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Das weingetränkte Notizbuch: Stories und Essays 1944-1990Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Das weingetränkte Notizbuch: Stories und Essays 1944-1990Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Titel: Das weingetränkte Notizbuch: Stories und Essays 1944-1990Fischer Klassik PLUS (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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nach links zu kommen. Und dann musste ich lachen; das war alles so bescheuert, die brachten mich um, und ich ließ es zu. Aber das Lachen tat gut, es war sehr befreiend. Und im Weiterfahren wurde mir klar, dass ich aussteigen musste. Mir wurde klar, dass jeder Penner, der in einer Seitenstraße schlief, ein besseres Leben hatte als ich, dass ich einer der größten Idioten war, die die Erde je gesehen hatte. Es war ein denkwürdiger Abend. Und auch wenn es hier um John Bante geht, glaube ich nicht, dass die Geschichte sich erzählen lässt, ohne etwas von all dem mit reinzubringen. Gehen wir jetzt ein paar Tage oder Wochen vor, da trat ein seltener Glücksfall ein: Ein kahlköpfiger fremder Mann, ein gewisser J. K. Larkin, der später mein Herausgeber und Verleger wurde, bot mir, egal ob ich jemals wieder etwas schrieb, auf Lebenszeit eine jährliche Geldzahlung an, wenn ich bei der Post aufhörte. Ich nahm sofort an und machte, dass ich da rauskam … Es war so lange her, dass ich an Bantes Tür geklopft hatte, und die alte Frau mit der Wolldecke hatte mir den Weg gewiesen …

    Ich hatte das Fenster zur Straße und schrieb meinen ersten Roman in 19 Tagen. Ich konnte mir die Hucke vollsaufen und war mein eigener Herr. Fünfzig Jahre und vielleicht Berufsschriftsteller. Ich gab Lyriklesungen an verschiedenen Universitäten, gab sie in betrunkenem Zustand und kabbelte mich mit dem Publikum. Mein Lästertraining mit den bösen Jungs von der Post zahlte sich aus. Es war fast unmöglich, mich zu beleidigen, und ich schlug unerhört effektiv zurück. Kunst war Zuckerlecken, kein Problem.
    Überspringen wir wieder ein paar Jahre. Ich kam voran. Die Frauen stellten sich ein; ich hüpfte mit ihnen ins Bett und wieder raus, zoffte mich mit ihnen. Es war schlimm und ungewohnt für mich, und sie waren schlauer als ich; sie tricksten rum, nagelten mich fest, trieben mich in die Enge, aber tippen konnte ich trotzdem noch. Bekannt wurde ich vor allem in Europa, durch Übersetzungen. In den USA gingen Geschichten um, dass ich Frauen schlug, Homosexuelle hasste und ein gemeiner, unausstehlicher Mensch war. Die Universitätsgockel hatten mich gefressen. Eines Abends kam ein Student auf ein paar Bier vorbei und erzählte mir das: »Mein Prof sagt, Sie sind ein Nazi und würden für ein Handgeld Ihre eigene Mutter verkaufen.«
    »Das stimmt nicht«, sagte ich ihm. »Meine Mutter ist tot.«
    Schwamm drüber. Ich tippte trotzdem weiter und hatte einiges Glück. Jetzt kommen wir der Sache wieder näher. Mein Verleger Larkin las irgendein Interview von mir, in dem ich die Autoren nannte, die mich beeinflusst hatten: Céline, Turgenjew und John Bante.
    »Bante?«, meinte er am Telefon, »den Namen habe ich in Ihren Texten schon gelesen, aber ich dachte, er sei erfunden, so als Gag.«
    »Nein, den gibt’s.«
    »Wo?«
    »Vielleicht haben sie ihn noch in der Bibliothek. Keine Ahnung. Ich hoff’s. Das sind nur seine frühen Bücher. Er scheint aufgehört zu haben. Vielleicht ist er tot.«
    »Ist er so gut?«
    »Er ist der Beste.«
    »Wieso hört man nichts von ihm?«
    »Gute Frage. Wenn Sie seine Bücher finden, fangen Sie mit Sporting Times? Yeah? an.«
    Einige Zeit verging. Eine Frau versuchte mich umzubringen. Es gelang ihr nicht. Am Abend klingelte dann das Telefon, und weil sie stürmische Telefonauftritte liebte, nahm ich ab und sagte: »Scheiße noch mal, verschwinde endlich aus meinem Leben!«
    »Hier ist Larkin«, hörte ich.
    »Ach so …«
    »Hören Sie, ich habe Sporting Times gelesen. Das ist wirklich stark! Ich werde es neu verlegen!«
    »Prima. Toll …«
    »Die Erstausgabe hat sich nur 632 mal verkauft. Bante lebt noch und wohnt in Malibu …«
    »Malibu? Oho …«
    »Er ist zum Film gegangen …«
    »Verdammt …«
    »Die Wirtschaftskrise war’s. Er musste von irgendwas leben. Sie wissen schon. Das müssen Sie ihm nachsehen.«
    »Klar. Wenn man tot ist, kann man nicht schreiben.«
    »Und die meisten von uns können’s auch sonst nicht. Jedenfalls bringe ich das Buch neu raus, und ich dachte, Sie würden vielleicht gern ein Vorwort dazu schreiben.«
    »Das geht morgen mit der Post raus.«
    »Hervorragend!«
    Na bitte: Einer der größten Romane unserer Zeit sollte aus der Versenkung geholt werden – fast vierzig Jahre nachdem ich ihn an jenem Glückstag aus dem Regal gezogen hatte. Ich setzte mich an die Schreibmaschine, um das epochale Wunder zu verkünden, mich daran zu freuen, dass trotz allem auch noch mal

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