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Das Schloss Im Moor

Titel: Das Schloss Im Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Achleitner
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Hasensaß und freute sich unbändig, als er die Arrangements zur Quartierung
wahrnahm. Besser hätte die anfangs heillose Geschichte sich nicht gestalten können. Und für sein
Vergnügen war durch Anwesenheit der pikanten Dame vortrefflich gesorgt. Er wird sich ihr selbstverständlich widmen,
weil sonst niemand da ist; Mama blieb ob ihrer Blindheit außer Betracht, Olga ist, wahrscheinlich wegen der Verhaftung
Hodenbergs, unzugänglich, also muß sich Theo opfern, und solche Aufopferung kann unter diesen Umständen in
keiner Weise auffallen.
    Glatt wickelte sich der Empfang am nächsten Morgen auf der Bahnstation ab; Fräulein Senta war hinreißend
liebenswürdig, ohne die befürchtete lästige Vertraulichkeit zu bekunden. Die Kleidung allerdings elegant, viel
zu auffallend für die Kreise in der Moorgegend, aber fesch, das ganze schlanke Persönchen entzückend. Theo
lachte das Herz bei diesem Anblick, und alle guten Vorsätze, wie der Gedanke an Benedikte Zankstein, verflüchtigten
sich mit rasender Eile.
    Im Wagen stotterte der junge Schloßherr die Information für Senta hervor; er hatte doch große Angst,
daß die Dame den Einführungsschwindel mit sittsamer Entrüstung zurückweisen werde. Senta zeigte sich
aber keineswegs entrüstet, sie lachte und fand das Komödienspiel famos, viel Vergnügen versprechend. Den
Wiener Dialekt spottend, fragte Senta: »Soll ich die Jungfrau von ›Allesans‹ spielen?«
    Der kecke Blick wie die anzügliche Frage verstimmten Theo, der als junger Mann wohl zu einem tollen Streich
gelegentlich gern bereit war, aber im Banne einer guten Erziehung doch vor Banalitäten zurückschreckte. Das
Persönchen war gewiß eine willkommene Reisebekanntschaft in Triest, nicht aber im sittsamen Schloß Ried.
Theo wurde einsilbig auf der Fahrt nach Hause und vergaß auch, der schönen Dame das von Wurm empfohlene Reisegeld
zuzustecken. Fräulein Camacero merkte sofort die Verstimmung und nahm sie als Warnung vor forciertem
Drauflosmarschieren; der junge Schloßherr schien ihr noch ein unverdorbener Grünschnabel zu sein, dem die Schneid
fehlte, und der sich vor Damengunst einstweilen noch fürchtete. Einlenkend meinte Senta unter bezauberndem
Augenaufschlag, daß Herrn Tristner wahrscheinlich der Wiener Dialekt nicht gefalle, und damit habe der Schloßherr
ganz recht, sie werde diesen Dialekt nie mehr gebrauchen, um sich nicht die Ungnade des allerhöchsten Herrn zuzuziehen.
»Ich würde tiefunglücklich sein und schwer darunter leiden! Kein Mann hat bisher so tiefen Eindruck auf mein
Herz gemacht, das dürfen Sie mir glauben! Mein Herzblut gäbe ich freudig hin, wenn es nötig wäre zu Ihrer
Glückseligkeit!« flüsterte Senta und drückte Theos Hand.
    »Zu gütig! Ich bin ein solches Opfer nicht wert!« sprach Theo leisen, bebenden Tones, rasch versöhnt
und die Worte für tief empfundene Wahrheit nehmend.
    Das elegante Juckergespann fuhr in den Schloßhof, mit schnellem Blick erkannte Theo, daß Mama mit Olga im
Garten weilte, Empfang und Begrüßung also zur Bequemlichkeit der Mutter dort stattfinden mußte. Der Dame
beim Aussteigen helfend, flüsterte Theo Senta zu: »Mama ist erblindet! Bitte folgen Sie mir in den
Park!«
    »Immer zu Ihren Diensten! Besuchen Sie mich bald, ja!« lispelte sie und schritt an Theos Seite in den
Garten.
    Verletzend frostig verhielt sich Olga bei der Vorstellung, doch Fräulein Camacero ignorierte den eisigen Empfang und
widmete alle Aufmerksamkeit der alten Dame, der sie die Hand küßte und mit bewegten Worten für die Gnade,
einige Zeit im Schlosse weilen zu dürfen, dankte.
    Wohl wehrte Frau Helene solch demütiger Huldigung, der Ton echtklingender Bescheidenheit machte aber doch Eindruck
auf die blinde Matrone, die Fräulein Senta herzlich willkommen hieß und sogleich ins Gespräch zog. »Sie
sind die Kusine meines Verwalters, das ist eine sehr gute Empfehlung! Herr Wurm ist ein ausgezeichneter Verwaltungsbeamter,
der mein volles Vertrauen genießt. Ich hoffe, Sie werden sich bei uns heimisch, zu Hause fühlen. Wenn Sie sich
etwas eingewöhnt haben werden, bitte, widmen Sie ab und zu ein Viertelstündchen einer alten blinden Frau, die Ihnen
dafür dankbar sein wird. Sonst aber bleiben Sie völlig Herrin Ihrer Zeit.«
    Wieder küßte Senta der Matrone die Hand und gelobte tiefste Dankbarkeit.
    Da Olga sich entfernt hatte, übernahm es Theo, das Fräulein ins Schloß zu führen, Mama blieb im
Gartenstuhl sitzen, wo sie

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