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Das Multiversum 2 Raum

Das Multiversum 2 Raum

Titel: Das Multiversum 2 Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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ganzen Komplex gab es eine starke militärische Prä-
    senz. Man hatte sich förmlich eingegraben. Rund um die Uhr pa-trouillierten Streifen und gepanzerte Fahrzeuge. Es waren ständig Helikopter im Einsatz, die die Luft mit ihrem Rattern erfüllten, und Staffeln von Jagdflugzeugen fegten in Wellen durch den blauen Himmel.
    Bis zu einem gewissen Ausmaß war diese Schau militärischer Stärke, als ob Menschen die Gaijin mit ihrer Militärtechnik hier festzuhalten vermocht hätten, eine Botschaft an die Weltöffentlichkeit. Schaut her: Wir verhandeln mit diesen Typen auf der Basis der Gleichberechtigung. Wir haben die Lage unter Kontrolle.
    Wir haben nicht kapituliert … Madeleine hatte sogar gehört, dass hochrangige Militärs die Gaijin als ›Pappkameraden‹ und ›Zinnsoldaten‹ bezeichneten und um die Genehmigung baten, ihre Kriegsspiele bezüglich hypothetischer Angriffe der Gaijin fortzusetzen.
    Aber sie kannte den Krieg selbst gut genug, um zu wissen, dass die Menschen in einen militärischen Konflikt mit den Gaijin auf jeden Fall den Kürzeren ziehen würden. Allein schon mit der ana-chronistisch anmutenden Strategie, die Metropolen der Welt mit Gesteinsbrocken aus dem All zu bewerfen, würden sie wohl den Sieg erringen. Die nüchtern denkenden Militärs mussten also gewusst haben, dass die Menschheit keine andere Wahl hatte, als sich zu arrangieren.
    In der Nähe der Gaijin-Unterkunft war ein dunkler Fleck auf dem Beton: Er stammte anscheinend von einem beinahe geglückten Angriff auf die Gaijin, einem Zwischenfall, der nie an die breite Öffentlichkeit gedrungen war. Zum Glück hatten die Gaijin 151
    nicht in menschlicher Manier auf diesen Vorfall reagiert und Ver-geltung geübt. Das machte Madeleine bewusst, dass das Militär hier in zwei Kategorien dachte: Die Menschheit vor den außerirdischen Besuchern zu schützen und umgekehrt.
    Sie stand auf dem sonnendurchglühten Beton und schaute zum Himmel empor. Selbst in der Helligkeit des mediterranen Tags sah sie die geisterhaften Konturen von Blumen-Schiffen mit den riesigen Schlünden, die am Himmel über der Erde ihre Bahn zogen.
    Bei diesem Anblick erschien die Vorstellung, dass Menschen die Gaijin einzudämmen, sie in einen Dialog zu verwickeln und die Situation zu kontrollieren vermochten, lachhaft.
    ■
    Sie mussten sich mit Overalls, Überschuhen und Mützen aus Papier ausstaffieren und wurden durch eine Luftschleuse geführt.
    Man sagte Madeleine, dass die Gaijin-Herberge die Sauberkeitsstan-dards eines Operationssaals erfüllte.
    Das Innere dieses quaderförmigen Gebäudes mutete ebenso sak-ral wie minimalistisch an: Es war still, das Licht war gedämpft, und Leute in Uniform schlichen in einer andächtigen Atmosphäre herum.
    Die Kirchenanalogie passte, sagte Madeleine sich. Weil die Gaijin nämlich um einen Besuch des Papstes gebeten hatten.
    »Und anderer Religionsführer natürlich auch«, sagte Dorothy Chaum, als sie Madeleine die Hand schüttelte. »Seltsam, nicht?
    Wir hatten uns immer vorgestellt, dass die Aliens schnurstracks zu den Wissenschaftlern vom Schlag eines Carl Sagan gehen und versuchen würden, uns von der Religion und anderen Krankheiten unsres primitiven Geists zu ›heilen‹. Aber das ist ganz und gar 152
    nicht der Fall. Sie scheinen mehr Fragen als Antworten zu haben …«
    Chaum war Amerikanerin und katholische Priesterin, die gleich nach der Entdeckung der Gaijin vom Vatikan den Auftrag bekommen hatte, sich mit diesem Fall zu befassen. Sie war eine korpulente, intelligent wirkende Frau mit graumeliertem Haar und schien um die fünfzig zu sein. Madeleine war baff, als sie erfuhr, dass sie schon über hundert war. Offensichtlich war der Vatikan imstande, seinen Leuten die besten lebensverlängernden Behandlungen zu er-möglichen.
    Sie gingen zu großen, durch Vorhänge abgeteilten Buchten. Der Vorhang war eine milchige Wand, die sich von der Decke des Ge-bäudes zum Boden und von einer Wand zur andern zog.
    Und dort – hinter dem Vorhang, in Licht getaucht – war ein Gaijin.
    Eine Maschine, kein Lebewesen: Das war ihr erster Eindruck. Sie erkannte den berühmten Dodekaeder-Kern. Er war an den Kanten verstärkt – vermutlich, um der irdischen Schwerkraft zu widerstehen – und lag auf einer Art Lafette. Eine Anzahl von Instrumenten, Kameras und Sensoren ragten aus der Hülle des Zwölffläch-ners, und die Hülle selbst war mit feinen stachligen Drähten überzogen. Drei große Roboterarme mit jeweils zwei oder drei

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