Das verstummen der Kraehe
auf Kosten von Fritz loszuwerden.
Theresa Lenhardt hatte einen Absatz gemacht, als habe sie Luft holen müssen.
Konstantin hat all das immer bestritten und behauptet, die rechtliche Situation nicht überblickt zu haben. Er habe das Haus an den Gläubigern vorbei verkaufen und den Kaufpreis zur Schuldentilgung heranziehen wollen. In dem Fall hätte er jedoch keinesfalls auf die Auflassungsvormerkung verzichten dürfen. Aber auch da hatte er sich mit Unkenntnis der Sachlage herausgeredet.
Im Prozess hatte das Gericht weder gelten lassen, dass Fritz die Zahlung dieser eins Komma acht Millionen ohne Gegenwert zwar nicht leichtgefallen war, er sie letztlich jedoch hatte verschmerzen können, da er mit seinem Institut sehr viel Geld verdiente. Noch, dass ich von meiner Tante eines Tages ein beträchtliches Vermögen erben würde. Es wurde allein darauf abgestellt, dass Fritz sich durch seinen Freund Konstantin in unerträglicher Weise betrogen und geschädigt gefühlt haben musste.
Immer wieder wurde in der Verhandlung auf diesem unseligen Zerwürfnis zwischen den beiden herumgeritten. Natürlich hatte Fritz Konstantin angebrüllt, heftig sogar. Und natürlich hatte er ihm dabei all seinen Frust und seine Enttäuschung um die Ohren gehauen. Danach war erst einmal ein paar Monate Funkstille zwischen den beiden. Bis Fritz’ vierzigster Geburtstag näher rückte. Erst hatte er Konstantin und Nadja nicht einladen wollen, seine Meinung aber schließlich geändert. Ich habe Konstantin nie verzeihen können, aber Fritz war aus einem anderen Holz geschnitzt, er war ein zutiefst großzügiger und großmütiger Mensch. Für ihn stand letztlich die langjährige Freundschaft an erster Stelle und nicht der Betrug durch seinen Freund, der seiner Meinung nach aus einer schlimmen Notsituation heraus gehandelt hatte.
Fritz schickte den beiden eine Einladung, und sie sagten noch am selben Tag zu. An dem Abend brauchten beide Männer ein paar Minuten, um zu ihrem alten, vertrauten Ton zurückzufinden, aber als das Eis gebrochen war, wirkten sie wie befreit. Das haben alle Beteiligten ausgesagt. Aber ein paar wenige scharfe Worte gegen Ende der Feier wogen für das Gericht schwerer als ein stundenlanges friedliches Miteinander.
Schließlich war da noch die Sache mit dem Alibi. Fritz hatte keines, zu dem Schluss kamen jedenfalls die Juristen. Wir waren gemeinsam schlafen gegangen, aber ich hatte keine Ruhe finden können. Es war viel Rotwein geflossen an dem Abend, und mein Mann schnarchte so laut, dass ich eine Schlaftablette nahm. Er hätte danach von mir unbemerkt das Schlafzimmer verlassen und nach Schwabing zu Konstantin fahren können, um ihn zu töten. Aus dem ›hätte‹ war dann schnell ein ›hatte vermutlich‹ geworden.
Später habe ich manchmal gedacht, hätte er doch einfach gesagt, er sei betrunken gewesen und habe in diesem Zustand seinen Freund getötet. Dann hätten sie vielleicht eine Affekttat eingeräumt und ihm wegen des Alkohols mildernde Umstände zugestanden. Aber Fritz hätte niemals etwas zugegeben, was er nicht getan hatte. Er verließ sich darauf, dass ein Unschuldiger nicht verurteilt werden würde. Hätten wir beide nicht so sehr darauf vertraut, wäre er vielleicht heute noch am Leben. Dann wäre vielleicht alles anders gekommen.
Hätte, wäre, wenn. Diese kleinen unscheinbaren Worte konnten einem die Nachtruhe rauben. Wie eine Made in einen Apfel fraßen sie sich in die Gedanken und lenkten sie in eine ungute Richtung. Sie versuchten, die Vergangenheit zu manipulieren. Aber die ließ sich – wenn überhaupt – nur in der Erinnerung verändern.
Es war, als hätten sich alle Umstände gegen Fritz verschworen, schrieb Theresa Lenhardt weiter. Die Mordwaffe, dieses Klappmesser von Laguiole, gehörte unzweifelhaft meinem Mann. Es war neben Konstantins Leiche gefunden worden, sein Blut klebte daran. Es wird Sie vielleicht nicht verwundern, dass Fritz’ Fingerabdrücke darauf gefunden wurden. Die Argumentation seines Verteidigers, dass er selbst sie mit Sicherheit abgewischt hätte, wäre er der Mörder gewesen, verlief wie so vieles andere im Sande. Schließlich gab es noch dieses unselige Haar, das auf Konstantins T-Shirt sichergestellt wurde. Es stammte von Fritz und hätte auf ganz unspektakuläre Weise auf das T-Shirt gelangt sein können, immerhin hatten sich die beiden am Abend umarmt. Es hätte von dem Hemd, das Konstantin am Abend getragen hatte, beim Ausziehen auf sein T-Shirt übertragen
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