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Das Orakel von Antara

Das Orakel von Antara

Titel: Das Orakel von Antara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Galen
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überschätzt und daher schnell ein Opfer dieser Selbstüberschätzung werden würdest. Du magst die Handhabung der Waffen bereits meisterlich betreiben, doch noch fehlt die Weisheit, sie auch sinnvoll einzusetzen. Erst wenn du dich selbst so beherrschst wie deine Waffen, bist du dem gewachsen, was auf dich wartet.“
     
    Schmollend hatte sich Yorn gefügt, doch seine Unzufriedenheit hatte Nith nicht berührt. Doch langsam begann der Unterricht des Priesters und der Ältesten seine Wirkung auf Yorns ungestümes Wesen zu zeigen. Die Weisheit seiner Lehrer hinterließ ihre Spuren, und mit immer mehr Faszination folgte er den Worten Niths, die ihm die Mythen und Mystiken seiner Welt darlegten.
    Immer tiefer wurde Yorns Verständnis für die Abläufe der Natur und ihren Einfluss auf die Menschen, und auch sein Blick für die Menschen selbst, für ihre Stärken und Schwächen, weitete sich. Und mit dem wachsenden Verständnis wurde Yorn ruhiger, verlor er die jugendliche Ichbezogenheit, wurde reifer und nachsichtiger. Doch nicht nur die Lehren Niths und der Alten bewirkten diese Veränderung, auch der Einfluss Revens und Kandons zeigte seine Wirkung.
    Kandon hatte sich von Anfang an eng an die Brüder angeschlossen. War es zuerst nur der Befehl Niths und das Gefühl von Schuld Yorn gegenüber gew esen, so hatte der Hüne doch bald eine herzliche Zuneigung zu ihnen gefaßt, die sich durch seine wachsende Bewunderung für Yorn nur noch steigerte.
    Bald sah man die drei kaum noch allein. Fand man den einen, konnte man gewiss sein, dass die anderen beiden nicht weit waren. Kandons sanftes Wesen stand ganz im Gegensatz zu seiner mächtigen Gestalt, und die Gutmütigkeit des Riesen dämpfte oft Yorns Spottlust, dessen rascher Verstand gern die kleinen Schwächen seiner Mitmenschen als Zielscheibe für Neckereien nahm. Wie Yorns Körper war auch sein Geist von äußerster Wendigkeit.
    Der einzige, den er mit seinen Hänseleien und Spitzfindigkeiten nicht aus der Fassung bringen konnte, war Nith, der es ihm mit gleicher Münze und noch einem Draufgeld hei mzahlte.
    Selbst die Männer des Ältestenrats brachte Yorn manchmal in Ve rlegenheit, wenn seine Wortgewandtheit und seine verblüffende Logik sie mit Fragen konfrontierte, auf die sie nicht vorbereitet waren.
     
    So kam der Tag, an dem Nith die Ältesten zusammenrief. „Fünf Jahre sind nun vergangen, seit die Götter Waskors Sohn zu uns zurückgesandt haben“, sprach er, „und ich glaube, für uns alle waren diese Jahre eine Zeit der Freude und der wiedererwachenden Hoffnung. Ich denke, dass nun der Tag gekommen ist, an dem Yorn erfahren muss, was das Schicksal ihm auferlegt hat. Er ist unter unserer Leitung weit über sein Alter hinaus gereift, und Klugheit und Überlegung bestimmen nun sein Handeln. Auch werden wir keinen Mann in unserem Volk finden, der ihn im Kampf besiegen könnte. Wir haben ihm mitgegeben, was in unserer Macht stand, ihn für seine schwere Aufgabe zu rüsten. Nun muss er sich ihr stellen, um entweder zu siegen oder den Untergang der Antaren zu vollenden.
    Ich habe darum beschlossen, ihm am Tage Saadhs, seines Schirmherrn, den Spruch des Orakels zu verkünden. Wenn er ihm folgen will - und das wird er -, sollten wir ihm die G efährten zu Seite stellen, die ihn all die Jahre treu begleitet haben: Reven und Kandon. Wir werden sie dazu kaum zwingen müssen. Ich glaube sogar eher, dass wir sie mit Gewalt daran hindern müssten, Yorn zu folgen. Wenn ihr also damit einverstanden seid, werden wir sie am Tag nach dem Fest aussenden.“
     
    Die Ältesten stimmten sofort zu, denn im Gegensatz zu dem stets überkritischen Nith waren sie schon längere Zeit der Ansicht gewesen, dass Yorn für seine Aufgabe bereit war.
    Nith hielt die Vorbereitungen für die Abreise der drei Gefährten geheim, und so waren sie völlig ahnungslos, als der Priester sie am Nachmittag des Festes in die Versammlungshalle rief. Verwundert sahen die drei, dass Nith wieder das rituelle Gewand trug, das er am Morgen nach der Ehrung Saadhs abgelegt hatte. Die Gesichter der zu seinen Seiten sitzenden Ältesten zeigten denselben feierlichen Ernst wie das des Priesters, als er die jungen Männer nun zum Näherkommen aufforderte.
     
    „Ich sagte dir dereinst, Yorn, dass ich den Zeitpunkt bestimmen würde, an dem du das Geheimnis um deine Geburt erfahren sollst“, begann Nith. „Nun, es ist so weit! Und da auch deine Freunde davon betroffen sind, sollen auch sie hören, was ich dir nun

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