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Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Titel: Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Extence
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richtig anfühlten. Überrascht registrierte ich einen leichten Drang zum Widerspruch in meinen Eingeweiden. Unglücklicherweise wurden meine Eingeweide nicht in den Zeugenstand gerufen. Was immer ich sagen wollte, entglitt mir in dem Moment, in dem ich es packen wollte. Ich brachte nichts weiter zustande als eine roboterhafte Wiederholung. »Es ist seine Schuld. Er hat angefangen.«
    »Habe ich nicht!«, sagte Drake Mackenzie weinerlich. »Ich habe nur herumgealbert. Es ist nicht meine Schuld, wenn er keinen Spaß versteht.«
    »Diebstahl ist kein Spaß«, sagte ich.
    Ich war mir sicher, dass Mr. Treadstone mir in dieser Beziehung den Rücken stärken würde, aber das tat er nicht. Er war am Ende seiner Geduld. »Das reicht«, sagte er und hob die Hände. »Ich bin sehr enttäuscht, wirklich sehr enttäuscht … Ich merke, dass keiner von euch bereit ist, seinen Anteil an der Verantwortung für den gestrigen beschämenden Vorfall zu übernehmen. Aber ich werde zur Wurzel dieses Übels vordringen.«
    Mr. Treadstone nahm in seinem Stuhl mit der hohen Rückenlehne Platz, um zu signalisieren, dass er bereit war zu warten, wie lange es auch dauern mochte.
    »Eure Ausreden interessieren mich nicht«, sagte er. »Ich will Antworten. Ehrliche Antworten. Woods!« Sein Zeigefinger schwang theatralisch in meine Richtung. »Warum hast du Mackenzie angegriffen?«
    »Er hat mein Buch gestohlen. Er hat es aus dem Fenster geworfen.«
    »Mackenzie?«
    »Ich war aufgeregt. Er hat mich angegriffen!« Wieder berührte er seine Wange unterhalb des geschwollenen Auges. »Er hätte mir ein Auge ausstechen können.«
    »Es ist gar nicht so einfach, jemandem ein Auge auszustechen«, bemerkte ich.
    »Er ist mit seinen Fingernägeln auf mich losgegangen!«
    Mr. Treadstone runzelte die Stirn, was wohl die einzig angemessene Reaktion auf eine derartige Enthüllung war.
    »Aber erst, nachdem du mein Buch gestohlen hattest«, stellte ich klar.
    »Woods, du redest mit mir, und auch nur dann, wenn du etwas gefragt wirst. Mackenzie, warum hast du Woods’ Buch genommen?«
    Drake Mackenzie starrte trotzig zu Boden.
    Mr. Treadstone schnalzte mit der Zunge. »Woods, warum hat Mackenzie dein Buch genommen?«
    »Ich glaube, das müssen Sie ihn fragen«, sagte ich.
    »Ich habe ihn gefragt. Jetzt frage ich dich.«
    Ich blieb stumm, aber es wurde mir bald klar, dass Mr. Treadstone dieses Thema nicht ruhen lassen würde. Er war entschlossen, der Sache auf den Grund zu gehen. »Nun?«, sagte er. »Ich will eine Antwort, Woods. Warum hat Mackenzie dein Buch genommen?«
    Zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass es eine sehr dumme Frage war, und es war gewiss die falsche Frage für mich . Ich bin kein Psychologe. Drake Mackenzies Motive waren mir schon immer ein Rätsel gewesen. Wie sollte ich in der Lage sein, eine vernünftige Antwort zu geben, wenn ich ernsthaft bezweifeln musste, dass es eine solche überhaupt gab? Wer wusste schon, was in Drake Mackenzies Kopf vorging? Er war ja nicht gerade das vernunftbegabteste Exemplar der Spezies Mensch. Meine vage Vermutung war, dass sein Motiv – falls er überhaupt eins hatte – irgendetwas mit Demütigung zu tun haben musste, mit dem Verlangen, anderen Menschen das Gefühl zu geben, der letzte Dreck zu sein. Aber je mehr ich darüber nachdachte, desto unbegreiflicher wurde mir das Ganze.
    Ich kämpfte eine Zeit lang mit dieser mentalen Blockade, während meine aufgestaute Hysterie im Wechsel anstieg und absank. Mr. Treadstone hob die Augenbrauen und trommelte mit den Fingern auf der Schreibtischplatte.
    »Sie wollen wissen, warum er es getan hat?«, fragte ich. »Warum er mein Buch gestohlen hat?«
    »Ja, Woods. Ich dachte, das hätte ich schon vor geraumer Zeit klargemacht. Ich werde mich nicht wiederholen. Ich möchte, dass du die Frage in einfachen, verständlichen Worten beantwortest.«
    Das passende Wort hatte sich seinen Weg zu meiner Zungenspitze gebahnt, und einmal da, hatte ich wenig Verlangen, es zurückzuhalten.
    »Weil er eine Fotze ist«, sagte ich.
    Das Wort hing eine ganze Weile in der Luft, als hätte es sich in eine Sprechblase gehüllt. Niemand reagierte. Niemand hatte damit gerechnet, am allerwenigsten ich selbst.
    Dann platzte die Blase.
    Mr. Treadstone nahm die Farbe eines Blutschwamms an, Drake Mackenzie die von Pfefferminzeiscreme. Und ich glaube, ich bewahrte mir meine natürliche Hautfarbe. Aber innerlich … innerlich hatte sich etwas verändert.
    Es gibt einen Geisteszustand, den die

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