Das letzte Opfer (German Edition)
für jede Kleinigkeit. Da dachte ich, oben könnte was liegen, was keiner sehen soll, alte Koffer, Reisetaschen oder sonst was von den Sachen, die in der Zeitung angeführt sind.»
Norbert erzählte weiter, am Ostermontag habe er sich unter einem Vorwand Zutritt zum Dachboden am Amselweg verschaffen wollen, aber nicht in Gegenwart von Kevin. Der Quälgeist sei ein Spitzel, wie man sich keinen besseren wünschen könne. Deshalb sei er zuerst noch einmal nach Frechen gefahren, weil Oliver sich nicht gemeldet hatte und er in Sorge um den Jungen war.
Das Fenster im ersten Stock sei nun zugedrückt gewesen. Geöffnet wurde ihm wieder nicht. Er klapperte ein paar Kneipen ab in der Hoffnung, Oliver zu finden, fuhr auch zum Friedhof ans Grab der Mutter, saß danach wieder stundenlang im Auto vor dem Haus.
Erst um elf in der Nacht sei er zurückgefahren, und obwohl es schon so spät war noch zum Amselweg, weil er jetzt sicher sein durfte, dass Markos Spitzel schlief.
«An keinem Fenster waren die Rollläden unten, vorne war alles dunkel. Ich wollte zur Rückseite, um zu sehen, ob im Schlafzimmer noch Licht brannte. Und als ich an der Garage vorbeikam, sah ich den blauen Schein hinter dem Fenster vom Arbeitszimmer. Der Computer war an. Ich hab mich noch gewundert, dass Karen im Dunkeln sitzt. Aber sie hat in der Nacht bei Margo geschlafen, wie sie mir ein paar Tage später erzählte. Marko muss im Haus gewesen sein.»
Norbert zündete sich ein Zigarette an, sprach weiter. Zu dem Zeitpunkt habe er Marko noch nicht mit Barbara in Verbindung gebracht, sondern gedacht, es seien über Ostern vielleicht Einbrecher bei den Lohmanns eingestiegen, und Marko habe seinen Urlaub unterbrochen, um sich ungestört mit Karens Aufzeichnungen zu beschäftigen oder ungesehen einige Dinge aus dem Haus zu schaffen. Nun dachte er anders. Er hatte am Ostersonntag kein Fahrzeug vor dem Haus in Frechen gesehen. Doch das bedeutete nichts. Barbara hatte ihre Schlüssel bei sich gehabt. Wer ins Haus konnte, hatte auch die Möglichkeit, sein Auto in den Schuppen zu fahren.
«Fahren wir mal hin», schlug Klinkhammer vor.
Aber Thomas Scheib wollte nirgendwohin fahren, nur wissen, woran er mit Norbert war. Er dachte unwillkürlich: Und wenn es ein Attentat auf den Papst gewesen wäre, würde Norbert versuchen, seinem Schwager auch das noch anzuhängen. Zugleich ahnte er in diesen Minuten, wo Barbaras Leiche war. Klinkhammers Stimme spukte ihm im Kopf herum. «Wohin fährt denn so ein Bengel, wenn er Mist gebaut hat?»
Stefan Leitner! Die Überführung der Leiche mochte Leitner senior übernommen haben. Dazu wäre der Knabe allein nicht fähig gewesen. Er wurde nur mitgenommen, weil Papa die Tote nicht alleine schleppen wollte. Und er war dämlich genug, sich aufs Telefon zu stürzen, als Norbert anrief. Als Norbert dann erschien, mochte Leitner senior einen Blick durch die Gardine geworfen haben. So konnte die Beschreibung des dunkelhaarigen Mannes zustande gekommen sein, der Barbara auf dem Parkplatz der Raststätte angeblich winkend entgegengekommen war. Die schwarze Jacke, die dieser Mann getragen haben sollte, hing an der Garderobe im Flur. Und Leitner senior hatte sich schon am Dienstag nach Ostern darum bemüht, Oliver auf den Heimweg zu bringen. So weit war die Sache klar.
Scheib konnte nur nicht mit Klinkhammer darüber sprechen. Für Barbara Lohmann spielte es keine Rolle mehr, ob man sie innerhalb der nächsten halben Stunde fand oder erst morgen. Für ihn dagegen zählte jede Stunde. Er musste ein paar Dinge mit Norbert klären, ehe er ihn einer Oberstaatsanwältin überließ, als Hauptbelastungszeugen, nicht als Verdächtigen. Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass er jedes zweite Jahr alleine in Urlaub fuhr. Aber Scheib wollte nicht noch eine böse Überraschung erleben und machte den letzten, für ihn verhängnisvollen Fehler.
«Das überlassen wir der Spurensicherung», sagte er. «Wenn es ein Einbruch war, können wir nicht feststellen, was entwendet wurde, dafür brauchen wir Herrn Lohmann. Ich sorge dafür, dass er auf den Heimweg gebracht wird. Weigler kann ihm eine Fahrkarte kaufen.»
«Wenn die dafür in München einen Etat haben», meinte Klinkhammer. «Wir hätten keinen. Und mit dem Zug, das dauert einen halben Tag, ehe er hier ist. In der Zeit wären wir zehnmal da.»
«Und wozu?», fragte Scheib. «Wollen Sie dreimal ums Haus laufen?»
«Da steht doch ein Fenster offen», erinnerte Klinkhammer.
«Sind Sie noch
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