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Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)

Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)

Titel: Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heiko Rolfs
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den Fuß so gut es ging zu entlasten. Sie
kühlte ihn mit Schnee und zog den Strumpf wieder an.
    Eine weitere Stunde schleppte sich das erschöpfte Mädchen am
Mainufer entlang, ohne auf eine Menschenseele zu stoßen. Sie fror jämmerlich
und die Schmerzen im Fuß verschlimmerten sich mit jedem Schritt. Trotzdem
kämpfte sie sich verbissen vorwärts.
    Das Schneetreiben setzte wieder ein. Bald war sie am Ende
ihrer Kräfte und konnte sich nicht mehr aufrecht halten. Sie brach in die Knie
und kroch verzweifelt weiter. Nur nicht stehen bleiben, sagte sie sich
immer wieder, ohne die Lippen zu bewegen, nur nicht stehen bleiben . Sie
wusste, wie leicht sie in ihrem Zustand erfrieren konnte, wenn sie einfach
liegen blieb.
    Irgendwann spürte sie ihre Füße nicht mehr. Es schienen
gefühllose Eisklumpen geworden zu sein. Auch der Schmerz im verstauchten
Knöchel war gewichen. Sie fühlte sich so schwach und müde, dass sie sich nur
noch fallen lassen wollte, einfach nur schlafen. Der Gedanke wurde immer
verlockender.
    Aber ihr Wille trieb sie weiter voran. Sie raffte sich
wieder auf und stolperte vorwärts, nur die nächsten sechs Fuß Weges vor sich
fixierend, ohne nach links oder rechts zu sehen. Plötzlich tauchten vor ihr wie
aus dem Nichts ein paar große Filzstiefel auf. Völlig erschöpft taumelte sie
darauf zu. Dann brach sie zusammen.
         
    *
        
    Als Line erwachte, war sie zunächst völlig orientierungslos.
Sie hing mit dem Kopf nach unten und schaute auf einen dunklen, wollenen
Mantel, unter dem abwechselnd zwei pelzgefütterte Filzstiefel auftauchten und
wieder verschwanden. Rechts sah sie eine Hand, die im Rhythmus der Schritte
zwei erlegte Hasen hin und her schwenkte.
    Ihre Beine wurden an den Oberschenkeln festgehalten und ihre
Arme hingen kraftlos herunter. Ab und zu tauchte ein struppiger Hund in ihrem
Gesichtsfeld auf, der sie pausenlos zu umrunden schien.
    Line begriff, dass sie von einem Mann getragen wurde, der
sie sich wie ein erlegtes Wild über die Schulter geworfen hatte. Der Fremde
summte leise vor sich hin, als hätte er einen guten Fang gemacht.
    Panik stieg in ihr auf. Wer war dieser Kerl und was hatte er
mit ihr vor? Dann versuchte sie sich zu beruhigen. Wenn der Mann Böses im
Schilde führte, hätte er leichtes Spiel mit ihr gehabt und brauchte sie nicht
erst irgendwohin zu schleppen.
    Plötzlich überlief es sie eiskalt. Was, wenn der Mann ein
Wegelagerer war und sie als willkommene Beute ansah, die er vielleicht mit
seinen Spießgesellen teilen wollte?
    Sie schob die fruchtlosen Gedanken beiseite. Ihr blieb
ohnehin nichts anderes übrig, als sich zunächst in ihr Schicksal zu fügen und
abzuwarten, was passierte. So tat sie einfach, als wäre sie noch besinnungslos,
regte sich nicht und gab keinen Laut von sich.
    Plötzlich schlug der Hund an und entfernte sich freudig
bellend.
    „Herrgott im Himmel, wen bringst du denn da an, Wendel?“,
rief kurz darauf eine Frauenstimme und Line atmete erleichtert auf. Also war es
keine Bande von Halunken, die auf sie warteten. Sie roch Rauch, wahrscheinlich
waren sie an der Hütte des Fremden angekommen.
    „Zwei Hasen“, antwortete ihr Träger mit dunkler,
volltönender Stimme. „Ach ja“, fügte er hinzu, „und ein verirrtes Reh, dass ich
im Wald gefunden habe.“ Der Mann lachte etwas verlegen.
    „Oh ja, Rehbraten!“, rief eine Kinderstimme etwas gedämpft,
woraus Line schloss, das sich das Kind im Haus befinden musste. Jetzt war sie
sich ganz sicher, keinem Wegelagerer in die Hände gefallen zu sein.
    Schnelle Schritte tapsten auf Holzdielen, die plötzlich
verstummten. „Das ist ja gar kein Reh“, stellte enttäuscht dieselbe
Kinderstimme fest.
    „Was hast du mitgebracht, Papa?“, rief eine noch hellere
Kinderstimme, die von einem kleinen Mädchen zu stammen schien.
    „Vater hat zwei Hasen und eine Jungfer erlegt“, antwortete
die erste Stimme altklug.
    Der Mann lachte dröhnend. Dann trug er Line über die
Türschwelle in einen halbdunklen Raum und legte sie vorsichtig auf eine Bank.
    Line beschloss jetzt langsam aufzuwachen und öffnete die
Augen. „Wo bin ich?“, fragte sie und schaute in ein freundliches, offenes
Gesicht.
    „In meinem Haus“, antwortete der Mann, „ich bin Wendel, der
Wildhüter. Das sind meine Frau Änne und meine beiden Kinder Gretchen und Peter.
Hab keine Angst, kleines Mädchen, hier bist du in Sicherheit.“
    Instinktiv wusste Line, dass der Mann vertrauenswürdig war.
Zwar störte es sie

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