Department 19 - Die Wiederkehr: Thriller (German Edition)

(NS303, 47-J)
    An: Seward, Henry (NS303, 27-A)
    Die Spur des Unbekannten, der Colonel Frankenstein gewesen sein könnte, hat sich bis in den Süden von Paris verfolgen lassen (Zeugenaussagen im Anhang). Letztmals anscheinend vor vier Wochen am Weihnachtsabend vor der Kathedrale Notre Dame beobachtet. Damals – und vielleicht auch jetzt – offenbar in Begleitung von Jean-Luc Latour (V/A2/87), einem Vampir der Prioritätsstufe zwei. Weitere Nachforschungen, auch zum Aufenthaltsort von Latour, waren ergebnislos. Die Fährte scheint jetzt kalt zu sein. Bitte um Erlaubnis zur Rückkehr auf den Stützpunkt.
    Jamie las die Mitteilung zwei Mal, um sicher zu sein, dass seine Augen ihn nicht trogen.
    »Sie wollen zurück?«, fragte er ungläubig. »Kann das wahr sein? Sie geben einfach auf?«
    »Die Ermittlungen sind abgeschlossen, Jamie«, antwortete Admiral Seward. »Das Team sollte feststellen, ob Colonel Frankenstein noch lebt. Diese Annahme hat sich leider nicht bestätigen lassen.«
    »Dass er lebt, ist doch klar«, sagte Jamie. »Das ist doch wohl offensichtlich?«
    Der Direktor seufzte schwer. »Ich möchte auch, dass er noch lebt, Jamie. Das tue ich wirklich. Aber das Ermittlerteam kommt wieder zurück. Seine Arbeit ist getan, und ich habe es zurückbeordert.«
    »Was ist mit dem Vampir?«, fragte Jamie. »Latour?«
    Seward nahm ihm die Konsole aus der Hand, drückte einige Knöpfe und gab sie ihm zurück. Jamie las die neu angezeigten Informationen.
    Name:
    LATOUR, JEAN-LUC
    Spezies:
    VAMPIR
    Prioritätsstufe:
    A2
    Bekannte Partner:
    VALERIANO, DANTE
    FRANKENSTEIN, VICTOR
    Zuletzt gesichtet:
    18. 05. 2002
    Aufenthaltsort:
    PARIS (ohne Adresse)
    ANMERKUNGEN:
Einer der ältesten Vampire von Paris, vielleicht sogar von Frankreich.
Anscheinend um 1900 von einem unbekannten Vampir verwandelt.
Häufige Aufenthaltsorte: Saint Germain-des-Prés, der Marais, die Rive Gauche.
Tritt oft in Gesellschaft von Künstlern, Schriftstellern und anderen Kulturschaffenden auf.
Mordet aus Notwendigkeit und zum Vergnügen, ohne große Unterschiede zu machen.
    Jamie fasste einen Entschluss.
    Darüber brauchte er überhaupt nicht nachzudenken, und die möglichen Folgen seiner Entscheidung waren ihm nicht einmal bewusst; dies war einfach einer jener seltenen befreienden Augenblicke, in denen man genau weiß, was man zu tun hat, die einem keine Wahl lassen.
    »Ich fliege nach Paris, um ihn zu finden, Sir«, sagte er. »Ich hoffe wirklich, dass ich mit Ihrer Erlaubnis hinfliegen kann, aber ich werde auf jeden Fall hin.«
    Er machte sich auf eine Explosion gefasst, die aber ausblieb. Stattdessen betrachtete Admiral Seward ihn mitfühlend und sogar mit gewisser Bewunderung.
    »Erlaubnis erteilt«, sagte der Direktor nur.
    Jamie musste sich beherrschen, um dem grau gewordenen, erschöpft wirkenden Mann nicht spontan um den Hals zu fallen.
    »Danke, Sir«, sagte er. »Ich danke Ihnen von ganzem Herzen.«
    Admiral Seward nickte. »Stellen Sie ein Fünfmannteam von der Aktivenliste zusammen«, sagte er. »Dann kommen Sie zu mir, um es sich genehmigen zu lassen. Sie fliegen nicht ohne meine Einwilligung ab, ist das klar?«
    »Ja, Sir«, sagte Jamie.
    »Also gut«, sagte Seward. »Machen Sie sich an die Arbeit. Weggetreten.«
    Der Direktor ging zur Luftschleuse zurück und trat in die Kammer. Während die Tür sich langsam schloss, drehte er sich um und sah Jamie durch den kleiner werdenden Spalt an. Er schien noch etwas sagen zu wollen – seine Lippen bewegten sich, als wollten sie Worte bilden –, aber dann glitt die Tür laut rumpelnd zu, und der Direktor war verschwunden.
    Jamie starrte ihm noch einen Augenblick nach, dann wandte er sich ab und ging zum Aufzug. In der Kabine zog er seine eigene Konsole aus der Tasche. Während der Lift ihn zur Ebene 0 hinaufbrachte, schrieb und sendete Jamie eine Kurznachricht an alle Agenten auf der Aktivenliste.
    aktivenliste/freiwillige_für_auslandseinsatz/live_briefing/ops/sofort
    Die Aufzugtür öffnete sich, und Jamie ging den Korridor entlang zum Kontrollzentrum und fragte sich, wer als Erster aufkreuzen würde.
    Diese Ehre sicherte sich Angela Darcy, obwohl Jack Williams weniger als eine Minute nach ihr hereingestürmt war.
    Die hübsche ehemalige Spionin kam ins Kontrollzentrum geschlendert, als mache sie einen Sonntagsspaziergang, lächelte Jamie zu und setzte sich an einen der Schreibtische. Er nickte ihr zu und wollte eben hallo sagen, als die Tür aufgerissen wurde und Jack Williams