Überrascht wirbelte Zahirah zu ihm herum. »Lasst Ihr mich nun doch zur Moschee gehen?«
»War das nicht Euer Wunsch?«
Obgleich er nun seinen Waffenrock trug, sah sie vor ihrem inneren Auge immer noch, wie er im Badehaus vor ihr gestanden hatte – nur ein schmales Handtuch um die Hüften geschlungen, das seine Blöße unschicklicherweise kaum verhüllte, das pechschwarze, seidig glänzende Haar und der geschmeidige Körper tropfnass. Die Erinnerung an seinen harten, muskulösen, gebräunten Körper ließ sich so wenig vertreiben wie das seltsame Flattern in ihrer Magengrube, das sie spürte, als sie seinem Blick begegnete.
Ihr war bewusst, dass sie ihn nach Verlassen des Palastes vielleicht niemals mehr wiedersehen würde. »Ja, das möchte ich«, antwortete sie und schluckte schwer.
»Nun gut.« Forschend ruhte sein Blick auf ihr, dann schenkte er ihr ein schalkhaftes Lächeln. »Seht Ihr«, sagte er mit gesenkter Stimme, sodass nur sie ihn hören konnte. »Ich bin doch kein so schrecklicher Tyrann.«
Zahirah zwang sich, die aufsteigende Wärme zu unterdrücken und kühl und gleichgültig zu bleiben. »Wenn Ihr also erlaubt, Mylord …«
Sie löste sich von seinem Blick und wandte sich den offenen Palasttoren zu, hinter denen die Freiheit auf sie wartete. Als sie den ersten Schritt machen wollte, räusperte sich Sebastian.
»Ihr könnt zur Moschee, Mylady, allerdings kann ich Euch nicht erlauben, allein zu gehen.« Ein kurzer Blick genügte, schon eilte Abdul an ihre Seite. »Abdul hat eingewilligt, Euch an meiner statt zu begleiten. Ich kann mich darauf verlassen, dass er für Eure Sicherheit sorgen wird.«
»Ich werde sie mit meinem Leben beschützen, Herr«, verkündete der freundliche Diener. Er verbeugte sich vor dem Hauptmann, dann wandte er sich Zahirah zu und ließ ihr den gleichen respektvollen Gruß zukommen. »Es ist mir eine große Ehre, Euch zum Freitagsgebet begleiten zu dürfen, Herrin.«
Obwohl es ihr zehnmal lieber war, von Abdul statt von Sebastian eskortiert zu werden, empfand Zahirah ein banges Gefühl, als sie den Palast verließen. Ihre einzige Hoffnung auf Flucht bestand nun darin, Abdul irgendwie im Gedränge der vielen Pilger abzuschütteln.
Allerdings blieb Abdul so hartnäckig an ihrer Seite wie ihr eigener Schatten.
Zahirah versuchte, ihn mit einem ausgedehnten Spaziergang durch den Souk zu langweilen. An jedem Stand blieb sie stehen und begutachtete die feilgebotenen Waren so ausgiebig, als hätte sie noch nie zuvor einen Markt besucht und könnte sich erst zum Weitergehen entschließen, wenn sie alles angefasst hatte. Sie war sich sicher, dass Abdul sich ebenso wenig für das bunte Allerlei interessierte wie sie, und versicherte ihm, dass er sich nicht verpflichtet fühlen müsse, ihr Gesellschaft zu leisten. Doch Abdul entgegnete lächelnd, sie möge sich nur so viel Zeit lassen, wie sie wolle, und folgte ihr beharrlich, ohne auch nur einmal gelangweilt zu gähnen oder ungeduldig zu werden.
Schließlich blieben sie stehen, um einem Türken zuzusehen, der seinen Affen Kunststücke vorführen ließ, und Zahirah beschloss, im dichten Gedränge unterzutauchen. Sie wartete, bis Abdul sich ganz in die lustigen Possen des Affen vertieft hatte, und stahl sich dann langsam rückwärts aus dem Kreis der Zuschauer. Doch Abdul hatte
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