Das Vampir-Pendel
gesprochen und auch von meinem alten Freund Frantisek Marek. Weder die Waffe noch ihn hatte ich bisher gesehen. Jetzt grübelte ich darüber nach, ob Marek wohl der Grund des Selbstmords gewesen war.
Alles war möglich. Auch Mallmann durfte ich nicht außer acht lassen.
Aber eine Waffe, wie auch immer, die hatte ich nicht finden können, obwohl ich die Hütte noch einmal durchsuchte. Ich sah keinen Pfahl, kein Knoblauch, keine Kruzifixe. Nichts wies darauf hin, daß der alte Mann Furcht vor den Geschöpfen der Nacht empfunden hatte.
Welches Rätsel war hier zu lösen? Blitzschnell löschte ich das Licht der Lampe, als ich von draußen die Tritte hörte. Sie klangen dumpf, sie wurden schnell gesetzt, und sie wurden auch rasch lauter.
Ich drehte mich der Eingangstür entgegen. Auf leisen Sohlen ging ich zu einem bestimmten Ziel und blieb dort stehen. Es war der Platz an der Wand und zugleich der tote Winkel hinter der Tür. Wenn sie sich öffnete, würde man mich nicht sehen können.
Ich wartete auf den Ankömmling. Den Atem hatte ich unter Kontrolle bekommen. Wenn ich Luft holte, dann nur durch den halb geöffneten Mund. Warten, lauern - dabei rechnete ich mit allem, auch mit einem Überfall durch ein Geschöpf der Nacht.
Die Tritte verstummten.
Dicht vor der Tür war dies geschehen. Was wußte der andere? Warum kam er nicht? Ahnte er, daß ihn möglicherweise eine Falle erwartete?
Die Zeit wurde mir lang. Ich hatte das Gefühl, jeden einzelnen Schweißtropfen auf meinem Gesicht zu spüren.
Neben mir knarrte die Tür.
Sie war bewegt worden.
Sie öffnete sich auch weiter. Etwas mehr von der feuchten und dumpfen Luft drang in das Innere der primitiven Hütte, und ich hörte wieder einen Tritt.
Der andere kam.
Vorsichtig trat er über die Schwelle. Zwar sah ich ihn, aber für mich war er nicht mal zu einem scharf umrissenen Schatten geworden, sondern zu einer Figur, die in der Dunkelheit der Hütte verschwamm und von ihr aufgesaugt wurde.
Trotzdem hatte dieser Schatten einen bestimmten Umriß, was auch an der Haltung liegen konnte, denn er war mehr nach vorn gedrückt und wurde dort schmaler.
Eine Stimme. Flüsternd, deshalb sehr neutral klingend. Sie rief wispernd einen Namen.
»Juri…?«
Für mich stand fest, daß der Tote auf dem Bett Juri hieß und der andere Mann ihn besuchen wollte.
Ob er ihn entdeckt hatte, war nicht zu erkennen. Er traute sich auch noch nicht weiter. Er schnüffelte, als könnte er durch den Geruchssinn wahrnehmen, was sich hier abgespielt hatte.
Mich hatte er noch nicht gesehen, auch nicht gespürt. Denn als er den nächsten Schritt ging, schaute er weiterhin nach vorn und drehte seinen Kopf nicht.
Komm, noch einen. Geh noch einen Schritt, dann ist es ideal, dachte ich.
Der andere tat mir den Gefallen. Ich hatte erkennen können, daß er nicht sehr groß war und auch leicht gebeugt ging. Eine Ahnung hatte ich schon, aber nicht die Gewißheit, die wollte ich mir Sekunden später holen, als ich mich löste und auf ihn zuging.
Direkt hinter ihm blieb ich stehen. Der Eindringling mußte den kalten Berettalauf in seinem Nacken spüren. »Keinen Schritt weiter, mein Freund!« flüsterte ich.
Der Mann war erstarrt.
Nicht lange, denn auf einmal atmete er aus, und es hörte sich erleichtert an, aber seine Bemerkung war in eine Frage gekleidet, als könnte er nicht glauben, was er gehört hatte.
»John…? John Sinclair…?«
Verdammt, es war tatsächlich Marek, und ich hatte nichts Eiligeres zu tun, als dies zu bestätigen und die Waffe endlich sinken zu lassen. »Ja, Frantisek, ich bin es…«
***
Wir hatten eine alte Decke gefunden und sie über den toten Juri ausgebreitet. Wir hatten es auch geschafft, unsere gegenseitige Überraschung zu überwinden, die bei dem Pfähler größer gewesen war als bei mir, denn immer wieder schaute er mich an und schüttelte den Kopf, als könnte er nicht glauben, daß ich ihm gegenübersaß.
Wir hatten Kerzen gefunden und die Dochte angezündet. Die Flammen brannten relativ ruhig, und ihre vier Finger rahmten uns von zwei Seiten ein.
»Soll ich an Wunder glauben?« fragte Marek, als ich ihm erzählt hatte, welcher Wind mich hergetrieben hatte.
»Nein.«
»An wen oder was denn?«
»An Assunga.«
»Ja«, gab er zu. »Du hast von ihr gesprochen, aber ich begreife es noch nicht.«
»Ich hatte dich schon einmal darauf hingewiesen, daß es mit dir zusammenhängt.«
»Zuviel der Ehre, John, aber ich kann mich nicht erinnern, daß ich den
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