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Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)

Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Maly
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herausfinden können?«, fragte sie neugierig.
    »Es handelt sich tatsächlich um einen fehlenden Teil, der zu dem Reisetagebuch gehört, das Euer Vater Euch geschickt hat.«
    Das war für Jana nicht neu. Sie wollte mehr wissen.
    »Was steht in dem Buch?«
    »Ihr seid mit Abstand die ungeduldigste Frau, die mir je begegnet ist«, sagte Pfeiffer. Er legte beide Bücher vor Jana ins weiche, moosige Gras und schlug sie an Stellen auf, die er zuvor mit Nussblättern gekennzeichnet hatte.
    »Seht her, die Bücher sind von ein und derselben Person geschrieben worden, das beweist uns die Schrift. Der Schreiber hat eine recht eigenwillige Art, seine Großbuchstaben mit kleinen Schlingen zu versehen.« Jana nickte. Das war ihr aufgefallen, als sie versucht hatte, den ersten Teil zu lesen.
    »Hier, an dieser Stelle, endet der Text mitten im Satz«, fuhr Pfeiffer fort und wies mit seinem langen, schlanken Zeigefinger auf eine Textzeile. Mit dem Zeigefinger der anderen Hand deutete er auf eine Stelle in dem anderen Buch: »Und an dieser Stelle wurde genau dieser Satz fortgesetzt. Ersetzt man die Buchstaben nun mit den Buchstaben aus dem Schlüssel, den Euer Vater schon herausgefunden hat, ergibt beides zusammen Sinn. Ich glaube, der Schreiber hat beide Manuskripte zur selben Zeit angefertigt, denn seht nur, an dieser Stelle verwendet er minderwertige Tinte, die auf dem Untergrund zerläuft, und im anderen Buch ist es genauso. Wenige Seiten später schreibt er in beiden Büchern mit teurer schwarzer Tinte. Hier könnt Ihr es besonders gut sehen.«
    Er drehte beide Bücher zu Jana hin um, damit sie sich von seiner Aussage überzeugen konnte.
    »Ihr habt recht«, erwiderte sie staunend und freute sich wie damals als kleines Mädchen, als sie Tante Radomilas Versteck der Honigtöpfe gefunden hatte.
    »Könnt Ihr den Text nun lesen?«, fragte sie erwartungsvoll.
    Pfeiffer wiegte den Kopf.
    »Ja und nein.«
    »Das verstehe ich nicht«, die Antwort verwirrte Jana.
    »Der Text ist verständlich. Die Zusammensetzung des Muskelgifts wird beschrieben.«
    »Das ist doch großartig!«, rief Jana. »Das war es doch, was Ihr erfahren wolltet.«
    »Ja, aber es nützt mir nicht viel, denn die Hauptbestandteile sind Pflanzen, deren Namen ich noch nie gehört habe und die höchstwahrscheinlich nur in der Neuen Welt wachsen.«
    »Oh, das tut mir leid.«
    Pfeiffer fuhr sich mit beiden Händen übers Gesicht und rieb sich die müden Augen. Obwohl sie vom Schlafmangel leicht gerötet waren, strahlten sie dennoch türkisblau.
    »Das muss Euch nicht leidtun, denn die Wirkung des Giftes wird genau beschrieben, und es wird erklärt, wofür die Einheimischen es benutzen. All diese Informationen sind von hohem wissenschaftlichen Wert.«
    »Dann verstehe ich Eure Unzufriedenheit nicht.«
    Pfeiffer legte seinen Kopf schräg. Eine rotblonde Strähne fiel ihm ins Gesicht, und er blies sie ungeduldig weg. Jana bemerkte, dass sein Haar in den letzten Wochen heller geworden war, ein reizvoller Kontrast zu seinem sonnengebräunten Gesicht. Kaum hatte sie es bemerkt, ärgerte sie sich über sich selbst. Warum interessierte es sie, wie Conrad Pfeiffer aussah?
    Pfeiffer fuhr fort: »Der Text ist mehr oder weniger vollständig, und das, was beschrieben wird, ist höchst faszinierend. Die Völker der Neuen Welt verfügen offensichtlich über sehr präzise Instrumente, um das Universum zu erforschen. Sie sind davon überzeugt, dass die Erde rund ist und sich um die Sonne dreht.«
    »Wie Galileo Galilei, Johann Kepler und eine Reihe anderer namhafter Wissenschaftler?«
    »Ja, genau.«
    »Aber die Kirche, besonders der Papst, will dieses Wissen nicht akzeptieren. Vielleicht ist das der Grund, warum die Schrift geheim gehalten werden muss.«
    »Ihr seid eine Frau voller Überraschungen«, sagte Pfeiffer, und diesmal klang er nicht abschätzig. »Manchmal denkt Ihr wie ein Mann.«
    »Solange Ihr mir nicht sagt, dass ich aussehe wie einer.«
    Pfeiffer stotterte: »Nein, natürlich … natürlich nicht.« Er errötete verlegen, und Jana freute sich. Es war das erste Mal, dass es ihr gelungen war, den Arzt in Verlegenheit zu bringen.
    »Ihr glaubt tatsächlich, dass sich ausschließlich Männer mit den Fragen der Naturwissenschaften auseinandersetzen können, nicht wahr?«, fragte sie ihn. Zu ihrer großen Überraschung schüttelte Pfeiffer nur den Kopf, ohne zu antworten. Was war nur los mit ihm? Jana war verunsichert.
    »Lasst uns doch ausnahmsweise nicht streiten«, meinte

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