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Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Titel: Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Extence
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Dingen – legte Mr. Treadstone großen Wert auf Details. Um zehn Uhr, eine Stunde nach Beginn der offiziellen Untersuchung, hatte er bereits eine ganze Reihe von Informationen bezüglich des gestrigen »Vorfalls« gesammelt. Er hatte mit dem Busfahrer gesprochen – ein kurzes, frustrierendes Gespräch, wie ich vermute – und die Aussagen von zwei Personen aufgenommen, die in der Schule angerufen hatten, um sich zu beschweren. Außerdem hatte er noch zwei der fügsameren Schüler aus meinem Jahrgang befragt: Amy Jones, deren Vater Mitglied des Schulbeirats war, und Paul Hart, dessen Mutter Kunst unterrichtete. Aus diesen Befragungen wusste Mr. Treadstone über die Prügelei Bescheid. Er wusste, dass ich Drake Mackenzies Gesicht blutig gekratzt hatte, und dass in der darauffolgenden Rangelei etwas, das mir gehörte, über Bord geworfen worden war. Die nackten Tatsachen des Konflikts waren schnell dokumentiert. Nur die Motive lagen noch im Dunkeln, doch dies würde sich bald ändern. Mr. Treadstone war besonders gut darin, Motive zu enthüllen. Er sagte immer, wer Unkraut vernichten wolle, müsse es mit der Wurzel ausreißen.
    Das Unkraut war eine Metapher für jegliches Fehlverhalten.
    Wie jede Urteilsverkündung, die jemals in Mr. Treadstones Büro stattgefunden hat, verlief auch unsere kurz und knapp. Da die Laufarbeit bereits erledigt war und das Urteil bereits gefällt, gab es nur noch wenig, was dem scharfen Schwert der Gerechtigkeit im Wege stand. Die gegenseitigen Anschuldigungen würden auf den Tisch gelegt, Aussagen verlesen, Erklärungen verlangt und verweigert und dann das Strafmaß verkündet werden. Dieser beschleunigte Prozess würde von dafür umso ausführlicheren Vorträgen – sowohl vor als auch nach der Urteilsverkündung – begleitet werden, die Mr. Treadstone für den wichtigsten Teil bei einem Disziplinarverfahren hielt. Diese Vorträge gaben ihm Gelegenheit, allen klarzumachen, um was für ein spezielles Unkraut es sich handelte und dass es unbedingt ausgerottet werden musste.
    Seltsamerweise waren Mr. Treadstones Ansichten über Vergehen und ihre Bestrafung denen meiner Mutter verblüffend ähnlich – obwohl die beiden in allem anderen unterschiedlicher nicht hätten sein können. Kriminalität, Ungehörigkeit, Schluderigkeit, falsche Wortwahl – Mr. Treadstone betrachtete all diese Dinge als Gefahr für die kosmische Ordnung, als eine allgemeine Nachlässigkeit, die unbedingt korrigiert werden musste. Und es durfte auch nicht irgendeine Strafe sein. Ausgleichende Gerechtigkeit war oberstes Gebot. Mr. Treadstone glaubte – wie meine Mutter – an passende Strafen und öffentliche Zurschaustellung von Reue. Als zum Beispiel ans Licht kam, dass Scott Sizewell auf dem Schulfoto eine obszöne Geste gemacht hatte – ein überaus dämliches Vergehen –, zwang ihn Mr. Treadstone, vor die versammelte Schulgemeinde zu treten und vor sechshundert Schülern seine Entschuldigung abzugeben. Und das war kein einfaches »Tut mir leid« – Scott Sizewells dramatische Rede, die unter strengster Aufsicht vorbereitet worden war, dauerte volle vier Minuten und erinnerte an die Beteuerungen von zurückgetretenen Politikern.
    Im Falle von Prügeleien war Mr. Treadstone der Meinung, dass es nur eine einzige zufriedenstellende Lösung für eine derartige Rechtsverletzung gab. Beide Parteien mussten sich entschuldigen – zunächst bei Mr. Treadstone und dann beieinander –, und zwar mit einem adäquaten Maß an Ernsthaftigkeit. Dann mussten sie sich die Hand geben (fest und mit Augenkontakt; das war die einzig korrekte Art, wie man eine Hand schüttelte). Es war ein feierliches Ritual, welches das definitive Ende der Feindseligkeiten und die Rückkehr zu zivilisiertem Verhalten und Regeltreue signalisieren sollte.
    Zivilisiertes Verhalten war auch das Thema des Vortrags, der unserem Gerichtsverfahren vorausging und der um genau 10.02 Uhr begann.
    »Wir leben in einer zivilisierten Gesellschaft«, sagte Mr. Treadstone, »und in einer zivilisierten Gesellschaft bereinigen wir unsere Differenzen auf eine zivilisierte Art und Weise. Wir lösen unsere Probleme nicht mit Gewalt.«
    Mr. Treadstone sprach natürlich rein hypothetisch – über Ideale, nicht über die Realität. Zumindest dachte ich, dass Mr. Treadstones Worte hypothetisch seien. Ansonsten wäre dieser ganze Vortrag, wie Mr. Peterson sagen würde, erstklassige Pferdescheiße. Im Augenblick befanden wir – die zivilisierte Welt – uns in zwei

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