Das Spiel beginnt - Lost Souls ; Band 1
Pechfackel war, die an der Wand hinter ihm hing. Ihr Ruß hatte bereits den Felsen über ihr geschwärzt.
»Alles in Ordnung?«
Nathan wirbelte herum und sah Professor Felicima vor sich stehen. Sie trug die gleiche khakifarbene Kleidung wie auf dem Foto, das Nathan gefunden hatte.
»Ich hab Platzangst. Weiß auch nicht, warum.« Nathan konnte sich kaum auf den Beinen halten. Er sah sich um. »Ich bin eigentlich noch nie in einer Höhle gewesen. Und ich hatte auch noch nie das Bedürfnis, eine zu erkunden.«
»Das tut mir leid. Aber es war der einzige Ort, an dem ich mich mit dir treffen konnte.«
»Wirklich?« Nathan schüttelte den Kopf und wieder spürte er die Orientierungslosigkeit wie einen Wirbelsturm in sich. »Ich kann mir nämlich Hunderte von anderen Orten vorstellen, an denen wir uns hätten treffen können.« Er sah sie an. »Aber andererseits hab ich ja auch nicht ahnen können, dass wir uns sehen würden.« Die Wut und den Schmerz, die plötzlich über ihn kamen, konnte er nicht unter Kontrolle halten. Den Ärger rauszulassen, war allerdings viel einfacher, als mit dem Schmerz umzugehen.
Sie spitzte die Lippen und nickte. »Ich habe getan, was ich konnte, Nathan. Ich konnte nicht früher mit dir sprechen.«
»Woher weißt du, wie ich heiße?«
»Peter und ich haben deinen Namen gemeinsam ausgesucht. Ehrlich gesagt bin ich überrascht, dass er dich tatsächlich Nathan genannthat. Es war der einzige Name, auf den wir uns einigen konnten, aber es war nicht der, den er wirklich wollte. Ich glaube, einen Großteil deiner Dickköpfigkeit hast du von deinem Vater.«
Die Felswand fühlte sich rau unter Nathans Händen an.
»Wie tief sind wir unter der Erde?«
»Etwa neun Meter. Hier unten müssten wir sicher sein.«
Er sah sie an. »Sicher? Wovor?«
»Vor den Seelengeiern, zum Beispiel. Und in den Frequenzen gibt es noch viele andere Lebewesen, die dir gefährlich werden könnten.«
»Das hat der Affe auch gesagt.« Nathans Wut hielt an. »Ich habe es langsam satt, dass die Leute – und Affen – zwar mit mir sprechen, aber nicht wirklich auf meine Fragen antworten.«
»Kukulkan wird dir die Antworten geben, nach denen du suchst, Nathan. Wir anderen sind dazu da, dir dabei zu helfen, dich durch die Frequenzen zu bewegen und dich zu lehren, mit deiner Gabe umzugehen.«
Nathan sah sie an und wünschte sich, er könnte einfach zu ihr hinlaufen und sie umarmen. Das war doch das Gefühl, das er empfinden sollte. Aber so war es nicht. Sie war ihm völlig fremd.
»Bist du wirklich meine Mom?«
Tränen glitzerten in ihren Augen und Nathan war selbst überrascht, dass es ihm leidtat, ihr wehgetan zu haben.
»Ja.« Sie nickte. »Ja, das bin ich.«
»Warum …?« Nathans Stimme schlug unerwartet um.
»Warum so viele Jahre vergangen sind, bis du mich sehen konntest?«
»Ja.«
Sie lächelte ihn an. »Ich habe dich oft gesehen, Nathan. Von der Zeit an, als du noch ein Baby warst, bis heute. Ich bin immer bei dir gewesen. Aber du konntest mich nicht sehen.«
»Und warum nicht?«
»Weil … Der Tod befindet sich in einer anderen Frequenz. Auf alle Fälle bin ich nicht mehr in der Lage, auf deine zuzugreifen.«
»Der Affe hat mir von den Frequenzen erzählt.«
»Ja.« Seine Mutter schlang die Arme um sich. »Du musst dir die Frequenzen wie Welten vorstellen, Nathan. Es gibt deine Heimatfrequenz, also die Welt, in der du lebst, und andere Welten – die Frequenzen – die sich ein bisschen von der deinen unterscheiden, vergleichbar vielleicht mit Aufzeichnungen, bei denen Einzelheiten weggelassen worden sind. Doch manchmal sind sie auch vollkommen anders. Ich weiß es selber nicht genau. Ich habe nur von Kukulkan und anderen davon gehört.«
Nathan war fasziniert. Auch in einigen der Videospiele, die er spielte, und in seinen Graphic Novels kamen solche Themen vor. In den Naturwissenschaften gab es eine ganze Sammlung an Theorien zu unterschiedlichen Welten. Und im letzten Star-Trek-Film wurde eine völlig neue Zeitlinie für die Vorgeschichte geschaffen.
»In deine Frequenz kann ich mich jedenfalls nicht hineinbewegen.« Professor Felicima klang betrübt. »Sie ist mir verschlossen.«
»Weil –« Nathan unterbrach sich.
»Weil ich tot bin, ja.«
»Wie bist du denn gestorben?« Noch nie hatte Nathan eine befriedigende Antwort auf diese Frage bekommen.
Professor Felicima schüttelte den Kopf. »Für diese Frage ist jetzt keine Zeit. Über die Vergangenheit können wir später sprechen. Jetzt ist
Weitere Kostenlose Bücher