Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Morden ist des Mörders Lust. Geschichten.

Titel: Das Morden ist des Mörders Lust. Geschichten. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
Vom Netzwerk:
Marmortisch vor dem Sofa lag. McElvoys Augen tanzten erwartungs­voll, als er den Einband aufschlug, um seine beachtliche Sammlung von Zeitungsausschnitten vorzuführen.
    »Das ist alles neueren Datums«, versicherte er dem Re­porter. »Hab ne ganze Dachkammer voll mit Büchern über meine ersten vier Ehen. Die werde ich wohl bald mal zum Feueranmachen verwenden. Nein, mein Lieber«, sagte er und klopfte mit einem beringten Finger auf das Album, »das ist die einzige Sammlung von Geschichten, die mir etwas bedeutet.«
    Der Reporter setzte sich zu McElvoy aufs Sofa und sah ihm über die Schulter, als er die Seiten umblätterte. Er tat das so schnell, daß Chester nur die fettgedruckten Über­schriften mitbekam.
    »MCELVOY HEIRATET ANDROIDE« oder Sinnge­mäßes verkündeten die meisten der frühen Ausschnitte. »RICHTER ERKLÄRT DIE EHE VON MCELVOY FÜR RECHTMÄSSIG« war das Thema der folgenden zwei Seiten, dazu kam »MCELVOY UND ANDROIDE BRAUT ZU FLITTERWOCHEN AUF DIE BERMUDAS GEREIST«. Dann kamen die Geschichten aus den Sonn­tagsbeilagen, das »authentische« Material von den Jung­vermählten selbst. »ICH HEIRATETE EINE ANDROIDE« und »MRS. MCELVOY ERZÄHLT« und »MCELVOY SAGT, ANDROIDE SIND BESSER ALS UNSERE MÄDCHEN«. Weitere Presseberichte beschlos­sen das Album: »MCELVOY ERWARTET MEHR EHEN MIT ANDROIDEN« und »KONGRESS DER FRAUENVERBÄNDE PRANGERT MCELVOY- HOCHZEIT AN«. Der Millionär lachte bei den letzten Ausschnitten vergnügt in sich hinein und schloß den Band mit einem Ausdruck ausgesprochener Fröhlichkeit.
    »Jawohl, Sir«, sagte er glücklich. »Würde dies nicht ge­gen alle Bände der Kongreßbibliothek eintauschen. Sehen Sie, deshalb macht’s mir nichts aus, wenn ihr Jungs mit euren Notizbüchern und Stiften anrückt. Überhaupt nichts.«
    Chester kehrte zu seinem Sessel zurück. Er räusperte sich.
    »Hm, das ist wirklich sehr freundlich von Ihnen, Mr. McElvoy. Ich meine, Sie waren diesbezüglich schon immer ein famoser Kerl, und wir von der, äh, Zunft wissen das zu schätzen.«
    »Tu ich gern«, sagte McElvoy. »Von welcher Zeitung, sagten Sie, sind Sie?«
    »Eigentlich von keiner Zeitung. Oder besser: von mehre­ren. Ich schreibe Artikel für eine Presseagentur ...«
    »Aha, verstehe. Sehr schön, sehr schön.« McElvoy rieb sich die Hände. »Wollen wir anfangen?«
    »Ja, sicher.« Chester setzte den Stift aufs Papier. »Also, ich weiß natürlich schon eine ganze Menge über Sie. Aber vielleicht können wir einfach noch mal das bekannte Ter­rain abschreiten; ich meine, daß sich da vielleicht doch noch ein neuer Gesichtswinkel ergibt.«
    »Schießen Sie los!«
    »Also, wie war das? Dies ist Ihre fünfte Ehe, natürlich …«
    »Und meine glücklichste. Notieren Sie das, Mr. Chester. Nach sechsmonatiger Ehe freut es mich, berichten zu kön­nen, daß dies bei weitem die glücklichste Ehe meiner bis­herigen Karriere ist.«
    Der Reporter notierte sich das.
    »O ja!« sagte McElvoy, und sein Gesicht glühte durch die Sonnenbräune hindurch. »Das Gescheiteste, was ich je ge­tan habe, nämlich sie bauen zu lassen. Die perfekte Frau, Mr. Chester, die ideale Gefährtin. Die Frau, von der jeder Mann träumt, mein kleines Mädchen.« Er hüpfte durchs Zimmer, um dem Reporter nachzuschenken, und nahm sich dann eine Zigarre aus der Kiste. »Ja«, fuhr er fort, wobei er zufrieden an der Zigarre sog, »sie ist das beste Mädchen auf der ganzen weiten Welt. Ich muß es ja wissen«, kicherte er, »denn ich habe sie schließlich entworfen.«
    »Ja«, sagte der Reporter ein wenig niedergeschlagen. »Das Problem ist natürlich, daß Sie diese Geschichte schon so oft erzählt haben ... und das macht’s so schwer, mit ... mit ner neuen Version zu kommen, sozusagen.«
    »Versteh ich gut, mein Junge«, sage McElvoy. »Nehme an, man hat mich schon alles gefragt, was es zu fragen gibt, oder? Also, dann lassen Sie uns mal ein bißchen nachdenken.« Er runzelte die Stirn und betrachtete einge­hend die Asche seiner Zigarre. »Sie wissen über ihre Kon­struktion Bescheid, natürlich«, sagte er.
    »Ja«, sagte Chester. »Sehr genial, klar. Aber heute schon fast so was wie’n alter Hut. Ich meine, die Sache mit der eingebauten Hingabe und all dem …«
    »Ja, ich nehme an, daß darüber hinreichend berichtet worden ist. Und über den sexuellen Aspekt. Der ist immer gut, natürlich. Das erste, was die meisten von euch Zei­tungsfritzen wissen wollen …«
    Der Reporter wurde rot. »Ich weiß darüber

Weitere Kostenlose Bücher