Das Ungeheuer
zweiter Polizist trat hinter Cerullo hervor. Er war ein sommersprossiger Bursche mit flammenden Haaren.
»Wir haben ein paar Informationen für Sie und möchten Ihnen einige Fragen stellen«, erklärte Cerullo.
Victor forderte die beiden auf, einzutreten. Sie nahmen ihre Hüte ab.
»Möchten Sie Kaffee oder etwas anderes?« fragte Marsha.
»Nein danke, Ma'am«, sagte Cerullo. »Wir werden Ihnen mitteilen, weshalb wir hier sind, und verschwinden dann wieder. Wissen Sie, wir hier auf dem Revier in North Andover sind recht gut befreundet mit denen in Lawrence; schließlich sind wir ja Nachbarn. Da wird einiges hin und her geredet. Nun ermitteln sie ja in dem Massenmord an der Familie Gephardt dort drüben, den Dr. Frank entdeckt hat. Tja, und da haben sie Entwürfe zu den Zetteln gefunden, die an dem Ziegelstein und an Ihrer Katze befestigt waren. In Gephardts Haus. Wir dachten, das würden Sie gern wissen.«
»Das kann man wohl sagen.« Victor war sehr erleichtert.
Dempsey räusperte sich. »Ballistische Untersuchungen haben ergeben, daß die Waffen, mit denen die Gephardts ermordet worden sind, identisch sind mit welchen, die bei mehreren Schießereien zwischen rivalisierenden südamerikanischen Rauschgiftbanden verwendet worden sind. Das haben wir aus Boston. Boston ist sehr daran interessiert, was für eine Connection es hier in Lawrence gibt. Da Sie Gephardts Arbeitgeber waren, möchten wir von Ihnen gern wissen, in welcher Verbindung der Mann zur Rauschgiftszene gestanden hat. Haben Sie eine Ahnung?«
»Nicht die leiseste«, antwortete Victor. »Ich nehme an, Sie wissen, daß gegen den Mann wegen Unterschlagung ermittelt wurde.«
»Ja, das wissen wir«, erklärte Dempsey. »Sind Sie sicher, daß Sie uns sonst nichts sagen können? Boston ist wirklich erpicht darauf, alles über die Sache zu erfahren.«
»Wir glauben außerdem, daß der Mann Laborgeräte gestohlen und verkauft hat«, sagte Victor. »Diese Untersuchung hatte gerade angefangen, als er ermordet wurde. Aber daß er mit Drogen zu tun haben könnte, auf die Idee bin ich nie gekommen.«
»Wenn Ihnen doch noch etwas einfällt, wären wir Ihnen dankbar, wenn Sie uns gleich anrufen könnten. Wir wollen wirklich nicht, daß hier oben so was wie ein Rauschgiftkrieg ausbricht.«
Die Polizisten gingen. Victor schloß die Tür, lehnte sich mit dem Rücken dagegen und sah Marsha an. »Na, ein Problem wäre gelöst«, sagte er. »Zumindest wissen wir jetzt, wer uns terrorisiert hat und - was noch besser ist - daß es damit ein Ende hat.«
»Ich bin froh, daß sie vorbeigekommen sind, um uns zu sagen, daß wir aufhören können, uns Sorgen zu machen«, meinte Marsha. »Vielleicht sollten wir den Wachmann nach Hause schicken.«
»Ich kündige der Firma morgen früh«, sagte Victor. »Bezahlen müssen wir bestimmt so oder so.«
Victor fuhr so plötzlich hoch, daß er Marsha die Bettdecke wegriß. Sie erwachte. Draußen war es stockfinster.
»Was ist los?« fragte sie beunruhigt.
»Ich weiß nicht«, antwortete Victor. »Mir ist, als hätte es geläutet.« Beide lauschten einen Moment. Marsha hörte nichts als den Wind unter dem Dach und das Prasseln der Regentropfen am Fenster.
Sie beugte sich hinüber und drehte die Uhr auf dem Nachttisch um, damit sie das Zifferblatt sehen konnte. »Es ist Viertel nach fünf«, stellte sie fest, ließ sich aufs Kissen zurückfallen und zog sich die Decke über den Kopf. »Hast du bestimmt nicht geträumt?«
Da läutete es tatsächlich. »Also doch!« sagte Victor. »Ich wußte doch, daß ich nicht geträumt hatte.« Er sprang aus dem Bett, schnappte sich hastig den Bademantel und geriet in den falschen Ärmel. Marsha schaltete das Licht ein.
»Wer, um alles in der Welt, kann das sein?« fragte sie. »Noch mal die Polizei?«
Victor hatte seinen Kampf mit dem Mantel gewonnen und verknotete den Gürtel. »Das werden wir gleich wissen«, sagte er und lief nach unten.
Nach kurzem Zögern stand auch Marsha auf, zog ihren Bademantel an und schlüpfte in die Pantoffeln. Unten angekommen, sah sie, daß ein Mann und eine Frau vor Victor im Flur standen. Kleine Pfützen hatten sich zu ihren Füßen gebildet, und ihre Gesichter glänzten naß. Die Frau hatte eine Sprühdose in der Hand.
»Marsha«, rief Victor, ohne den Blick von den beiden Besuchern zu wenden, »ich glaube, du solltest die Polizei rufen!«
Marsha trat hinter Victor und warf einen Blick auf die beiden Leute. Der Mann war für dieses Wetter passend
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