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Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen

Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen

Titel: Das kupferne Zeichen - Fox, K: Kupferne Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katia Fox
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verärgert, weil sie so wenig über die Normandie wusste.
    »Die englischen Schafe geben die bessere Wolle und viel davon, mehr als andere Tiere, deshalb nehmen die Normannen unsere Schafe, um sie auf ihren Ländereien anzusiedeln. Aber irgendwie bleiben die Viecher in England trotzdem die besseren. Ich denke, das kommt von dem, was sie bei uns fressen.« Map versank für einen Moment in Gedanken. »Oder es liegt am englischen Wetter …« Er hatte seine Überlegung noch nicht ganz beendet, da mischte sich der Tuchweber ein, der sich inzwischen zu ihnen gesellt hatte.
    »Es liegt am Scheren, das die englischen Bauern besser beherrschen. Außerdem beten sie regelmäßig zu ihren Schutzheiligen, und ich will meinen, dass die Hilfe des Herrn nicht die schlechteste ist!«, erklärte Webster wichtigtuerisch.
    Walter nickte nachdenklich, und Ellen war froh, dass er sie nicht mehr so spöttisch ansah. Sie blickte kurz in den grauen Nachmittagshimmel und betrachtete dann das flache, weiteLand, das vor ihr lag. Ausgedehnte Laub- und Nadelwälder wechselten sich mit Weiden und Feldern ab, und dazwischen standen Abertausende von blühenden Apfelbäumen. Der Frühlingswind entriss ihnen die welken, zartrosafarbenen Blütenblätter und trieb sie wie ein Meer von Schneeflocken vor sich her. Hier wird es sich gut leben lassen, dachte Ellen zuversichtlich.
    »Da vorne, seht, da! Tancarville!«, rief jemand.
    Ellen streckte sich neugierig.
    In der Ferne thronte eine prächtige Burg auf einem schroffen Felsendreieck, das weit in die Seine hineinragte. Auf zwei Seiten umspülte das Wasser den Hügel, auf dem die Festung stand, und gab ihr so Schutz vor Angreifern. Die hellen, gleichmäßig behauenen Steine des Bergfrieds glänzten silbrig in der Abendsonne. Unzählige windschiefe Hütten drängten sich den Fels hinauf, als wollten sie die Burg im Sturm erobern, trotzdem ging etwas Friedvolles von diesem Anblick aus. Zwei große Handelsschiffe und viele Fischerboote dümpelten in einer kleinen Bucht unterhalb der Burg. Die Seine wurde an dieser Stelle an beiden Seiten von dichten Wäldern gesäumt. Sicher waren sie voll mit Wild und damit bevorzugtes Jagdgebiet des Herrn von Tancarville und seiner Männer.
    Alle Reisenden waren inzwischen neugierig an Deck gekommen, um ihre neue Heimat zu bestaunen. Jeder von ihnen hatte seine eigenen Hoffnungen und Ängste mitgebracht. Hier und jetzt aber sahen sie nur die Schönheit von Tancarville und waren gebannt davon.
    Im Westen tauchte die untergehende Sonne den Horizont in weiches Licht. Rosafarbene Wolken zogen wie angemalte Schafe durch den graublauen Himmel. Bald würde die Sonne am Horizont in einem Meer von Farben versinken. Nur im Norden sah der Himmel grauschwarz und bedrohlich aus, als ob sich ein Unwetter zusammenbraute.

Tancarville im Juni 1162
    W ährend Donovan sich um den Bau der Schmiede kümmerte, streunte Ellen, sooft es ging, im unteren Burghof und im Dorf herum. Sie genoss die Freuden des Sommers und ihre Freiheit, die enden würde, sobald die Schmiede fertig war. Immer wenn auf Anweisung von FitzHamlin der Dorfpriester kam, um den englischen Handwerkern etwas Französisch beizubringen, machte sich Ellen aus dem Staub. Sie hasste es, sich auch bei dem Priester als Junge auszugeben. Schließlich war er ein Vertreter Gottes, und Gott konnte man nicht narren. Immerhin schien der hagere Geistliche mit den glanzlosen braunen Augen den Unterricht ohnehin nur als eine lästige Pflicht zu empfinden. Er machte kein Hehl daraus, dass es ihm ein Gräuel war, was die Fremden mit seiner schönen Sprache anstellten, wenn sie vergeblich versuchten, nuschelnd nachzusprechen, was er ihnen doch so elegant näselnd vorsagte.
    Obwohl Donovan sie jedes Mal schalt, nutzte Ellen die Zeit lieber, den normannischen Handwerkern bei ihrer Arbeit zuzusehen. Auf diese Art schnappte sie ohnehin viel mehr auf, als sie bei dem Priester je hätte lernen können. Manchmal trieb sie sich auch am Brunnen herum, belauschte die Mägde und versuchte, ihr albernes Geschwätz zu verstehen.
    Ihr Lieblingsplatz aber war ein großer Strohballen, von dem aus sie den Platz überblicken konnte, auf dem die Pagen und Knappen an den Waffen ausgebildet wurden. Sie konnte ewig dort sitzen, einen Halm im Mundwinkel und die Beine baumelnd. Wenn die jungen Männer in kleinen Grüppchen ganz inihrer Nähe standen und über die Schwertübungen stritten, dann spitzte sie die Ohren und konzentrierte sich ganz auf die fremde Sprache.

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