Das Moskau-Komplott
enttäuscht.«
»Natürlich bist du. Die Frage ist nur, ob du wirklich willst, dass ich noch mal bei einem Unternehmen mitmache. «
»Warum sollte ich nicht wollen?«
»Weil deine schöne, frisch angetraute italienische Braut eventuell etwas dagegen hat.« Sie rückte die dünnen Träger ihres Sommerkleids zurecht. Die Art, wie sich ihre Brüste darunter abzeichneten, konnte selbst das treuste Auge auf Abwege führen. »Weißt du, für einen Mann mit deinen Talenten verstehst du erschreckend wenig von Frauen.«
»Das gleiche ich auf andere Weise aus.«
»Mit deinem stets tadellosen Erscheinungsbild?«
»Zum Beispiel.«
Sie starrte ihn einen Moment lang wie einen begriffsstutzigen Schüler an. »Chiara will mich ganz bestimmt nicht mehr im Außendienst sehen.«
»Du warst doch Gast bei unserer Hochzeit.«
»Einer der schlimmsten Tage in meinem Leben. Und das will etwas heißen, denn ich habe einige schlimme Tage erlebt.«
»Aber jetzt bist du über mich hinweg?« »Kein Spur von Interesse mehr.«
Ein japanisches Touristenpaar trat zu ihnen und bat Sarah in gebrochenem Englisch, begleitet von schüchternen Gesten, ein Foto von ihnen zu machen. Sie kam ihrer Bitte nach, sehr zu Gabriels Missfallen.
»Hast du den Verstand verloren?« »Was habe ich denn getan?«
»Was, wenn in der Kamera eine Bombe versteckt gewesen wäre?«
»Wer würde denn eine Bombe in einer Kamera verstecken?«
»Wir
zum Beispiel.«
»Wenn es so gefährlich war, warum hast du mich dann machen lassen?«
»Weil die beiden offensichtlich harmlose japanische Touristen waren.«
»Woher wusstest du das?«
»So etwas spüre ich.«
»Hast du es ihnen angesehen?«
»Ja, ich habe es ihnen angesehen.«
Sie lachte. »Pass bloß auf, Gabriel. Sonst könnte es passieren, dass ich mich wieder in dich verliebe.« »Und das könnten wir nicht gebrauchen.« »Nein.«
Gabriel ließ den Blick durch den Garten schweifen und fragte sie, wie viel Carter ihr gesagt hatte.
»Nur, dass du hinter Iwan Charkow her bist.« »Weißt du viel über ihn?«
»Offiziell kümmert sich das CTC nicht um ihn, obwohl es das wahrscheinlich tun sollte. Den Krieg mit dem Irak haben wir zum Teil deshalb angefangen, weil wir befürchtet haben, Saddam könnte die Terroristen mit modernen Waffen oder sogar mit Massenvernichtungsmitteln ausstatten. Aber Terroristen brauchen keine Staaten wie den Irak, um an ihre Waffen zu kommen. Sie können sich auch an nichtstaatliche Akteure wie Charkow halten. Wenn der Preis stimmt, verkauft er ihnen, was sie wollen, und lässt es ihnen über einen seiner Kunden in Afrika oder Lateinamerika zukommen.«
»Du hast dein Handwerk offensichtlich gut gelernt.«
»Ich hatte gute Lehrer.« Sie schlug ein Bein über das andere und strich die Falten ihres Kleides glatt. »Wofür brauchst du mich diesmal?«
»Präg dir die CIA-Akten über Iwan und sein Netzwerk ein und lies alles, was du über Mary Cassatt bekommen kannst. Alles Übrige wird dir Adrian erzählen.«
»Charkow und Cassatt? Nur ein Allon-Unternehmen kann mit einer solchen Kombination aufwarten.« Sie setzte ihre Sonnenbrille wieder auf »Heißt das, dass ich wieder verdeckt für dich arbeiten muss?«
»Ganz recht.« Schweigen legte sich zwischen sie, drückend wie die Mittagshitze. »Wenn du nicht willst, sag es mir einfach, Sarah. Du hast weiß Gott schon mehr als genug getan.«
Sie sah ihn an und lächelte. Es war ein tapferes Lächeln, dachte Gabriel. Eines von der Art, das nicht auf das ganze Gesicht übersprang.
»Und mich um den ganzen Spaß bringen?« Sie fächelte sich mit ihrem Buch theatralisch Luft zu. »Im Übrigen würde ich so ziemlich alles tun, um ein paar Tage hier rauszukommen. Washington ist im Sommer unerträglich.«
27 London
Das Haus Nummer 7 in der Mornington Terrace war ein rußgeschwärzter Wohnblock aus der Nachkriegszeit mit Blick auf die Gleisanlagen der Euston Station. Als Gabriel den Klingelknopf von Wohnung 5C drückte, öffnete sich die Tür einen Spaltbreit, und ein Paar graue Augen musterte ihn kühl über die Vorlegekette hinweg. Sie schienen nicht erfreut, ihn zu sehen. Das waren sie selten.
Von der Kette befreit, schwang die Tür auf, und der Spalt weitete sich zu gastfreundlicherer Breite. Gabriel trat ein und schaute sich um: eine triste Einzimmerwohnung mit rissigem Linoleumfußboden und Möbeln vom Flohmarkt. Der Mann, der darin wartete, sah aus, als sei er versehentlich in die Wohnung geraten. Er trug einen
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